Alle wollen das Beste für Flüchtlinge. Wirklich alle?
Der Widerstand der Ohnemichels formiert sich: Jetzt hat sich eine Interessengemeinschaft Zergle/Öhmdwiesen gegründet, die „Überlegungen zum Flüchtlingskonzept der Stadt Konstanz“ diskutieren will. In Wirklichkeit geht es den braven Bürgern aber darum, in ihrer privaten Beschaulichkeit nicht gestört zu werden.
Wenige Tage nach der Info-Veranstaltung der Stadtverwaltung am 9. Juni (seemoz berichtete) hat sich eine Interessengemeinschaft Zergle/Öhmdwiesen (IG) auf einer kurzfristig anberaumten Versammlung mit rund 90 Teilnehmern gegründet, „um die Interessen der Anwohner zu vertreten“. Längst nicht alle TeilnehmerInnen haben allerdings die Unterschriften-Liste unterzeichnet, die der Aufforderung an die Fraktionen des Konstanzer Gemeinderates beigefügt war, umgehend in einen Bürger-Dialog einzutreten.
Zur Ausgangslage: Um die Unterkunft von Flüchtlingen zu ermöglichen, plant die Stadt Konstanz derzeit eine Anschlussunterbringung von anerkannten Flüchtlingen im Zergle. Vorgesehen sind rund 20 Wohneinheiten für etwa 80 Personen in 2,5-Stockwerk-Bauweise. Die Realisierung dieses Vorhabens dürfte wohl noch zwei Jahre dauern. Dennoch fährt die IG schon jetzt ihre Geschütze auf, wobei sie geschickt vorgibt, auch im Interesse der Flüchtlinge zu argumentieren.
Geht es der IG nur um die Flüchtlinge?
So würde „eine Unterbringung von 80 Flüchtlingen in einem schon jetzt sehr verdichteten Umfeld dem Integrationsanspruch und den Flüchtlingen nicht gerecht“. Ein „Konfliktpotential“ wird herbeigeredet, durch das die „ geleistete Aufbauarbeit zur Verbesserung der Situation“ im Brennpunktgebiet Berchen/Öhmdwiesen „konterkariert“ werden könnte, so die IG-Autoren.
Stattdessen schlagen sie das „Leverkusener Modell“ vor, wonach Flüchtlinge auf „mehrere kleinere Einheiten“ verteilt werden. Allerdings – so eine Anmerkung des Autors, der längere Zeit in Leverkusen zubrachte – ist die Wohnraum-Situation dort mit der in Konstanz nicht vergleichbar: Dort gibt es keine Nachverdichtung, keine einengenden Altstadt-Gassen, aber immer noch genügend Freiflächen und Siedlungsmöglichkeiten auch jenseits der Stadtgrenze.
Kein Platz für Drohungen
Und zum Schluss wird gedroht, indem man geschickt Bürgermeister Osner vorschiebt und schreibt: „Herr Dr. Osner selbst hat die Integrationskraft von Konstanz gelobt, aber auch angemerkt: ‚Die Welle der Solidarität kann schnell wieder abebben. Es können Konfliktsituationen auftreten’“.
So oder so: Ein steter Bürger-Dialog in Singen, in Konstanz und auch Engen – überall dort zeigen sich erste Widerstands-Reaktionen gegen die Flüchtlings-Unterbringung – ist dringend angesagt. Nur sollte dann ehrlich diskutiert werden, sollte der Eigennutz offen bekannt und auf Drohungen verzichtet werden. Die kommen aus der rechten Ecke schon genug…[modal id=“19250″ style=button color=default size=default][/modal]
hpk
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