AfD-Blättle: Südkurier leistet Wahlkampfhilfe
Angesichts der anstehenden Landtagswahlen bläst die lokale AfD zum werbetechnischen Großangriff – und legt Konstanzer Anzeiger und Südkurier ein als Zeitung verkleidetes Werbeblättchen bei. Darin das übliche Diffamierende und Relativierende zu Klimaschutz und Coronazahlen. Doch das Problem liegt nicht darin, dass die AfD hier ihrer kruden Auffassung von Meinungsfreiheit nachkommt, sondern darin, dass die Lokalpresse alternative Fakten billigt und ihnen eine Plattform zugesteht.
Von Windrädern und Klimawandel
Mit zwei Artikeln auf der Aufmacherseite verfolgt das AfD-Blättle ein perfides Narrativ: Die Maßnahmen zur Begrenzung des Klimawandels und zur Eindämmung der Corona-Pandemie sollen als unverhältnismäßig, unkoordiniert und für die Region schädlich bloßgestellt werden. Das Problem dabei ist nur: So richtig Hand und Fuß haben die Zahlen nicht.
Zwei Exkurse zur Erläuterung vorab:
Die großen, bösen neuen Windrädertypen seien äußerst schädlich für das Landschaftsbild der „Tourismus-Region Bodensee“. In einem derart „windarmen Bundesland“ sei außerdem der Ausbau von Windenergie eh nicht zielführend und außerdem gehe durch den Bau der Windradfundamente voll viel Natur kaputt. Also bitte kein Klimaschutz vor unserer Haustür, sonst bleiben uns ja noch die Touris weg. Das passt natürlich blendend zu den Forderungen aus dem AfD-Wahlprogramm, die den menschengemachten Klimawandel und dessen Auswirkungen auch auf den Süden Deutschlands leugnen. Man kann sich nicht von Kohleabbau und Atomenergie loseisen – und lässt dabei außen vor, dass deren Auswirkungen auf Landschaft, Natur und Klima diejenigen von Onshore-Windrädern um ein Vielfaches übersteigen.
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Die AfD löst Probleme also vor allem durch Kleinreden und Ignorieren; ihr fehlt der Blick für wirtschaftlich und politisch weitsichtiges Handeln. Denn wenn wir auf lange Sicht günstigen, klimaverträglichen Strom produzieren wollen, kommen wir an Windkraft auch hier vor Ort nicht vorbei. Um hier mal wieder das Phrasenschwein zu dreschen, der Klimawandel ist so ziemlich die größte Herausforderung unserer Zeit und um diesen zu bekämpfen, braucht es auch ein Weiterentwickeln entsprechender Technologien. In Deutschland und Baden-Württemberg haben wir Industrie und Know-How, ebendiese zu entwickeln und umsetzen. Das gilt auch für Windräder, die immer effizienter werden; rückbaufähiger, größer, kleiner, was wir auch immer wollen und was für den jeweiligen Standort angemessen und umsetzbar ist. Stattdessen versanden mehrere Tausend theoretisch verfügbare Megawatt in Genehmigungsverfahren, die von lokalen politischen Ortsverbänden aus vorgeschobenen Landschaftsschutzgründen verhindert werden. Stattdessen baut man dann lieber x-te Verkehrsachse und Autobahn durch genau dieselben Schutzgebiete.
Wenn man sich wirtschaftlich weiterentwickeln möchte, muss man aber die Entwicklung neuer Technologien zulassen und darf nicht mit Strohmannargumenten industriellen Fortschritt sabotieren. Doch genau das tut – absurderweise – die AfD-Neinsager-Partei in ihrem Wahlprogramm. Dabei ist es gefährlich, weiter auf endliche Energieträger zu setzen, die dazu nur über massive Subventionen überhaupt noch finanzierbar sind. Sonst will die AfD doch auch immer Wirtschaft und Industrie vor Ort stärken, stattdessen rettet sie jetzt Natur und Landschaft mit Kohleabbau und Atommüll. Kannste dir nicht ausdenken.
