365-Euro-Ticket im Landkreis
Wien hat es, und andere Städte eifern der Walzermetropole nach: Gemeint sind das Jahresticket für 365 Euro und die Tageskarte für 1 Euro. Luxemburg geht noch einen Schritt weiter: Dort sind die Busse kostenlos. Das Ergebnis sind steigende Fahrgastzahlen, die auch der Umwelt zugute kommen. Warum nicht auch in Konstanz und Umgebung? OB Uli Burchardt meint, was nichts koste, werde auch nicht wertgeschätzt, OB-Kandidat Luigi Pantisano hingegen startet eine Petition für das 365-/1-Euro-Ticket.
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Hier der leicht bearbeitete Text der Presseerklärung:
„Gemeinsam mit Anne Overlack (Autorin und Gemeinderätin auf der Höri) und der deutschen Umwelthilfe hat Luigi Pantisano eine Petition zur Einführung eines 1-Euro-Tickets für den öffentlichen Nahverkehr im Landkreis Konstanz gestartet. Hierzu erklärt er: „Die Reduzierung des motorisierten Individualverkehrs durch den Ausbau des ÖPNV ist ein wesentlicher Beitrag für das Klima, der auf kommunaler Ebene geleistet werden kann und muss. Gemeinsam mit den anderen Gemeinden im Landkreis können wir dafür sorgen, dass wir von einem Tarif-Flickenteppich zu einem gemeinsamen einheitlichen und für alle bezahlbaren Tarifsystem kommen. Immer weiter steigende Ticketpreise verhindern heute oftmals einen Umstieg auf Bus und Seehas. Mit einem 1-Euro-Ticket am Tag für den gesamten Landkreis ist die Verkehrswende dann auch ökologisch und sozial verträglich.
Die Finanzierung des öffentlichen Nahverkehr muss in Zukunft anders erfolgen als ausschließlich über die Ticketpreise. Das ideale Modell ist meiner Ansicht nach eine solidarische Nahverkehrsabgabe über die beispielsweise alle Unternehmer*innen im Landkreis beteiligt werden, in dem Sie für jede*n Mitarbeiter*in einen gewissen Betrag im Monat zur Finanzierung des Nahverkehrs beisteuern. In Wien funktioniert dieses Modell mit großem Erfolg für die Bürger*innen, den Nahverkehr und die Umwelt.“
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Aus dem Petitionstext
„Der öffentliche Nahverkehr muss endlich für alle zuverlässig, komfortabel und bezahlbar sein. Nur so können wir den Umstieg auf klimafreundliche und nachhaltige Mobilität schaffen! Einfach ein- und aussteigen, wo und wann man möchte, ohne komplizierte Tarife verstehen zu müssen. Ist die 365-Euro-Flatrate einmal bezahlt, wird eher in die Öffentlichen als ins Auto eingestiegen – eine moderne Selbstverständlichkeit in Zeiten von Klimakrise und abgasverpesteter Luft.
Für uns gibt es also keinen Grund mehr, die Einführung des 365-Euro-Tickets hinauszuzögern. Jetzt ist die Zeit, jetzt ist die Stunde – denn gerade jetzt wird in Deutschland atemberaubend viel Geld locker gemacht und in Umlauf gebracht, um die wirtschaftlichen Folgen einer Viruserkrankung abzumildern. Dieses Geld muss an der richtigen Stelle und hier konkret in zukunftsfähige Mobilität investiert werden!
