Aktivist*innen haben vor dem Rathaus gepflanzt

In der Nacht auf Samstag haben Klimaaktivist*innen symbolisch den Rathauseingang bepflanzt. In diesem Rahmen haben sie ein Banner mit der Aufschrift „Stadtwandel: aus grün wird grau“ gehisst. Die Aktivist*innen wollen damit auf die aus ihrer Sicht verfehlte Entwicklung des Brückenkopfs Nord aufmerksam machen.

Das Gelände am Brückenkopf war bis vor wenigen Wochen noch eine sogenannte Magerwiese. Sie galt als wichtiger Rückzugsort für Tierarten im städtischen Raum. Aktuell werden auf dem Gelände rund 130 provisorische Stellplätze errichtet. 2024 soll ein Parkhaus und somit rund 700 Stellplätze im Bereich des Bodenseeforums folgen. Im Gegenzug sollen in Altstadtnähe Parkplätze rückgebaut werden. Welche und wie viele Parkplätze dies betreffen könnte, ist allerdings noch nicht bekannt.

Das Projekt ist aus ökologischer Sicht durchaus kritisch zu betrachten. Innerstädtische Grünflächen gelten als besonders wertvoll. An heißen Sommertagen erhitzen diese weniger stark und kühlen so die Umgebung. Den Temperaturunterschied beziffert der deutsche Wetterdienst auf 9 Grad Celsius. Bei Starkregen können sie reichlich Wasser aufnehmen und verhindern so Überschwemmungen. Besonders wichtig ist außerdem ihre Funktion für die Tier- und Pflanzenwelt. Sie gelten als Rückzugsort und Futterquelle für zahlreiche Vögel und Insekten, welche in Innenstädten sonst nicht überleben können. Durch die Versiegelung der Fläche sind diese Funktionen nicht mehr gegeben.

Die Aktivist*innen kritisieren den Eingriff daher scharf und verbinden ihre Aktion mit konkreten Forderungen. Hauptforderung ist ein Stopp des Parkhausprojektes und möglichst die Renaturierung der betroffenen Flächen. Innenstadtnahe Parkplätze sollen künftig ersatzlos gestrichen werden. Nur so sei die Verkehrswende effektiv umsetzbar. Alles andere sei nur eine Verlagerung des Verkehrs. Stattdessen sollen die städtischen Busse kostenfrei werden. Die Aktivist*innen kritisieren, dass dem Auto so viel öffentlicher Raum zugestanden wird. Davon würde nur eine kleine Gruppe profitieren. Rentner*innen, Student*innen und Menschen mit geringem Einkommen könnten sich meist kein Auto leisten und seien daher grundsätzlich benachteiligt.

Die Stadt soll sich außerdem für den zweigleisigen Ausbau der Rheinbrücke stärker einsetzen. Dies gilt als Voraussetzung für einen 15 Minuten Takt des Seehas. „Es ist immer eine schwere Entscheidung, wenn es darum geht, Grünflächen zu versiegeln. Würde auf dem Gelände bezahlbarer Wohnraum entstehen, könnten wir die Entscheidung mit Bauchschmerzen mittragen. Aber die Fläche unwiederbringlich für Parkplätze zu opfern, das stößt uns ganz übel auf“, erklärt einer der Aktivisten. Die Aktivist*innen verweisen außerdem darauf, dass die Stadt Mitglied im Bündnis „Biologische Vielfalt in Kommunen” ist und fragen sich, inwiefern der Eingriff ausgeglichen werden soll.

Die Gruppe Fridays For Future Konstanz wusste vorab von der Aktion und unterstützt die Forderungen der Aktivist*innen.

„Die bestehenden Parkplätze am Bodenseeforum sind mehr als ausreichend. Selbst zu Spitzentagen wird momentan nur eine befriedigende Auslastung erreicht. Das sagen übrigens nicht wir, das steht in der Beschlussvorlage der Stadt. Es ist skandalös, dass diese ökologisch wertvolle Fläche zugunsten eines nicht benötigten Parkhauses zerstört wurde. Es scheint vielmehr, dass das neue Parkhaus ein neues Kapitel in Sachen Milliongrab Bodenseeforum aufschlägt“, erklärt Marcel Maier. Die Gruppe erklärt außerdem, dass das Projekt „autofreie Innenstadt“ nicht durch eine Verlagerung des PKW-Verkehrs erfolgen darf. Bestehende Parkplätze für Tagesgäste müssten demnach ersatzlos gekürzt werden. „Der Seehas ist eine tolle Möglichkeit, um aus dem Umland für einen Ausflug nach Konstanz zu kommen. Es ist absurd: Der Kreis subventioniert diesen Zug, und die Stadt schafft mit dem Parkhaus neue Konkurrenz.“

Fridays For Future verweist zudem auf die bereits relativ hohe Zahl an öffentlichen Parkplätzen. Demnach sieht das Landesrecht für Geschäfte mit einer Ladenfläche von über 700 qm einen Parkplätz pro 30 bis 50 qm Ladenfläche vor. Mit einem Stellplatz pro 35 qm Ladenfläche bewegt sich die Stadt am oberen Ende.

Nach Ansicht von Fridays For Future ist das Projekt ein weiterer Beweis dafür, dass die Stadt die eigene Klimaschutzstrategie schon längst wieder abgeschrieben habe. „Verfehlte politische Entscheidungen sehen wir nicht nur bei dem geplanten Parkhaus. Das zieht sich durch alle Bereiche: Auf dem Stephansplatz parken immer noch Autos, die Wärmewende stockt massiv, die Solaroffensive kommt kaum ins Rollen, und bei vielen Projekten wurde noch nicht einmal mit der Planung begonnen”, heißt es von den Klimaschützern weiter. „Aber so leicht machen wir es der Stadt bekanntlich nicht”, erklären sie mit einem Augenzwinkern.

Text: Fridays For Future/red, Bilder: Fridays For Future