Corona als Fake News? – Statistiklesen für Anfänger
Der zweite große Aufhänger im Blättle dreht sich darum, dass die grüne Landtagskandidatin Nese Erikli dem AfDler Thorsten Otterbach bei der Südkurier Podiumsdiskussion ins Wort gefallen sei. (seemoz berichtete zur kruden Zusammensetzung der Diskussionsparteien.) Otterbach habe hier Daten des Statistischen Bundesamts (DESTATIS) vorgelegt, die belegten, dass es im Jahre 2020 bei den Sterbefällen unter den über 65-Jährigen (und generell) keine signifikante Zunahme gegeben hätte. Erikli bezeichnet den von Otterbach hochgehaltenen Ausdruck als „alternative Fakten“ und „Fake News“. Die Situation ist in der Südkurier-Podiumsdiskussion festgehalten, die Zahlen sind sehr prominent auf der ersten Seite der „AfD-Seesicht“ abgedruckt.
Das Problem dabei ist: Obwohl die AfD-Schreiberlinge die Daten richtig von DESTATIS kopiert haben, hat Erikli trotzdem Recht. Otterbach ist mit alternativen Fakten in die Diskussion gezogen und posaunt diese jetzt groß in seinem Hetzblättle hinaus. Denn die Zahlen, mit denen Otterbach beim Südkurier herumwedelt, haben für die Entwicklung der Todesfälle insbesondere während der verheerenden zweiten Welle keine Aussagekraft. Sie sind nämlich zum falschen Zeitpunkt (vor der Pandemie, ohne Berücksichtigung des Anstiegs der Todesfälle ab Winter 2020) und ohne eingerechneten Meldeverzug (bis zu 60 Tage) erhoben worden. Genau; richtig gelesen. Otterbach hetzt gegen die Coronamaßnahmen der zweiten Welle mit Daten, die vor der zweiten Welle erhoben worden sind.
Stattdessen liest man in exakt der Pressemitteilung des DESTATIS, aus der Otterbach seine Zahlen geholt hat, von „29 [Prozent] beziehungsweise 24.038 Menschen mehr als in den Jahren 2016 bis 2019, [die] durchschnittlich im Dezember verstorben waren. Im November 2020 lagen die Sterbefallzahlen nach aktuellem Stand 12 [Prozent] über dem Durchschnitt der vier Vorjahre.“ Es sind laut Statistik im Dezember 2020 über 100.000 Personen verstorben, so viele wie seit 1969 in einem Dezember nicht mehr. Da war nämlich Hongkong-Grippe. Man hört aus AfD- und Querdenkerkreisen immer wieder, dass Corona nur wie eine Grippe sei. Angesichts dieser Zahlen kann man guten Gewissens sagen: Stimmt, allerdings wie eine sehr tödliche Grippe und eine mit pandemischen Ausmaßen.
Solche Relativierungen sind gefährlich. Leute, die sie herumposaunen und so tun, als hätten sie eine Faktenbasis, sind besonders gefährlich. Gefährlich sind aber auch diejenigen, die diesen MarktschreierInnen eine Plattform geben und die nicht dagegen einstehen, wenn jemand herkommt und sich seine Zahlen so dreht, wie es ihm gerade passt. Denn sowas darf man laut Meinungsfreiheit zwar; was dabei herumkommt, ist aber unwahr und ganz zu Recht als „Fake News“ betitelt worden.
Dabei erfüllen die beiden Artikel zu den Windrädern und den Corona-Sterbefällen eine Funktion. Sie sollen die Maßnahmen für den Klimaschutz und zur Eindämmung der Corona-Pandemie relativieren. Diese sollen als unnötig, schädlich und wahnwitzig dargestellt werden. Denn was dann im Inneren des Blättles folgt, ist das Leid der Armen und Kleinen, des Einzelhandels und der Sportvereine, die von denen da oben in der Politik wegen dummer Nichtigkeiten drangsaliert werden. Die Texte sind voller Strohmannargumente, falscher Darstellungen und Unwahrheiten. Aussagen werden aus ihrem Kontext gerissen: z. B. zu LKW-Oberleitungen oder Rückbaumaßnahmen und -konzepten für größere Bauvorhaben (was Otterbach als Bauunternehmer und Häuslebauer natürlich gegen den Strich geht). Dass wir hier über wissenschaftlich belegte Situationen und Kontexte reden, die gut erforscht sind und für die es klare Belege gibt, fällt dabei irgendwie unter den Tisch.
Und der Südkurier? Macht mit!
