Aus der Traum vom Fernsehen aus dem Gemeinderat
Post aus Stuttgart: Diesmal schrieb Innenminister Reinhold Gall an die SPD-Fraktion im Konstanzer Gemeinderat. Live-Übertragungen im Internet können nach Ansicht des Ministers ein Beitrag zur „größeren Transparenz von Entscheidungen der Gemeinden“ sein. Doch ob damit der SPD-Traum vom livestream aus dem Rathaus wirklich Wirklichkeit wird, steht weiter in den Sternen. Denn noch mauern CDU und Datenschutzbeauftragte. Und daran will der Minister nichts ändern.
Die baden-württembergische Landesregierung plant derzeit nicht, gesetzliche Regelungen für Live-Übertragungen aus Gemeinderatssitzungen zu treffen. Dies schrieb Innenminister Reinhold Gall (SPD) an die SPD-Fraktion im Konstanzer Gemeinderat. Live-Übertragungen im Internet könnten nach Ansicht des Ministers ein Beitrag zur „größeren Transparenz von Entscheidungen der Gemeinden“ sein. Er freue sich darüber, dass die Stadt Konstanz das Ziel der Landesregierung, die „Mitwirkung und Teilhabe der Menschen an der Gestaltung unseres Landes“ unterstütze. SPD-Stadtrat Jürgen Leipold hatte das Innenministerium jedoch um die Klärung von Rechtsfragen bei Live-Streams der Ratssitzungen gebeten – die blieb offensichtlich aus.
Gall räumt ein, dass die Auflagen und Rahmenbedingungen, die der Datenschutzbeauftragte des Landes auch gegenüber der Stadt Konstanz genannt hat, eine Übertragung der Sitzung aufwändig machen. Sie schließen die Übertragung jedoch nicht aus: „Grundsätzlich ist ein Live-Streaming aus Gemeinderatssitzungen auch nach den aktuellen Bestimmungen möglich,“ schreibt der Minister.
Der Minister betont, dass Städte und Gemeinden im Rahmen der kommunalen Selbstverwaltung selbst entscheiden, wie sie die Ziele: Mehr Transparenz und Bürgerbeteiligung erreichen wollen. Da derzeit erst wenige Kommunen Erfahrungen mit Live-Übertragungen haben, wolle das Innenministerium zum jetzigen Zeitpunkt noch keine gesetzliche Regelung treffen. Was der Minister damit nur andeutet: Sobald sich einzelne Mitglieder des Gemeinderats querstellen und auf ihre Persönlichkeitsrechte pochen – in Konstanz konkret einige CDU-Stadträte – und solange der Landes-Datenschutzbeauftragte seine Bedenken pflegt, scheint der Traum vom Fernsehen aus dem Gemeinderat ausgeträumt.
Doch es gibt Alternativen: Der Minister deutet an, dass in der Startphase eine Beschränkung der Übertragungen auf ausgewählte, wichtige Themen hilfreich sein und für zusätzliche Akzeptanz sorgen kann. Außerdem gebe es weitere Möglichkeiten, für mehr Transparenz der Gemeinderäte zu sorgen. So starte die Stadt Karlsruhe demnächst mit einem Live-Ticker aus den Sitzungen; Stuttgart zeichne wichtige Reden auf und stelle sie auf ihrer Internet-Plattform zur Verfügung. Keineswegs selbstverständlich sei es zudem, wenn Sitzungsvorlagen und Protokolle wie in Konstanz über das Internet-Angebot der Stadt allen Bürgern zugänglich gemacht werden.
Allerdings kennt der Minister die Konstanzer Gepflogenheiten nicht. Tatsächlich relevante Vorlagen, wie zum Beispiel zum Verkehrskonzept für die Chérisy in der letzten TUA-Sitzung, werden von der Verwaltung tunlichst zurückgehalten: In diesem Fall wartet die interessierte Öffentlichkeit bis auf den heutigen Tag auf aussagekräftige Unterlagen.
Jürgen Leipold zieht dennoch ein positives Fazit: Die Konstanzer Initiative habe auf Landesebene für Bewegung gesorgt. Und er schiebt gleich noch ein Lob hinterher: Dazu habe das Engagement der Stadtverwaltung beigetragen, die das Thema in den Rechts- und Verfassungsausschuss des baden-württembergischen Städtetags eingebracht habe. „Ich rechne fest damit, dass unsere Verwaltung am Ball bleibt und weitere kreative Vorschläge für eine bessere Information der Bürger macht“, sagt Leipold.
Live-Übertragungen im Internet aus dem Konstanzer Rathaus, gemeinhin livestream genannt, allerdings wird es trotz aller Schönrederei, das scheint jetzt klar, so schnell nicht geben.
Autor: PM/hpk