Bahnanbindung aus dem Süden an die Landeshauptstadt
Mitte April haben Vertreter von Städten, Gemeinden, Verbänden, Kantonen und Landkreisen ein gemeinsames Schreiben an MinisterInnen und Abgeordnete des Bundes und Landes geschickt, in dem sie sich für die Gäubahn einsetzen. Unterzeichner des Schreibens sind neben Konstanz auch die Städte Böblingen, Engen, Kreuzlingen, Oberndorf, Rottenburg am Neckar, Rottweil, Schaffhausen, Singen, Tuttlingen und Villingen-Schwenningen, die Gemeinden Bondorf, Eutingen im Gäu, Gottmadingen, Reichenau und Schopfloch, die Landkreise Konstanz und Rottweil, die Regionalverbände Hochrhein-Bodensee, Region Nordschwarzwald und Schwarzwald-Baar-Heuberg sowie die Kantone Schaffhausen, Thurgau und Zürich.
Hier das Schreiben im Wortlaut:
„Eine der größten Herausforderungen unserer Zeit ist die Reduzierung der Emissionen aus dem Verkehr, um den Klimawandel zu bremsen. Das Land Baden-Württemberg möchte erreichen, dass bis 2030 ein Fünftel weniger Kfz in Stadt und Land verkehren und sich der öffentliche Verkehr verdoppelt. Dem steht konträr entgegen, dass die Bahnanbindung aus Süden an die Landeshauptstadt Stuttgart für mindestens sieben Jahre mit einem zusätzlichen Zwangsumstieg 10 km vor der Stadt unterbrochen werden soll!
Die Gäubahn bietet bisher rund 1,4 Mio. EinwohnerInnen der südlichen Landesteile eine direkte stündliche Anbindung an die Landeshauptstadt. Ab 2025 sollen aber keine Gäubahn-Züge über die Panoramabahn (Vaihingen bis Hauptbahnhof) fahren, und erst 2032 soll der neue 11,5 km lange Pfaffensteigtunnel in Betrieb gehen. Es muss aber auch damit gerechnet werden, dass der Bau des Pfaffensteigtunnels länger dauert als angegeben. Wir können nicht hinnehmen, dass Bahnreisende über eine so lange Zeit faktisch abgehängt werden.
Ein Umstieg in Vaihingen oder an einem neuen Haltepunkt Nordhalt auf die S-Bahn bedeutet eine unnötige Belastung für die betroffenen Fahrgäste aus den Regionen Nordschwarzwald, Schwarzwald-Baar-Heuberg, Hochrhein-Bodensee und den angrenzenden Schweizer Kantonen. Insbesondere sind lange Wartezeiten zu erwarten, wenn bei der Rückkehr in den Süden Fernverkehrszüge verspätet in Stuttgart ankommen und deswegen in Vaihingen oder am Nordhalt der Anschlusszug nicht erreicht wird.
Die Gäubahn, die ohnehin aufgrund überwiegender Eingleisigkeit gegenüber der Autobahn benachteiligt ist, verliert damit zusätzlich an Attraktivität. Ergebnis wird sein, dass heutige Bahnnutzer künftig wieder das Auto nutzen – das Gegenteil dessen, was die Politik eigentlich möchte.
Damit aber auch nach 2025 möglichst viele Menschen für die Wege nach Stuttgart oder für längere Fahrten vom Auto auf die Bahn umsteigen, muss auch während der Bauzeit des Tunnels die stündliche, umstiegsfreie Anbindung der Gäubahn an den Stuttgarter Hauptbahnhof gewährleistet werden. In diesem Zusammenhang begrüßen wir auch ausdrücklich den unter Vorsitz von Guido Wolf MdL getroffenen Beschluss der Mitglieder des Interessenverbandes Gäu-Neckar-Bodensee-Bahn (IV GNBB), die Ergebnisse des „Faktenchecks“ vom November 2022 durch eine externe gutachterliche Bewertung zu untersuchen.