Das postfaktische, an den Haaren herbeigezogene Gefasel der AfD ist dabei die eine Sache – und sollte mittlerweile auch nicht mehr verwundern. Doch dass man dieses Geschwurbel nun auch frei Haus in Südkurier und Konstanzer Anzeiger geliefert bekommt, ist eine neue Ebene. Klar ist die „AfD-Seesicht“ nicht Teil von Südkurier und Anzeiger, sondern eine querfinanzierte Wahlwerbeeinlage. Sie ist also offiziell kein Produkt der journalistisch-redaktionellen „Leistungen“ des Südkurier. Man kann sich allerdings schon überlegen, ob man das so gutheißen will, wenn eine der größten Regionalzeitungen im Südwesten in einem rechtskonservativen wirtschaftsliberalen Schulterschluss das Programm einer teilweise faschistoiden Bewegung einfach so zwischen Sportteil und Karstadt-Werbung zu dulden kann.
Der Südkurier und der Konstanzer Anzeiger sind Teil desselben Unternehmens, genauso wie die Druckerei Konstanz in der Max-Stromeyer-Straße, die Südkurier, Anzeiger und „AfD-Seesicht“ ausdruckt. Das alles ist natürlich nicht verboten. Der Südkurier darf AfD-Wahlwerbung in seine Druckerzeugnisse einlegen. Und wird für diese Dienstleistung vermutlich (hoffentlich) auch kassiert haben, denn Druckerzeugnisse in derartigen Auflagen (offiziell 89.000 Stück) sind freilich nicht günstig. Die dürfen das alle. Denn Zeitungen, Magazine etc. sind nicht zur neutralen Berichterstattung verpflichtet.
Wenn der Südkurier aber das Programm einer rechtsextremen Partei so beilegt, fragt man sich schon, wer das abgenickt hat. Auch wenn die AfD nicht in irgendeiner Form verfassungsrechtlich verboten ist, hat sie doch deutliche Verbindungen in diverse rechtsextreme Netzwerke. Und das nicht nur im ach so rechtsextremen „Flügel“ in Thüringen, sondern auch und gerade hier in Baden-Württemberg. Die AfD ist keine Partei wie die anderen, sie ist kein Vertreter der sogenannten „Bürgerlichen Mitte“ oder gar eine Alternative. Sie ist eine hoch toxische Mischung aus rechtskonservativem Wirtschaftsliberalismus auf der einen und blankem Rechtsextremismus auf der anderen Seite; mit Verbindungen zu Polizei, rechten Terrornetzwerken und Reichsbürgern. Otterbach gibt sich hier zwar als konservativer Familienvater, aber auch er wartet auf seiner Homepage mit einer Reihe rassistischer, diffamierender Karikaturen auf, allesamt stereotyp und platt. Dafür alle in ihrer Bildsprache giftig und diskriminierend.
Otterbach wirbt auf seinen Plakaten und im Blättle mit „Meinung, ja. Sagen, nein?“ Doch, Thorsten, du darfst deine Meinung frei verkündigen und du darfst sie im Südkurier abdrucken lassen. Du darfst auch Werbung schalten und du darfst sie deinem ganzen deutschen Volke kundtun. Wenn du aber anfängst, Leute zu diskriminieren und Fakten zu verdrehen, brauchst du dich dann nicht wundern, wenn da jemand was dagegen hat. Und wir alle können uns überlegen, ob diejenigen, die sowas nur ein paar Tage nach dem Gedenken an Hanau eine Plattform geben, ihre Berechtigung als „Meinungsmedium“ in der Region noch verdient haben.
Jonas Haas (Text und Bilder)
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Ich habe umgehend an die Geschäftsführung, die Verlagsleitung und die Redaktion geschrieben und protestiert. Die Beilage habe ich unfrankiert zurückgeschickt, und auf meinem Briefkasten klebt nun ein Schild: „Kein Konstanzer Anzeiger!“ Zum Glück habe ich das Südkurier-Abo schon vor Jahren gekündigt …
Pressekodex Punkt 7 – vielleicht hat das beim Südkurier noch niemand gelesen.
Mich interessieren zwei Punkte:
1. Gab oder gibt es eine interne Auseinandersetzung über den Auftrag der AFD oder auch über die wirklich sehr polarisierende Berichterstattung bei der OB Wahl? Sind die alle im Südkurier einer Meinung? Oder ist den anderen Redakteuren das alles wurscht?
