Absagen, Verzögerungen und Geheimniskrämerei: Wie die Litzelstetter vor den Kopf gestoßen werden

Die Ortschaftsratssitzung im Februar 2017 in Litzelstetten hatte es in sich, denn vier Meldungen waren es, die die BürgerInnen unangenehm überraschten. Man ist mittlerweile Einiges gewohnt an Geheimniskrämerei. Das Rätselraten darum, weshalb und wieso die Konstanzer Stadtverwaltung so handelt, wie sie denn nun eben handelt, hat schon eine gewisse Tradition. Doch dieses Mal übertraf man sich selbst, meint unser Kritiker

Die Bevölkerung fühlte sich vor den Kopf gestoßen, als sie beispielsweise erfuhr, dass das „Amt für Stadtplanung und Umwelt“ der Stadt Konstanz den seit langem angekündigten und bereits geplanten Termin zur Pflege der Kulturlandschaft kurzerhand absagte.

Was passiert mit dem Pflegekonzept?

Die Aktionstage, an welchen die EinwohnerInnen eingeladen sind, bei der Wiederherstellung des offen gehaltenen Wiesen-, Acker- und Uferbereichs unterstützend mitzuwirken, haben im Ort stets großen Anklang gefunden. Mithilfe des Bauhofes und unter fachkundiger Anleitung der Verwaltung wurden Bäume zurückgeschnitten, Sträucher entfernt und Wildwuchs beseitigt, vor allem, um den Blick auf den See wieder zu ermöglichen. Unter Rücksprache mit dem Naturschutz und den Grundstückseigentümern wurde ein Pflegekonzept entwickelt, anhand dessen man sich vorgearbeitet hatte. In vielen Sitzungen eines Arbeitskreises wurde debattiert, nun sollte regelmäßig umgesetzt werden, was besprochen war. Doch jetzt plötzlich sollte alles wieder ins Stocken geraten. Eine Antwort für die Nicht-Genehmigung des neuen Pflegeabschnitts durch das Amt gab es nicht. Und zurück blieben so die enttäuschten Litzelstetter …

Und was in Sachen „Ortsmitte“?

Und es ging weiter. In Sachen „Ortsmitte“ hieß es wieder einmal nur: warten. Seit Monaten tut die Litzelstetter Einwohnerschaft nichts anderes. Denn seit der letzten Überplanung der entsprechenden Entwürfe für das Areal zwischen Martin-Schleyer-Straße und Kornblumenweg durch die „Wohnungsbaugesellschaft Konstanz mbH“ (WOBAK) tut sich nichts mehr. Dabei zieht sich das Projekt seit Jahren hin, eine anfänglich erfolgreiche Bürgerbeteiligung wurde durch erhebliche Abweichung der veränderten Bauplanungen des Eigentümers gegenüber dem ursprünglichen Wettbewerbsergebnis, auf das sich Jury, aber auch Vertreter aus der Bürgerschaft, Ortschaftsrat und den Expertenreihen geeinigt hatten, zur offensichtlichen Farce. Und der ganze Ort fragt sich mittlerweile, ob es überhaupt noch zu einem Neubau des maroden und nicht wirklich ansehnlichen Gebäudes an der Hauptstraße kommen wird – auch wenn die WOBAK stets begründet, die Verzögerungen seien dem Vorrang anderer Baumaßnahmen zugunsten der Unterbringung von Asylsuchenden zuzuschreiben. Die Gerüchte werden immer größer, die Verwunderung und manche Verärgerung auch. Und die Hilflosigkeit der Verwaltung, die offenbar selbst zwischen den Stühlen steht, wächst zusehends …

Bürgerbeteiligung fand nicht wirklich statt

Doch das war noch nicht alles. Unterhalb des Marienwegs soll ein großes Wohngebiet entstehen. Manche sprechen gar von einem eigenen Ortsteil. Immerhin entwickelte sich das Vorhaben rasch. Nachdem man sich mit der Mehrheit der Eigentümer der Grundstücke über einen Verkauf geeinigt hatte, begann die Stadt Konstanz mit den Planungen. Grundsätzliche Fragen wurden geklärt, unter anderem, dass ein Wohngebiet für unterschiedliche Altersgruppen und verschiedene soziale Schichten entstehen soll. Besonders Familien sollten angesprochen werden. Eigene Straßenanbindungen, weite Flächen und eine grüne Umlandgestaltung wurden zugesagt.

