„Stresstest für den Bürgerblock“

Im Nachtrag zur gestrigen Berichterstattung aus dem Gemeinderat und als Beweis dafür, dass es im Rathaus nicht immer bitterernst zugeht, dokumentieren wir einen Redebeitrag von Holger Reile. Es ging um die wahrlich richtungsentscheidende Frage der zukünftigen Sitzordnung. Entstanden war das Riesenproblem, weil sich drei bisher einzeln sitzende Einzelkämpfer zu einer neuen Fraktion zusammen geschlossen hatten. Und nun auch beisammen sitzen wollen…

„Laut Vorlage bin ich angeblich der einzige, der mit der von Ihnen angestrebten neuen Sitzordnung nicht einverstanden ist. Meine Skepsis hat aber durchaus Gründe, und zwar folgende: Seit der französischen Revolution ist es guter parlamentarischer Brauch, dass rechts vom großen Vorsitzenden der Adel sitzt und auf der anderen Seite der aufmüpfige Rest. Dabei sollte es meiner Meinung nach auch bleiben. Nun aber wollen Sie uns umplatzieren und andocken an die neoliberale Abteilung der FDP. Das könnte zur Irritationen führen. Die Geschichte lehrt uns, dass es kaum jemals gut ausging, wenn die unterschiedlichen Stände in einer Art Hauruck-Verfahren zu eng und zu schnell aneinander gerieten. Ein wenig Abstand hat da durchaus Sinn.

Stellen Sie sich einfach mal vor, Herr Everke, wenn Sie und Ihre Kollegen zukünftig unter dem glühenden Hauch kapitalismuskritischer Einflüsterungen und aufrührerischer Reden vor sich hin schmelzen und sich eventuell in Nichts auflösen. Das kann doch keiner wollen! Oder doch und steckt dahinter ein perfider Plan der Stadtverwaltung? Wenn ja, bitte ich um hurtige Aufklärung.

Zusätzlich gebe ich zu bedenken: Die permanente Indoktrinierung könnte dazu führen, dass der meist gut organisierte Bürgerblock empfindliche Risse erfährt und einem monatlichen Stresstest unterzogen wird. Das wäre doch so unnötig wie der sprichwörtliche Kropf, liebe Kolleginen und Kollegen. Ich würde Sie also bitten, die Sitzordnung nicht zu ändern.

Zum Schluß und ganz im Ernst: Lassen Sie die Blöcke so, wie sie sind. Stellen Sie auf die gegenüberliegende Seite einen zusätzlichen Tisch und gut ists“.

Autor: H. Reile