2. Wie reagieren die ganzen Anzeigenschalter, Firmen, Banken und der ganze Kulturbereich: Museum, Theater, Philharmonie, etc.? Wird da Stellung bezogen?
Eine seltsames Schweigen am Bodensee.
Zuerst einmal: Gut dass es Seemoz gibt und damit Gegenöffentlichkeit zu dem unsäglichen Monopol des Südkurier-Medienhauses mit seinen Regionalabsprachen über das Verbreitungsgebiet und seine Grenzen.
Ich bin mit dem Südkurier aufgewachsen und habe mit seiner täglichen Lektüre dank des Zeitungsabo´s meiner Eltern ab der zweiten Grundschulklasse lesen gelernt, was mir den Weg zu politischem Bewusstsein, späterer Zeitungslektüre über den Südkurier hinaus und einem kritischen Bewusstsein geebnet hat.
Ich dachte, die Zeiten sind vorbei, dass man den Südkurier Konstanz berechtigt oder unberechtigt als „Südgeschmier“ geschmäht hat.
Als mir ein Herr Schmierer im Auftrag des Herrn Lutz auf meinen geharnischten Protest zu dieser unsäglichen AfD-Beilage „AfDSeesicht, Zeitung zur Wahl 01 /21“ ( an Dreistigkeit nicht zu überbieten ) geantwortet hat ( Inhalt, siehe weiter oben, politische Neutralität und Bla-bla, wahrscheinlich durften die angeschriebenen Redakteure nicht antworten ) , fiel mir natürlich der Begriff „Südgeschmier“ spontan wieder ein.
Wenn es nicht so weh täte, den Südkurier in diesem Fahrwasser zu erleben, bei allem Respekt für berechtigte Interessen eines Verlagshauses und seiner Druckerei.
Ich schäme mich für den Südkurier und die Zumutung, dass viele so treue frühmorgendliche Austräger das zusätzliche Gewicht dieser Mini-„Stürmer“-Beilage aufgehalst bekommen.
Adieu, Südkurier, adieu einstmals geliebte Regionalzeitung meiner Alphabetisierung.
Infam und sicher ganz zufällig, am der Beilage folgenden Tag erscheint die redaktionelle Vorstellung des Kandidaten der AfD für den Wahlkreis Konstanz im Rahmen der aktuellen Kandidatenvorstellung , was für eine Timing, war das Voraussetzung für den Auftrag der Beilage an Medienhaus und Druckerei ?
Möge Ihnen diese Geschichte um die Ohren fliegen ! Sie hätten schlauer sein können, die benachbarte Badische Zeitung Freiburg musste sich gleich zweimal für deren ähnlich infamen AfD-Beilagen-„Zeitung“ in ihrer Wochenzeitung “ Der Sonntag“ 4. Dezember 2020 entschuldigen.
Tun Sie es ihr gleich und spenden Sie Gewinn und Ertrag d i e s e r Beilage an eine soziale Einrichtung.
Die Badische Zeitung hat dadurch viele ihrer Abonnenten halten können.
Allerdings traue ich dem Südkurier Medienhaus eine solche Kehrtwende und eine solche Geste nicht zu, zu marktliberal und stromlinienförmig die Redaktion, zumindest der Chefredaktor, zu groß der Druck des Verlags und der Eigentümer auf kritische und weiter geschätzte Redakteure/ Redakteurinnen des Südkurier.
Nochmals großen Dank an die Akteure des Seemoz, die für kritische Gegenöffentlichkeit auch gegen das Marktmonopol des Südkurier Medienhaus Verlags aufstehen…
Über das „Klasse! Medienprojekt“ des Südkuriers gelangte die „AFD-Seesicht“ auch in die Klassenzimmer der teilnehmenden Schulen. Liest man einmal, was Chefredakteur Stefan Lutz zum „Klasse! Medienprojekt“ motiviert, dann kann die gestrige „Beilage“ des Südkuriers nur als exemplarisches Negativ-Beispiel für das eigene Medienprojekt und den wohl eigenen Anspruch herhalten:
„In Zeiten sozialer Netzwerke und Fake News, in denen sich ungefilterte Informationen rasend schnell verbreiten, ist die geprüfte Information ein kostbares Gut. (…) Doch wie können Kinder und Jugendliche in diesem medialen Irrsinn Wahres von Unwahrem unterscheiden? Wir wollen Ihnen und Ihren Schülerinnen und Schülern als regionales Medienunternehmen Orientierung bieten (…)“
https://www.suedkurier.de/leben/bildung-karriere/klasse/
Als Kollegium einer Schule sollte man bei dieser Gelegenheit einmal evaluieren, ob ein Medienprojekt mit dem Südkurier in dieser Form noch nötig ist. Immerhin vertritt und lebt man als Schule auch ein Leitbild, das sich mit der gestrigen Beilage des Südkuriers sicher nicht vereinbaren lässt.
