„Heuschrecken raus“

…brüllten 600 Alcan-Arbeiter den Managern entgegen. Sie waren am Montagmorgen dem IG-Metall-Aufruf gefolgt und protestierten vor dem Constellium-Verwaltungsgebäude in Singen gegen den geplanten Stellenabbau. Selbst alte Gewerkschafter waren von der „kämpferischen Stimmung“ der Alcan-Beschäftigten überrascht. Die Beschäftigten der Früh- wie der Normalschicht kehrten nach der Kundgebung nicht an den Arbeitsplatz zurück 

„Nein, ein Warnstreik war das nicht“, erklärt Raoul Ulbrich, 2. Bevollmächtigter (Geschäftsführer) der IG Metall Singen, denn er weiß wohl um die Tücken des deutschen Tarifrechts. „Aber nach dieser hoch emotionalen Kundgebung konnte es nicht im Interesse der Arbeitssicherheit sein, wenn die Kolleginnen und Kollegen an ihren Arbeitsplatz zurückgekehrt wären. Was hätte da alles passieren können?“

Tatsächlich gingen die Wogen hoch auf der Gewerkschafts-Veranstaltung, die zur eindrucksvollen Solidaritäts-Kundgebung für die 170 von der Entlassung bedrohten Kollegen wurde. „Der Mensch lebt, das Kapital aber ist tot“, schmetterte Betriebsratchef Heinrich Holl den Managern entgegen, die gleichzeitig in der Hauptverwaltung im Aufsichtsrat (AR) zusammen saßen. Töne, die man vom Singener Betriebsratsvorsitzenden sonst nicht gewohnt ist.

Die AR-Sitzung – bis zum späten Nachmittag noch nicht beendet – wurde kurzfristig unterbrochen. Doch Constellium-Geschäftsführer Dr. Zimmermann konnte oder wollte den Demonstranten nichts Neues sagen: „Diese Maßnahmen sind wichtig für die Sicherung des Standortes Singen“. Ein gellendes Pfeifkonzert war die Antwort.

170 Stellen sollen abgebaut werden, die Arbeitszeit um zehn Prozent erhöht werden (seemoz berichtete mehrmals). „Und das, obwohl die Auftragsbücher voll sind und der Standort Singen eine Rendite von sechs Prozent abwirft“, schimpfte Paul Rodenfels, 1. Bevollmächtigter der IG Metall. Verhandlungen über den Arbeitsplatzabbau, einen Interessensausgleich und einen Sozialplan sollen noch in dieser Woche zwischen Betriebsrat, IG Metall und Geschäftsleitung beginnen.

Nach der Kundgebung, an der auch zahlreiche Betriebsräte anderer Unternehmen aus Singen teilnahmen, gingen die Alcan-Beschäftigten nicht mehr an ihren Arbeitsplatz, sondern nach Hause.

Autor: hpk

(Arbeitsaufwand für diesen Beitrag: 5 Stunden)

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