Alle Menschen werden Brüder – dank neuer Schilder

Zum Unwillen mancher Anwohner und Flaneure im Herosépark setzt die Verwaltung dort auch weiterhin auf ein friedliches, rücksichtsvolles Miteinander von Radlern, Fußgängern und Vierbeinern statt auf eine Sperrung für den Radverkehr. Für spätere Jahre sind allerdings bauliche Verbes­serun­gen für den Radverkehr am Seerhein nicht ausgeschlossen. Das ergab die gestrige Sitzung des Technischen und Umweltausschusses.

Wie unfallträchtig die Durchfahrt durch den Herosépark denn nun wirklich ist, blieb unklar. Nach Angaben der Verwaltung sind aus diesem Areal keine schweren Unfälle bekannt. Anselm Venedey (FWK) hingegen berichtete, er habe schon ein Kind mit einem gebrochenen Arm dort aufgelesen und ins Krankenhaus verfrachtet, und die Bürgergemeinschaft Petershausen ließ sich im Vorfeld so vernehmen: „Sowohl ich als auch andere Benutzer haben sowohl einige Unfälle gesehen als auch ein Vielzahl von Beinahe-Unfällen bzw. gefährlichen Berührungen mit Vollbremsungen und Stürzen beobachtet. In allen Fällen entfernte sich der Fahrradfahrer schnellstmöglich, ohne sich zu melden, zu fragen oder sich zu entschuldigen, aber zumeist unter Ausstoßen von Beschimpfungen. Natürlich können der geschädigte Fußgänger, die Kinder usw. keine Anzeige erstatten, da der Radfahrer […] längst verschwunden und Polizei nicht in Sicht ist.“ Es gibt scheint’s eine neue Front: Petershauser gegen Radler im Park.

Vollsperrung

Als Lösung wurde vorgeschlagen, den Radverkehr 90 Meter weiter nördlich durch den Herosépark in die Hans-Sauerbruch-Straße zu leiten. Von dort könne er dann durch die Otto-Adam-Straße zurück auf die Uferpromenade geführt werden. Anselm Venedey beschrieb die Sperrung für Radler, die relativ einfach zu installieren sei: Da durch den Park ein kleiner Bach fließt, brauche man nur vorne nahe dem Toilettenhäuschen die Brücke über das Gewässer zu sperren, schon sei an jener Seite Ruhe, denn durch das Rinnsal werde wohl kaum jemand sein Fahrrad tragen. Dann müsse man nur noch den Zugang an der Bischofsvilla verbarrikadieren, schon sei man die Radler dort los (siehe Bild, das der Verwaltungsvorlage entnommen ist). Zwischen Bischofsvilla und Neuer Rheinbrücke seien die Radler aber weiterhin willkommen.

Die Verwaltung war im letzten Sommer beauftragt worden, die Situation zu prüfen und nach Lösungen zu suchen. Allerdings ist der Stein der Weisen noch nicht gefunden, es gibt gute Argumente gegen jede Lösung. Eine Verbreiterung des Weges scheidet allein aus Platzgründen aus. Gegen eine Sperrung für Radler spricht aus Verwaltungssicht (neben dem nachträglichen Verlust von Fördergeldern) mehreres: Die Sperren am Seeuferweg zwischen der Seestraße und der Therme hätten gezeigt, „dass selbst mit deutlichen Zufahrtshindernissen und einer Vielzahl von Schildern das Befahren durch Radfahrende nicht komplett zu unterbinden ist.“ Immerhin müssen solche Sperren ja für Rollstühle und Kinderwägen durchlässig bleiben, so dass es immer Schlupflöcher gibt.

Ein weiterer Nachteil dieser Variante sei, „dass die Zahl der Radfahrenden zunimmt, die entlang der Reichenaustraße auf dem linksseitigen Radweg entgegen der Fahrtrichtung fährt, weil das Queren der Reichenaustraße als zu großer Umweg empfunden wird.“ Dass der Radweg auf der richtigen (nördlichen) Seite der Reichenaustraße auch nicht zum Befahren einlädt, weil er über weite Strecken viel zu schmal ist, ließ die Veraltung lieber unerwähnt.