Ansonsten richten es hoffentlich die Pädagoginnen und Pädagogen mit der Orientierung bei Schülerinnen und Schülern selbst – ein regionales Medienunternehmen kann diese Verantwortung nicht tragen.
@Thomas Warndorf
„Mal ehrlich. Lohnt die Aufregung denn überhaupt noch über eine Zeitung, die in der Region längst keine Macht und keinen Einfluß mehr besitzt?“
Die Behauptung, der Südkurier hätte das Zünglein an der Waage gespielt bei der vergangenen OB-Wahl, kann wohl nicht so mirnix-dirnix weggewischt werden.
Daß darüber hinaus dem SK mit „arriva“ eine unternehmenseigene Vertriebsorganisation zur Verfügung steht, liefert die rabulistischen Rechtfertigungsversuche des Verlags der Lächerlichkeit aus. Über den Weg wäre eine Verteilung des Hetzblattes elegant möglich gewesen. Ohne (weitere) Beschädigung der Reputation des Unternehmens. Einen Streik des Vertriebspersonals aufgrund des Pamphlets darf man ja wohl noch herbeiträumen.
Was noch dazu Kopfschmerzen bereitet, ist die Frage nach den Konsequenzen für die dort Beschäftigten. Wahrscheinlich haben die Abonnenten, denen die offensichtliche Sympathie der SK-Geschäftsleitung für das rechte Spektrum im Magen liegt, ohnehin nach der OB-Wahl ihr Abo gekündigt. Wäre aber Konstanz etwas näher an seinen Ansprüchen bezüglich Weltoffenheit, würde es Kündigungen nur so hageln.
Bleibt der Schluß, daß es den Verlags-Oberen bis hin nach Augsburg sonstwo vorbeigeht, wie sich das alles auf Arbeitsplätze auswirkt. Daß Redakteure wie auch technisches Personal unter Hinweis auf die strukturelle Schwächung der Printmedien zu Verzichten erpreßt werden und wurden, sollte bekannt sein.
Der allerschwächste Trost bleibt. Daß Alexandra Holland persönlich das Licht in dem Laden ausmachen muß, wenn die Nieten in Nadelstreifen es unumkehrbar übertreiben.
Wundert das wirklich noch irgendjemanden? Mich überrascht es nicht mehr. Das passt zum Gesamtbild vom Südgeschmier. Da geht es doch auch in der Redaktion schon lange nicht mehr um Objektivität, sondern darum, was gut geklickt wird und Aboverkäufe auslöst. Für mich ist der SK längst keine seriöse Tageszeitung mehr.
Bis jetzt gab es nicht mal ein Statement. In meinem Umfeld haben heute viele gekündigt, die noch ein Abo hatten. Hoffentlich folgen dieser Idee viele andere auch!
Ich werde mein Probe-Abo nicht weiterführen. Mit dieser Aktion hat SK auch noch die letzte Grenze überschritten. Anbei die inhaltlich falsche Antwort (s. unten) von SK auf meine Protest Email
——
Antwort von SK: “ Die Rechtslage ist hier sehr eindeutig.
Als Medienhaus sind wir verpflichtet Wahlwerbung zu ermöglichen.
Aber für den Inhalt von Wahlwerbung sind die Parteien allein verantwortlich. Der Inhalt wird auf die Einhaltung der rechtlichen Grundlagen geprüft.
Wahlwerbung drückt aber auf keinen Fall die Haltung der Redaktion oder unseres Hauses aus, gehört aber zum Prozess der politischen Meinungsbildung.
