Abschied von Thomas Wetzel

Vor kurzem ist der Südkurier-Sportredakteur und engagierte Gewerkschafter Thomas Wetzel einem Herzinfarkt erlegen. Über viele Jahre hinweg hatte er den Konstanzer Ortsverein der Industriegewerkschaft Medien (heute ver.di) geprägt – und als Betriebsratsvorsitzender des Südkurier die Chefs aufgemischt. Lutz Rauschnick erinnert an einen sehr bemerkenswerten Freund, Kollegen und Mitstreiter.

Ja, Thomas Wetzel ist gestorben, mit 81 Jahren. Einer, wie man im Leben nicht so viele trifft. Kein so leicht einzuordnender Mensch. Schublade auf, Thomas rein – das klappte nicht. Denn seine Persönlichkeit passte in kein Schema. Nicht einfach in das des Sportjournalisten, der er war mit Überzeugung, mit Wissen und Können; nicht in das des Freundes. Er war ein stetig Fordernder, einer, der mit seiner Bildung und seinen Interessen nie kokettierte, der aber Oberflächlichkeiten erbarmungslos aufzeigen konnte. Eine seiner großen Stärken.

Und ja, „Tommele“, so sein Spitzname, „tewe“ sein Kürzel jahrelang im Sportteil des Südkurier, dieser Mensch voller Lebensfreude und Fachwissen gleichermaßen, der konnte einen mitreißen. Wenn er etwa von Olympischen Spielen, Welt- oder Europameisterschaften in seiner Parade-Disziplin Leichtathletik berichtete, schrieb, Fachkenntnisse wie menschliches Verstehen athletischer Schwächen gleichermaßen zu starken, teils auch emotionalen Texten zusammenfasste und in die Konstanzer Redaktion schickte, dann war das irgendwie immer ein Aha-Erlebnis. Auch für uns. Thomas eben. Ein Journalist, der die notwendigen Sensibilitäten hatte, auch die Zwischentöne zu registrieren abseits der vordergründigen Aktualitäten, menschliche Nöte, athletische Fähigkeiten wie Schwächemomente gleichermaßen aufzunehmen und diese – ganz ehrlich – in packende Formulierungen zu fassen. In Sätze, Gedanken, Nachrichten, die ohne Übertreibung Kolleg*innen wie Leser*innen gleichermaßen ansprangen. Schlichtweg: Da war einer am Werk, der wusste, worüber er berichtete. Oberflächlichkeiten waren ihm ein Greuel, Plattitüden nicht seine Sache.

Thomas Wetzel (links) und der damalige IG-Medien-Sekretär Kurt End auf einer Versammlung des Konstanzer Ortsvereins 1993.

Das war der Sportkollege, eben „Tommele“. Aber den man verdammt gerne auch abends traf, wenn die Redaktionsräume im Dunkel der Nacht verschwunden waren. Natürlich lebte er gerne, pflegte intensiv Freundschaften und lebte das Leben. Ja sicher, mit ihm zu diskutieren über Musik oder Literatur, das waren Herausforderungen. Da konnte er einen auch mal auflaufen lassen. Mit Humor und ohne jeden Anflug von Arroganz oder Überheblichkeit. „Duuuu….“ – diese große Geste mit weit ausholendem Arm: Unvergessen. Verflixt nochmal, ja, meistens wusste er immer ein Jota mehr als der Rest der Runde. Aber Arroganz des Wissens – das wäre ihm nie in den Sinn gekommen. Thomas war stets auch guter Freund, ein knitzer Kollege mit Humor, schlichtweg einer, der verinnerlicht hatte, dass Leben vor allem bedeutet: Miteinander.

Miteinander? Ja. Aber nur bis zu einer Grenze: Thomas Wetzel war immer dann unerbittlich, wenn es darum ging, unser aller Rechte – die der Arbeitnehmer – zu verteidigen. Als Betriebsrat war er ein Mann des Mutes und der klaren Sprache, einer, der uns – auch hier – mitreißen konnte. Deubelschlag, seine direkten, aufrüttelnden Reden auf Betriebs- und Abteilungsversammlungen sind Legende, Verzagtheit, vorschnelle Unterordnung – wie er das ablehnte! Gewerkschaftlich führte er uns stets an die Grenzen unserer Rechte, ermutigte, motivierte, machte einfach deutlich: Hier sind auch die Grenzen des Arbeitgebers. Speziell bei der Einführung der sogenannten „neuen Technik“ in den Redaktionen – sprich Computer-Diktat – blieb er stets auf konsequentem Mitsprache-Kurs. Da hätten wir damals manchmal gerne gewusst, was „die da oben“ so gedacht haben. Über uns. Und vor allem: Über Thomas Wetzel. Als langjähriger Vorsitzender des Ortsverbandes der IG Medien stellte er so manche Weiche, in der sich die Arbeitgeber anschließend verhedderten.

Thomas Wetzel war ein großartiger Mensch. Ehrlich, mutig, offen, aber nie pflegeleicht. Seine Stärken. Kollege und Freund gewesen zu sein war manchmal auch eine Herausforderung. Genau deshalb ist die Trauer über seinen Tod so schmerzhaft. Weil er ein Mensch war. Wir werden uns am Samstag, 7. Dezember, um 18 Uhr in der Dreifaltigkeitskirche von ihm verabschieden.

Lutz Rauschnick (Fotos: Ralf Mittmann, Olaf Schumann)


Öffentliche Trauerfeier für Thomas Wetzel. Am Samstag, den 7. Dezember, 18 Uhr. In der Dreifaltigkeitskirche, Rosgartenstr. 25, Konstanz.