In der Debatte verwies Michael Fendrich (FDP) darauf, dass rund um das Münster das rücksichtsvolle und weitgehend konfliktfreie Miteinander zwischen Radlern und Fußgängern doch auch funktioniere, so dass er im Herosépark auch angesichts der geringen Unfallzahlen keinen Regelungsbedarf erkennen konnte.

Am Ende kam man zu dem Ergebnis, den Weg durch den Herosépark als Fußweg, der auch für RadfahrerInnen freigegeben ist, auszuschildern, um so die Rechte der FußgängerInnen zu stärken.

Kiesstreifen ohne Sinn

In der Debatte um den Herosépark kam auch die Lage weiter westlich zwischen Villa und neuer Rheinbrücke zur Sprache, denn an guten Tagen gibt es auch dort deutliche Konflikte zwischen Flaneuren und Velozipedisten. Allerdings gibt es sowohl zum Ufer als auch zu den Häusern hin je einen breiten Kiesstreifen. Ursprünglich waren diese Streifen für Fußgänger gedacht, aber die fühlen sich auf einem solchen Untergrund sichtlich nicht wohl. Deshalb werden diese beiden Streifen derzeit nicht genutzt – abgesehen von Vierbeinern, die dort herumtollen und hingebungsvoll in den Kies abbrunzen.

Nach Angaben von Martin Wichmann vom Amt für Stadtplanung und Umwelt ließe es der Bebauungsplan durchaus zu, einen dieser Kiesstreifen als Radweg zu planieren, um die Lage wenigstens in diesem westlichen Teil zu entspannen. Er sehe aber auch Probleme, weil auf einem solchen Weg (zu den Häusern hin) dann schneller geradelt werde, was wiederum die querenden Fußgänger in Gefahr bringe. Außerdem koste das alles einen sechsstelligen Betrag.

Bürgermeister Karl Langensteiner-Schönborn hatte an dieser Stelle einen seiner salomonischen Sowohl-als-auch-Auftritte, bei denen er sich im Profil in Sekundenschnelle in den schlagkräftigen Meisterdetektiv Nick Knatterton verwandelt: Er sieht eine Radtrasse auf dem bisherigen Kiesstreifen entlang der Häuser durchaus als eine gute Lösung an. Aber erst einmal wolle man es in diesem Sommer mit den neuen Schildern probieren, die die gegenseitige Rücksichtnahme propagierten, dann werde man die Erfahrungen auswerten und im nächsten Jahr weitersehen.

Alle Menschen

Im idyllischen Städtchen Hoi An in Zentralvietnam hingen vor vielen Jahren überall kleine Lautsprecher an den Straßen. Aus ihnen ertönte tagsüber unentwegt gedämpfte Musik. In der Tat, der Sound hatte die gewünschte Wirkung, denn in dieser verwunschenen Stadt, die seit einigen Jahrhunderten im Dornröschenschlaf liegt, herrschte die tiefenentspannteste Atmosphäre, die sich nur denken lässt. Musik im öffentlichen Raum wirkt eben einfach Wunder. (Nur einer war bereits nach einem Vormittag zwischen all den putzigen Tempelchen und gefälschten Adidas-T-Shirts der Tobsucht nahe – der Autor dieser Zeilen. Die Stadtverwaltung von Hoi An besaß nämlich leider nur eine einzige CD, die den ganzen Tag dudelte, und das war ausgerechnet „Greatest Melodies“ von Richard Clayderman.)

Vielleicht kann Konstanz ja aus den Erfahrungen der vietnamesischen Stadtpsychologen lernen und sie für uns Langnasen adaptieren: Ein paar Lautsprecher entlang des Weges im Herosépark, und auf dem Programm steht einzig der Schlusschor aus Beethovens IX. Sinfonie in Dauerschleife: „Alle Menschen werden Brüder“. Einen Versuch wär’s allemal wert.

O. Pugliese