Amtsplattheiten

Seit einigen Monaten gibt es das Amtsblatt der Stadt Konstanz, das alle 14 Tage in großer Auflage erscheint. Eigentlich eine gute Idee, denn so werden die BürgerInnen über kommunalpolitische Vorgänge informiert – auch auf der städtischen Seite ist das Amtsblatt online abrufbar. Doch bei manchen Texten fragt man sich dann doch, auf welchem Planeten die Verfasser leben.

Grundsätzlich missfällt vielen LeserInnen, dass das Blatt mit dem „Konstanzer Anzeiger“ stadtweit verteilt wird und mühsam zwischen Werbemüll heraus gekramt werden muss. Nicht wenige entsorgen diesen umgehend im Paket und somit landet auch das Amtsblatt oft ungelesen im Abfall. Besser wäre, das Amtsblatt separat zu verteilen, aber man scheut die dadurch sehr viel höheren Kosten.

Den einzelnen Fraktionen wird – peinlich-kleinlich abgestuft nach der Anzahl ihrer Sitze im Rat – Platz eingeräumt, um sich über Angelegenheiten zu äußern, von denen sie annehmen, dass sie für die Stadtgesellschaft von Interesse sind. Doch bisweilen mag man kaum glauben, was da zu lesen ist und manches grenzt an fast schon behandlungsbedürftige Realitätsverweigerung.

Im Amtsblatt vom 4. April widmete sich beispielsweise die CDU in ihrem Fraktionsbeitrag dem Bodenseeforum und ließ dazu die LeserInnen wissen: „Mit dem neuen Bodenseeforum konnte die hiesige Touristikwirtschaft schon in kurzer Zeit spürbare Impulse setzen: Sie wirken sich im Transportgewerbe, in den Übernachtungszahlen, in Gastronomie und Einzelhandel aus, lassen sich auch schon in wachsenden Besucherzahlen unserer vielseitigen Kulturszene ablesen.“

Wie die CDU angesichts des bekanntermaßen finanziell auf dem Zahnfleisch daherkommenden Eurograbes zu einer derartigen Einschätzung kommt, bleibt ihr Geheimnis. Warum wohl, könnte man die Konservativen unter anderem fragen, haben sie ihre neue CDU-Generalsekretärin Kramp- Karrenbauer neulich ins Konzil geladen und nicht ins Bodenseeforum. Dass sich die Konstanzer CDU in ihrem Text auch für den Bau neuer Hotels ausspricht, wird BoFo-Geschäftsführer Lohmar gern gelesen haben. Denn angeblich, so der umtriebige Schotte erst kürzlich im Rat, fehle es in Konstanz an Hotelbetten, was dazu geführt habe, dass dem BoFo eine angeblich lukrative Belegung über 35 Tage (!) entgangen sei. Der Beleg für diese Behauptung lässt immer noch auf sich warten.

Für ähnlich euphorische Anwandlungen, es geht um das Gelände Büdingen, steht Ewald Weisschedel, Urgestein der Freien Wähler und offensichtlich gewillt, seine Amtszeit als Stadtrat erneut zu verlängern. Investor Buffs Pläne überzog er im Amtsblatt mit Goldstaub und jubilierte: „Der Investor schafft über 100 Arbeitsplätze“ und „durch das Vorhaben bekommt die Stadt eine neue Attraktion (…) endlich wieder Zugang zum Park und ein attraktives Café“. Was Weisschedel, im Hauptberuf lange Zeit angesehener Arzt, zu dieser Lobhudelei veranlasst, ist rätselhaft. Spötter behaupten, er dürfe wahrscheinlich nach Fertigstellung des Buffschen Gesundheitshotels als medizinischer Berater mitwirken beim Versuch der Gäste, sich mit aller Gewalt und unter Einsatz von viel Kohle gegen Faltenbildung, Lendenschwäche und Fettleibigkeit zu wehren. Weiß man’s?

Terminhinweis: Im Mai 2019 wird ein neuer Gemeinderat gewählt.

H. Reile