Wir bitten um Ihr Verständnis. Mit freundlichen Grüßen“
——
Zur Info: WD 10 – 3000 – 044/19; 2019 Deutscher Bundestag: „Bezüglich der Wahlwerbung in Presseerzeugnissen bestehen in Deutschland keine besonderen presserechtlichen Regelungen. Die Presse ist im Gegensatz zum Rundfunk gesetzlich nicht zu parteipolitischer Neutralität verpflichtet“
Mal ehrlich. Lohnt die Aufregung denn überhaupt noch über eine Zeitung, die in der Region längst keine Macht und keinen Einfluß mehr besitzt? Ich glaube, nein! Wenn eine Zeitung kein Problem damit zu haben scheint, dass auch die letzten Abonnenten noch gehen und auf der Resterampe der braune Sumpf als treue Leserschaft übrig übrig bleibt, was soll es? Irgendwann kommt der Tag, da darf Herr Gedeon den letzten Kommentar schreiben und dann verschwindet ein Medium, das in frühen Nachkriegszeiten große Bedeutung und hehre Ziele hatte.
Der Südkurier macht sich somit zum Steigbügelhalter einer Partei
die unsere Demokratie rechtsnational unterwandern will . Das ist nicht mehr mein Heimatblatt .
Dieser lange Artkel, der sich detailliert mit dem Inhalt der AfD-Werbung auseinandersetzt, ist zuviel der Ehre. Schlimm ist jenseits aller Inhalte, dass die lokalen Print-Medien einer rechten Partei die Türen öffnen: „ist doch ganz normal“ – nein, ist es nicht, schon gar nicht, wenn Werbung nicht als solche gekennzeichnet ist, sondern wie das 14-tägig beigelegte Amtsblatt daher kommt „ganz normal“ mit Angabe von Ausgabennummer und Auflagenhöhe. Eines dieser Medien, die offensichtlich nichts dabei finden, einer rechten Partei die Hand zum Wahlkampf zu reichen, war im Übrigen vor einem Jahr sehr erregt, als Bürger sich in einer Anzeige zu politischen Themen der Stadt äußern wollten: https://archiv.seemoz.de/lokal_regional/eine-tragikomoedie-um-zoffingen/
Wen wundert es noch? Wer hat es bisher noch nicht verstanden? Das ist doch nur das Sahnehäubchen, wahrscheinlich nicht das Letzte.
Gerd Morian
Danke für die Klarstellungen. Selbst wenn der SK die Beilage nicht verhindern konnte oder wollte. Möglich gewesen wäre ein Beilagenhinweis, der optisch und inhaltlich wenigstens die Distanz des Verlages zur problematischen AfD Beilage andeutet.. Das Gegenteil war im Anzeiger der Fall: Der mehrfarbige Hinweis auf die Aldi-Beilage, lenkt den Blick vom darüber stehenden mageren Beilagenhinweis auf das infame Werks ab. Zumindest für den flüchtigen Leser.
Im Dezember gab es den gleichen Fall bei der Badischen Zeitung in Freiburg: AFD-Beilage gedruckt und beigelegt. Nach breiten Protesten hat der Verlag seine Fehlentscheidung eingestanden und sah sich gezwungen, den Erlös u.a. an einen NS-Opfer-Verein zu spenden.
Ich war entsetzt und habe dementsprechend die Geschäftsleitung angeschrieben.
Ich hoffe die KN-Zivilgesellschaft protestiert beim Südkurier.
Abos kündigen reicht offensichtlich nicht mehr, hat ja spätestens seit der OB-Wahl niemand mehr eines. Jetzt sind auch die Anzeigenkund*innen sowie die gesamte Bevölkerung gefragt. Eine solche Aktion braucht direktes Feedback: info(at)anzeiger-suedwest.de; service(at)suedkurier.de
Die Verbreitung von demokratiefeindlichen Schriften gefährdet unsere Gesellschaft und ist unter keinen Umständen akzeptabel.
So auch der Tenor in der überregionalen Presse. Siehe Spiegel, siehe Twitteraccount von Jan Böhmermann: „Print ist nicht tot, sondern einfach nur bewusstlos.“
So weit sind wir also bereits wieder! Der Südkurier, der selbst erst nach dem Ende des Dritten Reiches im September 1945 entstand und in seiner Frühzeit von Antifaschisten wie Rudi Goguel und Karl Julius Großhans mitgeprägt wurde, fördert also heute die erneute Machtübergabe an die Rechten, als habe es ein 1933 nie gegeben? Ich kann mein Südkurier-Abo gar nicht so oft kündigen, wie ich kotzen möchte. Heil, meine Heimatzeitung und all Deinen Geschäftsführern!