3000 Pflegekräfte in der Region verlassen Beruf

 

Die Corona-Pandemie legt schonungslos offen, wie falsch unser Gesundheitssystem organisiert ist. Bereits vor Covid-19 war der Personalmangel in der Krankenpflege gravierend, auch beim Gesundheitsverbund Landkreis Konstanz mussten deswegen immer wieder Betten geschlossen werden. Die Forderungen nach besseren Arbeitsbedingungen und einer bedarfsgerechten Finanzierung der Klinken werden immer lauter. Denn so wie in den letzten Monaten und Jahren darf es nicht weitergehen. Jetzt schlägt die Gewerkschaft ver.di im Bezirk Südbaden-Schwarzwald Alarm.

Wir dokumentieren im Folgenden die aktuelle ver.di-Pressemitteilung zum Thema Pflegenotstand:

Fachkräftemangel gefährdet Patientenversorgung in der Pandemie – 3000 Pflegekräfte in der Region sind aus Beruf wegen Bedingungen geflüchtet!

Die Situation in den Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen im ver.di-Bezirk Südbaden-Schwarzwald ist in der vierten Pandemiewelle dramatisch. Die rund 50.000 Beschäftigen in Südbaden arbeiten täglich über ihre Grenzen. Die Belastungen sind unermesslich. „Immer mehr Kolleg*innen verlassen ihren Beruf aufgrund dieser Situation“, warnt die Gewerkschaft. In Südbaden sind rund 3000 Pflegekräfte nicht mehr in ihrem Ausbildungsberuf tätig.

„Das Gesundheitssystem und die Beschäftigten sind am Limit, die Patientenversorgung ist nicht mehr gesichert. Der Personalmangel, der auch schon vor der Pandemie groß war, verschärft sich. Schon wieder müssen Operationen und Therapien abgesagt werden. Intensivbetten können wegen des Fachkräftemangels nicht genutzt werden“, betont verdi. „Wir brauchen für unsere Krankenhäuser keine Versprechen, sondern Taten. Eine erneute sogenannte Coronaprämie ist keine nachhaltige Lösung, sondern spaltet die Belegschaft und hinterlässt das Gefühl, dass bei einem Teil der Beschäftigten die Belastung abgekauft werden soll. Notwendig sind hingegen deutliche höhere Tariflöhne. Gesundheitsversorgung ist ein wichtiger Teil der öffentlichen Daseinsvorsorge und muss bedarfsgerecht finanziert werden. Feuerwehrleute werden ja auch nicht nach der Anzahl der gelöschten Brände bezahlt oder müssen Rendite erwirtschaften“, hieß es von ver.di.

Die ver.di-Forderungen für die Krankenhäuser wurden in einer Vorstandssitzung zusammengefasst:
– gesetzliche Personalbemessung
– bedarfsgerechte Finanzierung, keine Fallpauschalen
– Sicherstellung des Arbeitsschutzes
– gesundheitsfördernde Maßnahmen
– verlässliche Arbeits- und Freizeiten

„In den letzten Jahren ist eine kontinuierliche Verschlechterung der Ausbildungsbedingungen in den Gesundheitsberufen zu verzeichnen. Auszubildende kompensieren, mehr als zuvor, fehlende Fachkräfte unter Einbüßen der Ausbildungsqualität und ihrer psychischen und physischen Gesundheit. In Folge verlassen viele junge Beschäftigte frustriert den gelernten Beruf“, so ver.di. Man fordere die Einhaltung der gesetzlichen und tariflichen Regelungen für alle Beschäftigten in den Krankenhäusern in der Region und nachhaltige Verbesserungen.

Der Fachkräftemangel ist von der Politik provoziert. Das müsse so nicht sein, wenn die Arbeitsbedingungen andere wären und Tausende von Berufsaussteiger*innen wieder zurückkämen. In einer Studie wurden rund 300.000 Pflegekräfte identifiziert, die derzeit nicht in ihrem Ausbildungsberuf arbeiten. Der Pflegeberuf ist im Zuge der Corona-Pandemie besonders in den Fokus geraten. Von den 954.000 Pflege- und Betreuungskräften, die im Jahr 2019 in Pflegeheimen oder ambulanten Pflege- und Betreuungsdiensten tätig waren, arbeiteten 616.000 in Teilzeit. Laut Bundesagentur für Arbeit arbeiteten im Herbstmonat des vergangenen Jahres in den Kliniken insgesamt 710.663 Pflegerinnen und Pfleger.

MM/ans
Bild: © ver.di