Die günstigeren Ticketpreise können zum Teil durch höhere Verkaufszahlen wettgemacht werden. Eine logische Folgewirkung der Verbesserung des ÖPNV-Angebotes müsste aber auch sein, dass wir den privaten Autoverkehr insbesondere in den überfüllten und abgasgeplagten Innenstadtbereichen und Erholungsräumen aussperren oder mindestens zurückfahren; zum Beispiel durch weniger und deutlich teurere Parkplätze oder eine City-Maut. Die hierbei entstehenden Einnahmen müssen in zukunftsfähige und uns allen dienende Mobilität reinvestiert werden und damit in den dringend notwendigen Ausbau des ÖPNV in der Stadt und auf dem Land.“
Ökologisch und sozial
Bei vielen Menschen dürfte diese Petition auf offene Ohren stoßen. Kritiker behaupten zwar immer wieder, das Auto sei schon heute so viel teurer als der ÖPNV, dass der Fahrpreis für Autofahrer offensichtlich keine Rolle spiele, weshalb eher Radfahrer oder Fußgänger durch niedrige Preise in die öffentlichen Verkehrsmittel gelockt würden, aber das dürften Rückzugsgefechte einer aussterbenden Gattung von StadtplanerInnen und VerkehrspolitikerInnen sein. Natürlich ist es aber allein mit niedrigeren Preisen nicht getan, denn sie erzeugen nach allen bisherigen Erfahrungen besonders zu den Spitzenzeiten einen erheblichen Ansturm auf die öffentlichen Verkehrsmittel. Wer den ÖPNV attraktiver machen will, muss bereit sein, deutlich mehr in die öffentliche Verkehrsinfrastruktur im gesamten Landkreis zu investieren, neue Busse anzuschaffen, mehr Seehäsle aufs Gleis zu bringen, Busspuren einzurichten, Bahntrassen zweispurig auszubauen und Takte zu verdichten, damit die über den günstigen Preis gewonnene neue Kundschaft nicht enttäuscht an den Haltestellen zurückbleibt. Auf jeden Fall aber wäre ein solches Tarifsystem ein zukunftsweisender Schritt, der auch dem Klimaschutz zugute käme – und mancher wirtschaftlich schlechtgestellten Familie gerade mit Kindern das Leben finanziell erheblich erleichtern würde.
Die Petition können Sie hier unterschreiben.
MM/red (Foto: O. Pugliese)
Die Idee, das 365/1 Euro Ticket voranzubringen ist ja gut. Touristen fahren bereits seit vielen Jahren kostenfrei am See. Die Gemeinden, nicht nur im Bodenseekreis, geben sogar einen Anteil von 25% aus den Gemeindekassen für die Verwaltung der Touristenkarte EBC an die Deutsche Bodensee Tourismus GmbH oder andere und erhebliche Sonderzahlungen für, meist Leerfahrten, des touristischen Sonderbusverkehr und übervolle Bahnen.
Die viel zu vielen Verkehrsverbünde am See, besonders der Verkehrsverbund Bodo tun alles um das Ticket für Auszubildende, BerufspendlerInnen sowie SchülerInnen und Studierende jährlich unbezahlbarer zu machen. Diese dürfen unter zahlosen Tarifkombinationen und Anschlußtarifen wählen.
Studierende zahlen für das Studi-Semesterticket in Konstanz bis Meersburg und dürfen zusätzlich für Anschlussfahrten im Bodenseekreis nochmals zwischen ca. 395 bis 510 Euro halbjährlich (!) bezahlen.
Aber vielleicht gelingt es bei ausreichemdem Aufruhr der Betroffenen am See dem österreichischen Beispiel zu folgen. Dort kostet das sogenannte 1-2-3 Jahresticket für Menschen unter 26 Jahren, SeniorInnen und Menschen mit Behinderung ermäßigt 820 Euro jährlich. 1-2-3 ist ein Landesticket für das ganze Jahr und kostet im Normaltarif für das ganze Land 1.095 Euro, danach abgestuft für ein oder zwei Bundesländer einen bzw, zwei Euro täglich.
Luigi Pantisano wünsche ich viel Erfolg damit, vielleicht in 16 Jahren einen Preisgleichstand mit Österreich zu erreichen. Ein Anfang ist mit der Petition gemacht. Das Gerüst für ein Landesticket ist sogar vorhanden. Nur die Preisgestaltung macht Grün/Schwarz erhebliche Schwierigkeiten, braucht sie doch demnächst für die Unterstützung der Autoindustrie nochmals mehrere Milliarden Euro.
In Singen ist das schon fast Realität. Das Jahres-und Halbjahresticket kostet pro Tag nur einen Euro, die Zehnerkarte pro Fahrt einen Euro, nur beim Einzelfahrschein noch 2,20