Arm trotz Arbeit? Das darf nicht sein!

Sie kamen aus Reutlingen und Radolfzell, aus Konstanz und Allensbach, die warnstreikenden Beschäftigten im Einzelhandel. Neben besserer Bezahlung forderten sie allgemein verbindliche Tarifverträge und eine Bagatellgrenze beim grenzüberschreitenden Einkauf.

Betriebsräte, Personalräte und Gewerkschaftssekretäre wandten sich an die rund 100 Demonstranten auf der Konstanzer Marktstätte. „Gegen mickrige Tariferhöhungen“ protestierten die Streikenden zwei Stunden lang, bevor sie sich auf einen Demonstrationszug zu Edeka-Baur am Bodanplatz machten – auch dieser Betrieb zahlt Löhne unter Tarif.

Der Warnstreik am letzten Freitag – betroffen waren unter anderem Zara im Lago und Kaufland in Radolfzell – sollte Dampf machen für die fünfte Runde der Tarifverhandlungen, die heute in Korntal-Münchingen stattfinden. Noch liegen die Forderungen der Gewerkschaft ver.di und der Arbeitgeber weit auseinander: Die Arbeitgeber bieten bisher Erhöhungen der Löhne, Gehälter und Ausbildungsvergütungen um 1,5 Prozent für 2017 und 1,0 Prozent für 2018 an. Zudem sollen pro Jahr 150 € als Einmalzahlungen gezahlt werden.

ver.di fordert für die rund 490 000 Einzel- und Versandhandelsbeschäftigten im Land:
► Erhöhung der Löhne und Gehälter um sechs Prozent
► Anhebung der Ausbildungsvergütungen um monatlich 100 €
► Tarifliches Mindesteinkommen von 1900 €
► Laufzeit: 12 Monate.

Seit dem 1. April warten die Beschäftigten im baden-württembergischen Einzelhandel auf eine Gehaltserhöhung. Ihre Losung am Freitag: „Die Konzernherren schwimmen im Geld – wir ersaufen in Arbeit“. Und: „Arm trotz Arbeit? Das darf nicht sein!“ Dazu sollte man wissen, dass der Durchschnittsverdienst im Einzelhandel bei 1861 Euro liegt – nur Spitzenkräfte mit langer Dienstzeit liegen über 2000 Euro im Monat. Wohlgemerkt: Die meisten Beschäftigten arbeiten nur in Teilzeit und werden unter Tarif bezahlt – ihr tatsächliches Einkommen also ist deutlich niedriger.

hpk