Bodenseeforum: Pfeife im Walde, selbst wenn die Wölfe heulen (Teil I)
Am Donnerstag tagt der Betriebsausschuss Bodenseeforum Konstanz und wird die neusten Vorstellungen der Verwaltung zur Kenntnis nehmen. Natürlich hat Corona viele dicke Striche durch mancherlei Rechnungen gemacht. Aber das Bodenseeforum war auch schon vor der Seuche ein Millionengrab und wird es auch nach der Seuche bleiben – das gesteht die Verwaltung mittlerweile unverblümt ein, übt sich aber wacker in neuen Milchmädchenrechnungen und schiebt die Schuld dem Gemeinderat zu.
Der folgende Text bezieht seine Informationen zum Bodenseeforum Konstanz aus den öffentlich zugänglichen Unterlagen für die öffentliche Sitzung des Betriebsausschusses Bodenseeforum am Donnerstag und ist weder ein fiktiver Text noch eine Satire. Dies sei aus gutem Grunde vorweg bemerkt, weil es früher einmal bedauerliche Fehlinterpretationen eines unserer Texte zum Bofo und daraus resultierende öffentliche Drohungen seitens des OBs gab (siehe hier).
So kann’s gehen: Aus der angeblichen „Jahrhundertchance“ Bofo ist ein schwarzes Loch geworden, das Jahr für Jahr gierig Millionenbeträge aus dem Stadtsäckel saugt. 2019 entschloss sich die Obrigkeit dann, das Konzept des Hauses zu ändern: Aus einem Kongresshaus allein für spendierfreudige Konzerne und sonstige juristische Personen sollte auf einmal ein „Haus für alle“, auch die natürlichen Personen werden. Das war eine beschönigende Bankrotterklärung, denn eigentlich sollte das Ding ja Geld abwerfen, eben weil es nur einem zahlungskräftigen und zahlungswilligen Kongresspublikum zugänglich wäre.
Als die buchungsfreudigen Kongressveranstalter massenhaft das Bofo übergingen (Kongresszentren laufen so ziemlich nirgendwo in Deutschland gut, mit der Kongressfreude scheint es also nicht ganz so weit her zu sein, wie es uns in Konstanz erzählt wurde), sollte das Ding plötzlich für jene geöffnet werden, die von Anfang die Zeche bezahlt haben – übrigens bisher ca. 25 Millionen Euro, wenn’s denn langt, also bis dato knapp 300 Euro pro Konstanzerin, Tendenz deutlich steigend. Die Stadt hat kein Geld für das 1-Euro-Ticket im öffentlichen Nahverkehr, aber 25 Millionen plus ganz viel in der Zukunft für eine Prestige-Hütte sind locker drin, das ist ziemlich konstanzerisch, zumindest im Verständnis des nicht am Hungertuch nagenden OBs.
Mit allen Fingern auf andere zeigen
Aber sei’s drum: Wenden wir uns dem Statusbericht zu, den die Verwaltung am Donnerstag dem Betriebsausschuss zur Kenntnis vorlegen wird. Dort heißt es: „Mit dem im Jahr 2019 stattgefundenen Strategieprozess hat sich der Gemeinderat dafür entschieden, das Bodenseeforum Konstanz als städtisches Veranstaltungshaus zu führen und das Haus verstärkt für die Bürgerinnen und die Bürger der Stadt zu öffnen. Damit wurden entsprechende Vorgaben an die Entwicklung des Hauses gestellt.“
Riechen Sie den Braten? Nein? Können Sie auch nicht, denn das stimmt. Der Gemeinderat hat tatsächlich mit großer Mehrheit so entschieden. Nur ein kleines Detail stört vielleicht, nämlich dass die Verwaltung und vor allem deren Spitze, der OB, die sich bei Erfolgen sonst gern auf die Brust trommeln wie drei Tarzans auf Droge, ihren Beitrag zu dieser Entscheidung zu erwähnen vergessen. So geht es in der Vorlage auch weiter: „2019 analysierte der Gemeinderat mit Unterstützung der Beraterfirma Symbios die ‚Entwicklung des Tagungsstandortes Konstanz einschließlich des Bodenseeforum[s]’“. Merken sie was? Da singt ein Hund, selbst noch mit Gänseblut und -federn um sein Maul, plötzlich das Lied „Fuchs, Du hast die Gans gestohlen“.
