AfD fährt schwere Geschütze auf gegen Dissidentin
Dass es Claudia Martin um „billige 15 Minuten Ruhm“ gehe, wie der AfD-Bundesvorsitzende und Fraktionschef im Stuttgarter Landtag Jörg Meuthen mutmaßt, ist noch eine der geringeren Unterstellungen. Mit überdurchschnittlichen 18,6 Prozent ist die 46-Jährige im März für den Wahlkreis Wiesloch und die „Alternative für Deutschland“ ins Landesparlament eingezogen. Jetzt trat sie unter Verweis auf zunehmend radikale Tendenzen und den rechten Populismus aus Partei und Fraktion aus.
Es ist der nächste Tiefschlag für die baden-württembergische AfD nach der Antisemitismus-Debatte rund um Wolfgang Gedeon und nach der Spaltung und der Wiedervereinigung der Fraktion, die mit einer weitgehenden Entmachtung der weniger radikalen Kräfte rund um Meuthen einher ging.
Martin hat ihre Absicht im SWR bekannt gemacht mit dem schönen Satz: „Man denkt, man kann die ganze Zeit rechts blinken, aber geradeaus fahren. Ich denke, das wird nicht funktionieren, denn wer dauerhaft rechts blinkt, der biegt auch rechts ab.“ Ein Hauptkritikpunkt ist die Konzentration der Arbeit auf die Flüchtlingspolitik und der Umgang mit den Menschen, die nach Deutschland gekommen sind. Die Abgeordnete, die ihr Mandat „auf jeden Fall“ behalten will, berichtet von einem Arbeitspapier der Fraktion und der Idee der Kasernierung, die sie „an die Warschauer Ghettos erinnert“.
Für Meuthen grenzt es an „Realsatire“, wenn Martin der AfD Rechtspopulismus vorwirft. Und weiter: „Womöglich wäre es besser gewesen, wenn Frau Martin gleich für eine der linkspopulistischen Kartellparteien kandidiert hätte.“ Rainer Balzer, der Abgeordnete aus dem Nachbarwahlkreis Bruchsal, ging noch weiter. Martin habe lustlos und deprimiert gewirkt: „Vielleicht hätte ihr ein Psychologe helfen können (…) Für mich hört sich das Ganze nach gekränkter Eitelkeit, gepaart mit Überforderung an (…) Ich glaube, sie ist an ihrer eigenen Selbstüberschätzung gescheitert.“ Unterstellt wird auch fehlender Fleiß, was – wenn überhaupt – allerdings nur eingeschränkt gelten kann. Denn Martin, die sofort 2013 in die damals von dem Wirtschaftsprofessor Bernd Lucke gegründete Partei eintrat, wird in Bälde ein Buch vorlegen mit dem Titel: „AfD. Wir müssen reden.“ Die nächste Aufregung bei der AfD ist somit vorprogrammiert.
Neun Monate liegt die Landtagswahl jetzt zurück. Innerhalb einer so kurzen Zeit verliert die Fraktion zwei Mitglieder. Geht diese Geschwindigkeit so weiter, hat die AfD bis Ende der Legislatur (fast) keine Abgeordneten mehr.
Die politische Arbeit der Parteien in den Parlamenten ist und bleibt der wesentliche Maßstab, eine Partei und ihre Arbeit zu beurteilen. Tue ich dies für BaWü, so fällt mein Urteil sehr ernüchternd bis katastrophal aus. Bis heute keine vernünftigen Vorschläge, um auch nur ein Problem eines/r einzigen Bürger*in des Landes zu lösen. Interne Machtkämpfe, Zwischenrufe und Beleidigungen im Landtag am laufenden Band, Rausschmiss eines Mitglieds, Untersuchungsausschuss zu Linksradikalismus im Land und so weiter und so weiter.
Liebe Leser*innen, die mit ihrer Stimme einen Protest ausdrücken wollten und AfD wählten (sicherlich hier auf seemoz sehr wenig vertreten). Ist das der Protest, den Sie wollten? Ist das die politische Arbeit einer Partei in einem Parlament, die Sie wollten?
Die Vernunft wird siegen. Und deshalb werde ich im kommenden Wahlkampf alles dafür unternehmen, den Menschen den wahren Charakter dieser Partei zu verdeutlichen. Sie bläst nur dicke Backen, beschäftigt sich nur mit sich selbst, verunglimpft politisch Andersdenkende und schmeisst mit Dreck gegen Interne, die genug haben.
Meine Vorhersage: Es werden weitere folgen und die AfD wird zu einer neuen Rechte dezimiert, deren wahrer Charakter für uns Anständige ein wahrscheinlich einfaches Spiel wird.
Wir werden nicht aufgeben, den Menschen über Euch die Wahrheit zu sagen.
Martin Schmeding
Singen
Ist der Spruch, wonach der „weitere gesellschaftliche, soziale und kulturelle Verfall Deutschlands“ zu beenden sei“, die längliche Konstanzer-AfD-Version von „make Germany great again“? Hört sich genau so an, allerdings ist Trump-Version wahlkampftauglicher. Vielleicht sollte die AfD also nochmal über die Bücher.