Alles wieder auf Anfang bei der jüdischen Gemeinde

In der jüdischen Gemeinde gibt es neuen Streit, Vorstandsmitglieder sind zurückgetreten. Damit bricht der jahrelange Zwist innerhalb der jüdischen Gemeinde in Konstanz neu auf. Die Fusion der beiden Lager, der osteuropäisch Orthodoxen und der liberalen westlichen Juden, ist gescheitert, sagt Minia Joneck. Was das für den Neubau der Konstanzer Synagoge in der Sigismundstraße bedeutet, ist noch ungewiss.

Der Bau der Synagoge in der Sigismundstraße soll etwa 2,8 Millionen Euro kosten. Die Israelitische Religionsgemeinschaft Baden (IRG) will für das Projekt 1,8 Millionen Euro aufbringen. Diese Gelder kommen über den Staatsvertrag mit dem Land Baden-Württemberg und zum Teil auch aus Kirchensteuermitteln. Zudem gewährt die IRG einen Kredit über 845 000 Euro und auch die Stadt Konstanz beteiligt sich mit 115 000 Euro an der Finanzierung. Außerdem stellt die Stadt das Grundstück, das mit einem Wert von 615 000 Euro beziffert wird, gratis zur Verfügung; erst in den letzten Tagen hatte die Stadt die Baugenehmigung erteilt. Ob dieser Stand der Dinge – am 20.4. so von seemoz vermeldet – durch die neuerlichen Streitigkeiten wieder infrage steht, muss abgewartet werden.

Eine Empore nur für Frauen

Denn gerade die Ausgestaltung der Synagoge ist einer der Streitpunkte zwischen den zwei bisherigen jüdischen Gemeinden. Dazu ein kleiner Rückblick: Auf Initiative des Oberrats der Israelitischen Religionsgemeinschaft Baden (IRG Baden) wurde 2005 neben der Israelitischen Kultusgemeinde eine zweite örtliche Gemeinde für Juden in der Region, die Jüdische Gemeinde Konstanz (JGK), gegründet. Diese sah sich der liberaleren Tradition des früheren deutschen Judentums verpflichtet.

Die Israelitische Kultusgemeinde Konstanz orientiert sich dagegen an der orthodoxen Tradition des osteuropäischen Judentums. So konnten Frauen und Männer in der Jüdischen Gemeinde während des Gottesdienstes in gemischter Sitzordnung Platz nehmen, während in der Israelitischen Kultusgemeinde Konstanz die Frauen hinter den Männern – getrennt durch einen Vorhang – sitzen. Für den Neubau ist dann auch eine Empore nur für Frauen vorgesehen. Und diese „verfassungsrechtlich bedenkliche Trennung von Frauen und Männern“ sollte beim Synagogen-Neubau zementiert werden.

JGK-Vorstand tritt zurück

2011 beschloss die IRG Baden, beide bestehenden Gemeinden zu fusionieren; wichtige Voraussetzung für die Unterstützung bei der Finanzierung des Neubaus. Die meisten Mitglieder der Jüdischen Gemeinde Konstanz wünschten jedoch, weiterhin selbständig zu bleiben. Bei der am 6. Mai 2012 vom Oberrat der IRG Baden durchgeführten Wahl des Vorstands einer neuen Fusionsgemeinde Konstanz unterlag die Liste der zahlenmäßig kleineren JGK. Im fünfköpfigen Vorstand der Fusionsgemeinde war mit Minia Joneck nur ein JGK-Mitglied vertreten – die lehnte dann die Wahl auch ab.

Am 17. Mai 2012 trat der Vorstand der Jüdischen Gemeinde Konstanz, Minia Joneck, Ruth Frenk, Dr. Lena Kugler und Jevgen Polonskiy, dann geschlossen zurück. Begründung ist auch, dass über einen Widerspruch der liberalen Gemeinde gegen die Fusion und die Neuwahlen vom Schiedsgericht des Zentralrates bislang nicht entschieden wurde. Das heißt: Die liberale jüdische Gemeinde in Konstanz gibt es faktisch nicht mehr: Der Vorstand ist nicht mehr im Amt, die Mitglieder ziehen sich offensichtlich enttäuscht zurück.

Und das heißt auch: Die jüdischen Traditionalisten um die Gebrüder Nissenbaum haben sich erneut durchgesetzt. Schon ist wieder von Beleidigungen die Rede, wieder wird mit Schadenersatzforderungen und Rechtsanwälten gedroht, wieder der Gang vor Gericht nicht ausgeschlossen. Ein Zusammenschluss der gläubigen Juden in Konstanz scheint auf Dauer gescheitert.

Die JGK-Gebetsräume in der Oberen Laube 48 in Konstanz wurden zwischenzeitlich von der Fusionsgemeinde Konstanz – Vorsitzende: Peter Stiefel und Gabriel Albilia – übernommen.

Autor: hpk

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