Die VolksvertreterInnen haben’s angeblich vergeigt
Das Fiasko Bodenseeforum – ist es plötzlich allein die Schuld des Gemeinderates?
Natürlich nicht, denn das Bofo, des liebste Kind von Oberbürgermeister Uli Burchardt, ist aus Sicht der Verwaltung ja eigentlich gar kein Fiasko. „Mit diesem Beschluss [2019] hat sich der Gemeinderat zu einem städtischen Veranstaltungshaus bekannt, welches im Sinne der Bürgerinnen und Bürger der Stadt geführt wird – auch, wenn dieses einen dauerhaften Zuschuss der Stadt erfordert.“ Hört, hört! Bisher wurde das Bofo also nicht im Sinne der Bürgerinnen und Bürger der Stadt geführt, die Millionen mussten sie aber trotzdem bezahlen. In Zukunft ist es Gemeinschaftsaufgabe und kostet genauso viel als wie zuvor, aber alle haben irgendwie mehr davon?
Genau das Gegenteil – nämlich fette Gewinne ab dem 2. oder 3. Jahr – hatte die Verwaltung damals versprochen, und eine massive Mehrheit des Gemeinderates ist ihr auf den Leim gegangen (und tut’s heute aus lokalpolitischer Verblendung bzw. Großmannssucht noch immer). Geliefert hat Uli Burchardt aber auch schon vor Corona nie, was er uns allen vom Bofo versprochen hat.
Schuld am dauerhaften Finanzfiasko ist aber laut Sitzungsvorlage wiederum allein der Gemeinderat, und hier bringt sich auf einmal die Verwaltung wundersam ins Spiel, die ja offenkundig bisher mit dem Ding nichts zu tun hatte und niemals eigene Interessen verfolgte oder Ratschläge gab, nein, wirklich niemals: „Allerdings folgte der Gemeinderat nicht allen Vorschlägen von Symbios und der Verwaltung: Ein zu planender Anbau für Gastronomie mit Lagerflächen und Büros fand keine Zustimmung, obwohl der Strategieprozess die strukturellen Mängel klar benannte und darlegte, dass der Anbau mit Tagesgastronomie und Außencatering einen hohen Nutzen sowohl für das Tagungsgeschäft als auch die Bürgerschaft mit sich bringen könnte. Insofern stellte der Gastronomieanbau einen wesentlichen Baustein für die Realisierung des Szenarios ‚Städtisches Veranstaltungshaus‘ dar“.
Dämliche VolksvertreterInnen
Auf einmal wagt sich die Verwaltung in diesem Text aus der Deckung: Wie immer ist allein der zögerliche Gemeinderat schuld, der kein Geld in die Hand nehmen will, um dem schwarzen Loch in diesen finsteren Zeiten auch noch einen Turbo zu spendieren.
Nachdem jetzt wohl selbst der OB kapiert hat, dass das Ding niemals auf einen grünen Zweig (sprich aus den roten Zahlen heraus) kommen wird, soll diese Investitionsruine jetzt auf einmal ganz offiziell für alle – und nicht nur als Honigfalle für reiche Schleckermäulchen – da sein? Deshalb sollen noch mal ein paar Millionen locker gemacht werden, auf dass das Ego des Uli Burchardt keinen Schaden nehme – oder gibt es einen besseren Grund?
Die Sitzung des Betriebsausschusses Bodenseeforum ist öffentlich. Sie findet zwar als Videokonferenz statt, wird aber am Donnerstag ab 16 Uhr in Bild und Ton für die Öffentlichkeit im Ratssaal übertragen.
Text & Bild: O. Pugliese