„Könnte mir ein Erinnerungszeichen im Park gut vorstellen“
Dr.Tobias Engelsing (50) ist ein Kenner der regionalen Kulturgeschichte am Bodensee. Der Historiker leitet seit 2007 die Städtischen Museen Konstanz. Vorher war er Lokalchef beim „Südkurier“ und ist Autor diverser Publikationen. Kürzlich berief ihn Gräfin Bettina kurzerhand in den dreiköpfigen Beirat, um die Geschichte der Insel Mainau zwischen 1930 und der Nachkriegszeit zu untersuchen: Ein seemoz-Interview.
Wie kam es dazu, dass Sie in den Beirat zur fachlichen Unterstützung der öffentlich kritisierten Mainau GmbH – so kurzfristig am 21. Dezember 2011 – erkoren wurden?
Die Mainau beschäftigt sich auf Anregung der Deutsch-Französischen Vereinigung seit einigen Monaten mit der jüngeren Geschichte der Insel. Sie kam dabei zur Auffassung, dass es sinnvoll sei, fachlichen Rat beizuziehen. Aus diesem Grund wandte sich Gräfin Bettina an mich mit der Bitte, selbst zu helfen und die mir gut bekannten Fachkollegen, Professor Dr. Lothar Burchardt und Stadtarchivar Dr. habil. Jürgen Klöckler, um Mithilfe zu bitten.
Was sind Ihre Aufgaben? Wie sehen Sie diese „Vergangenheitsbewältigung“ und Aufarbeitung nach 67 Jahren? Der Konstanzer Historiker Arnulf Moser hat ja fast alle Fakten in seinem Mainau-Buch schon 1995 erwähnt?
Wir sind gebeten, die Mainau bei der Erarbeitung eines Gesamtkonzepts zur öffentlichen Darstellung der jüngeren Inselgeschichte zu beraten, wozu auch die Kriegsjahre und die unmittelbare Nachkriegszeit gehören, als die Mainau verpachtet war, bzw. unter französischer Militärverwaltung stand und dann von Lennart Bernadotte wieder übernommen wurde. Unter diesem Aspekt werden wir auch dabei helfen, eine würdige Form des Gedenkens zu finden.
Die historischen Berater werden die Quellenlage prüfen, nach neuen Quellen suchen und die historischen Ereignisse, so gut es geht, zusammenstellen. Natürlich werden wir dabei auch auf die Kenntnisse und Quellenfunde des erfahrenen Zeithistorikers Arnulf Moser bauen und ihn um Rat bitten.
Ist für Sie eine Gedenktafel unter anderem eine sinnvolle Möglichkeit, um einen Teil der düsteren Insel-Vergangenheit zu dokumentieren?
Zunächst einmal zur Klärung der Tatsachen: Die Familie Bernadotte hat für den Tod dieser ehemaligen KZ-Häftlinge aus dem KZ Dachau im Rechtssinne nicht „einzustehen“, weil sie deren Sterben nicht verursacht und nicht verschuldet hat. Gleichwohl ist es selbstverständlich angebracht, an diese Opfer des NS-Regimes zu erinnern und dazu ist die Familie Bernadotte auch bereit.
Welche Form eine würdige Erinnerung an die während der französischen Militärverwaltung auf der Insel gestorbenen ehemaligen KZ-Häftlinge haben kann, wird Gegenstand der künftigen Beratungen sein. Ich selbst könnte mir ein gestaltetes Erinnerungszeichen mit den Namen der Verstorbenen im Park der Insel gut vorstellen.
Wird Ihnen diese Nebenaufgabe in der Historiker-Kommission bezahlt?
Die Tätigkeit dieses Fachbeirats ist selbstverständlich ehrenamtlich.
Autor: Urs Oskar Keller, www.urs-ok.ch