Ein Rechtsgutachten aus dem Jahr 2020 hat die Betriebspflicht der DB Netz für die Panoramabahn bejaht. Sie muss daher die Betriebsfähigkeit der Panoramabahn auch über das Jahr 2025 hinaus aufrechterhalten. Ein Betreiber von Eisenbahnanlagen ist gemäß § 11 des Allgemeinen Eisenbahngesetzes (AEG) zum Betrieb seiner Eisenbahninfrastruktur verpflichtet. Die DB Netz AG erhält von den Bahnbetreibern nicht unerhebliche Trassenentgelte, die für die Unterhaltung, Instandhaltung und Sanierung dieser Strecke zu verwenden sind. Ist eine mehr als geringfügige Verringerung der Kapazität einer Strecke geplant, muss dies gemäß § 11 AEG beim Eisenbahnbundesamt (EBA) beantragt werden – was allerdings nicht geschehen ist.
Eine Stilllegung des Betriebs auf der Panoramastrecke würde voraussetzen, dass hierfür gleichwertiger Ersatz zur Verfügung steht, d.h. wäre erst dann möglich, wenn die Strecke über den Pfaffensteigtunnel zur Verfügung steht. Das EBA muss daher die DB Netz wegen unzureichender Problembewältigung zur Durchführung eines Stilllegungs-Verfahrens nach § 11 AEG auffordern.
Sehr geehrte Damen und Herren,
wie oben dargestellt, ist es – um die Ziele des Klimaschutzes im Verkehr erreichen zu können – dringend erforderlich, dass die Menschen aus dem Süden des Landes Baden-Württemberg bis zur Fertigstellung des Pfaffensteigtunnels weiterhin die Möglichkeit haben, die Landeshauptstadt ohne Umstieg zu erreichen.
Wir bitten Sie dringend, alle Ihnen zur Verfügung stehenden Möglichkeiten zu nutzen, dass das EBA die DB AG auffordert, für die Panoramabahn ein Stilllegungsverfahren zu beantragen, und danach die bisherige Planfeststellung korrigiert.
Das EBA unterliegt der Aufsicht und den Weisungen des Bundesministeriums für Digitales und Verkehr (BMDV) und ist unter anderem verpflichtet, den Zugang zum Eisenbahnnetz sicherzustellen.
Wir bitten Sie dringend, alle Ihnen zur Verfügung stehenden Möglichkeiten zu nutzen, dass das BMDV und die Regierung des Landes Baden-Württemberg die verkehrliche Anbindung der Landeshauptstadt über die Panoramabahn gewährleisten.
Die Stadt Stuttgart hat bereits vor vielen Jahren die Flächen des Gleisvorfelds im Hauptbahnhof von der Bahn zum Zwecke des Wohnungsbaus erworben. Bis allerdings die technische Bahninfrastruktur des Gleisfeldes zurückgebaut ist und die Flächen bebaut werden können, werden auch nach 2025 noch viele Jahre vergehen. Es muss daher auch im Sinne der Stadt Stuttgart sein, dass – solange auf dem Areal des Hauptbahnhofs keine Wohnungen erstellt werden können – insbesondere Pendlerinnen und Pendlern eine umsteigefreie Bahnanbindung in die Landeshauptstadt ermöglicht wird.
Bitte helfen Sie mit, dass im Südwesten Deutschlands die Mobilität der Bevölkerung mit der Bahn nicht noch unattraktiver wird und einen Umstieg vom Auto auf die Bahn erschwert!“
Text: MM/red, Bild: Winfried Kropp
+++Aktuell+++
Die Deutsche Umwelthilfe will zur Not gegen die Kappung der Gäubahn klagen!
Hier der link zur PM
https://www.duh.de/presse/pressemitteilungen/pressemitteilung/deutsche-umwelthilfe-geht-gerichtlich-gegen-die-geplante-kappung-der-gaeubahn-und-damit-weiter-teil/