Auflösung: Wer wars? (16)
Am vergangenen Freitag fragten wir nach der US-amerikanischen Frauenrechtlerin und Publizistin Victoria Woodhull (1838–1927). Sie war die erste Frau in der Geschichte der Vereinigten Staaten von Amerika, die sich um das Präsidentenamt bewarb (die zweite Frau – und erste Afroamerikanerin – war 1972 die Demokratin Shirley Chisholm). Aus der Unterschicht stammend, hatte Woodhull sich nie in das Korsett bürgerlicher Konventionen zwängen lassen. Ihr Lebensmotto lautete: Nicht darüber klagen, was man alles nicht darf, sondern alles ausschöpfen, was man kann.
1871 vertrat sie vor dem Rechtsausschuss des US-Kongresses eine Petition zum allgemeinen Frauenwahlrecht: Die US-Verfassung unterschied beim Wahlrecht sprachlich nämlich nicht zwischen Mann und Frau, und in Wyoming ließ man Frauen zudem bereits wählen. Die Petition wurde abgelehnt, aber immerhin erlebte sie es noch, dass Frauen 1920 das Wahlrecht bekamen.
In ihrem Präsidentschaftswahlkampf 1872 stritt Woodhull unter anderem für die Rechte von Frauen, Prostituierten und nationalen Minderheiten, für die Abschaffung der Todesstrafe, bessere Arbeitsbedingungen und ein Erziehungssystem, das Mann und Frau zu einer echten Partnerschaft befähigte. Hatte sie als Brokerin noch als Kuriosum gegolten, blies ihr auf der Politbühne ein scharfer Wind entgegen, sodass sie am Tag der Präsidentschaftswahl im November 1872 wegen „Verbreitung obszöner Inhalte“ im Gefängnis saß. Wie viele damals für sie stimmten, wurde nie ermittelt, da sie das für dieses Amt verlangte Mindestalter von 35 Jahren noch nicht erreicht hatte.
Ein schönes Buch über diese ungewöhnliche Frau stammt aus der Feder der Politikwissenschaftlerin und Journalistin Antje Schrupp: „Vote for Victoria! Das wilde Leben von Amerikas erster Präsidentschaftskandidatin Victoria Woodhull (1838–1927)“, Ulrike Helmer Verlag, 2016.
brm