Doch danach ging das Projekt in die geheime Bearbeitung. Obwohl sicher einige AnwohnerInnen bei solch einem Großvorhaben gern ein Wörtchen mitgesprochen hätten. Nun überraschte die plötzliche Ankündigung, dass bereits in den kommenden Wochen ein Termin für das Preisgericht angesetzt werde. Eine Bürgerbeteiligung fand bisher nicht wirklich statt, obwohl solch ein Vorhaben den gesamten Ort betrifft und in seinen Auswirkungen für das Dorf durchaus mit den Ausmaßen des „Hafner“ für die Stadt oder des „Zergle“ für seine Umgebung vergleichbar ist. Stattdessen wurde die Bevölkerung wieder einmal mit Tatsachen konfrontiert…

Und dann: „Amtsinterne Rücksprachen“

Und ebenso kaum verständlich wurde verlautbart, dass die in der Ortschaftsratssitzung fest vorgesehene Präsentation der Entwurfsplanungen für die Neugestaltung des Litzelstetter Campingplatzes einfach von der Tagesordnung genommen wurde. Da wird seit Jahren über das Thema in Arbeitskreisen gesprochen, wurden Vorschläge umfassend diskutiert, Vorbereitungen getroffen, um nun endlich rasch zu einer Umsetzung schreiten zu können, Konzeptionen entwickelt, der Naturschutz befragt, das weitere Vorgehen abgestimmt. Und dann: „Amtsinterne Rücksprachen“. Sie waren die Begründung für die Absage der Behandlung im Ortschaftsrat.

Man fragt sich durchaus, ob solche Hürden derart kurzfristig auftreten können, dass man sich nicht bereits zuvor hätte einigen können, ehe man auf die Menschen zugeht und sie wieder „im Regen stehen lässt“. Die Verständigung innerhalb der Verwaltung scheint durchaus ein zentrales Problem. Man kommuniziert offenkundig recht unzureichend, wenn ein Anliegen zunächst auf die Agenda genommen wird, man dann aber schnell beschließt, dass man doch noch einmal Zeit für die Abstimmung innerhalb des Hauses benötigt. Von außen gesehen könnte man auch ein unprofessionelles Management attestieren, für den Litzelstetter kommt es dasselbe heraus: Kopfschütteln.

Wird der Bürger ernst genommen?

Und wie geht ein Bürger dann aus solch einer Sitzung, die gefühlt auf die Hälfte ihres Volumens zusammengestrichen wurde und allerhand Floskeln und Ausreden dabei helfen mussten, die kochende Volksseele zu bremsen? Mit dem Eindruck, er werde nicht wirklich ernst genommen. Aber auch mit der Erkenntnis, dass Transparenz offenbar ein Fremdwort im Miteinander von Verwaltung, öffentlichen Trägern, Institutionen und der Bevölkerung geworden ist. Mit der Einsicht, dass Partizipation eben nur so weit gewünscht scheint, wie sie doch ohnehin Pflicht ist und vorgeschrieben wird. Mit der Frage, ob man es „da oben“, bei der Stadt Konstanz und ihren zugehörigen Betrieben, denn nicht merkt, wie deutlich man die Menschen – nicht nur an Fasnacht – zum Narren hält? Oder schlimmer noch: Hält man uns wirklich für so dumm, hinter solch vielen Zufällen nicht irgendwann doch einmal die Strategie des „Wir machen es lieber für uns, ohne die lästigen und nörgelnden Bürger, unkritischer geht es doch leichter“ zu vermuten?

Solche Gedanken kämen nicht auf, würde man die EinwohnerInnen zum mündigen Volk erklären, das als Souverän ein Recht auf Informationen hat und das sicherlich auch manch ein Verständnis für Verzögerungen, Absagen und nichtöffentliches Vorgehen aufbringen würde, würde man mit ihm sprechen, würde man ihm erläutern, warum. Und würde man ihm vor allem erklären, weshalb ihm das Geschehen so beständig und immer wieder spontan vorenthalten wird.

So, wie es im Augenblick allerdings aussieht, möchte man von Seiten der Stadtverwaltung das Misstrauen der Bevölkerung ihr gegenüber eher noch erhöhen. Das allein wäre noch nicht einmal das Schlimmste. Viel dramatischer ist: Mit ihrem Verhalten trägt die Kommune dazu bei, Verdrossenheit am politischen und am ehrenamtlichen Engagement und der Teilhabe zu erhöhen. Eigentlich unverantwortlich in Zeiten wie diesen. Aber wen interessiert das schon …

Dennis Riehle