Auch Schulleiter können sich entschuldigen
Und Oberstudiendirektoren können noch etwas dazu lernen. Zum Beispiel Peter Beckmann, Rektor des Konstanzer Ellenrieder-Gymnasiums. So schreibt er als Antwort auf ein Protestschreiben: „Wenn ich in Sorge um einen geordneten Veranstaltungsablauf gegen die geltenden Pressegesetze verstoßen haben sollte, bedaure ich dies“. Somit immerhin ein Bedauern für den Rausschmiss zweier seemoz-Redakteure von einer Schulveranstaltung im Februar. Was allerdings den Eklat nicht ungeschehen macht.
Wer sich übrigens über die damalige Diskussionsveranstaltung, über die seemoz nicht berichten durfte, und über die das Heimatblatt nur unzureichend informierte, ein verlässliches Bild machen will, dem sei die Ellenrieder-Homepage (www.meg.schulen.konstanz.de/EG/) empfohlen. Da hat die Ellenrieder-Schülerin Miriam Warning – mit einiger Verspätung zwar – einen fairen, ausgewogenen Bericht über die Diskussionsrunde veröffentlicht. Offensichtlich beginnt auch im Ellenrieder ein Umdenken in Sachen: Bildungspartnerschaft mit einem Rüstungskonzern.
Rektor Beckmann jedoch bedient sich in seiner Antwort auf den Gewerkschaftsprotest erneut zumindest strittiger Argumente. So bezeichnet er eine Protestaktion der Partei „Die Linke“ gegen die Bildungspartnerschaft Ellenrieder-EADS im Oktober 2010, an der die beiden Redakteure teilnahmen, als „rechtlich nicht zulässig“. Erstaunlich nur, dass dann gegen diese Aktion niemand niemals rechtliche Schritte unternommen hat. Auch die Mär vom Hausverbot wird wieder aufgewärmt: „Ebenfalls im Oktober 2010 habe ich Herrn Koch wegen unberechtigten Betreten(s) des Schulgeländes Hausverbot erteilt“. Richtig ist, dass wir uns nach einem freundlichen Gespräch friedfertig getrennt haben – ein schriftliches Hausverbot wurde nie erteilt.
Offensichtlich hat das Regierungspräsidium Freiburg den Schulleiter zu einer schriftlichen Reaktion gedrängt. Das nämlich war von der Konstanzer Stadtverwaltung informiert worden. Pressesprecher Dr. Rügert hatte damals seemoz gegenüber darauf hingewiesen, dass die Schulaufsicht nicht bei der Stadt, sondern beim Regierungspräsidium liege, zuständigkeitshalber sei das dann auch von der Stadt unterrichtet worden. Trotzdem ist die Sache für Oberstudiendirektor Peter Beckmann noch nicht ausgestanden. Denn beim Kultusministerium in Stuttgart ist noch eine aktuelle Dienstaufsichtsbeschwerde (ersatzweise ein Disziplinarverfahren) anhängig.
Und unbeantwortet ist weiterhin die Frage nach der Verantwortung der Stadtverwaltung Konstanz. Denn mit Holger Reile wurde im Februar ja nicht nur ein Pressevertreter des Saales verwiesen, sondern auch ein Stadtrat als Mitglied des Schulträgers. Welche Sanktionen muss Rektor Beckmann aus dieser Richtung noch erwarten?
Doch uns Journalisten sollte die Läuterung ausreichen. Immerhin bekennt Beckmann in seinem Schreiben an die Gewerkschaft dju (Deutsche Journalistinnen und Journalisten-Union in der Gewerkschaft ver.di) auch: „Im Nachhinein muss ich einräumen, dass sich der Ausschluss der beiden Pressevertreter unter Umständen als übermäßige Einschränkung der Pressefreiheit darstellt, was nicht die Intention der getroffenen Maßnahme war“. Aber in der Wirkung, lieber Herr Beckmann, war sie das schon: Die Berichterstattung durch ein kritisches Medium wurde von Ihnen verhindert. Aber ihre Schüler haben auch etwas gelernt – undemokratisches Verhalten zahlt sich bei ausreichender Gegenwehr nicht aus.
Also belassen wir seemozer es bei der Entschuldigung, denn Peter Beckmann beendet sein Schreiben: „Wenn ich….gegen die geltenden Pressegesetze verstoßen habe, bedauere ich dies“. Was seemoz jedoch nicht davon abhalten wird, auch zukünftig über hinterfragenswürdige Partnerschaften zwischen der Rüstungsindustrie und manchen Bildungseinrichtungen kritisch zu berichten…
Autor: hpk
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