Barrierefreie Bushaltestellen im Schneckentempo

Wer die Tagesordnungspunkte für den Technischen und Umweltausschuss Mitte Juni überflog, dem huschte wohl erstmal ein zufriedenes Lächeln über das Gesicht. Na also, geht doch! Aber beim weiteren Lesen der Vorlage kam dann immer weniger Freude auf, denn das wohlgemeinte Vorhaben, die Konstanzer Bushaltestellen barrierefrei zu gestalten, hat einen fetten Haken, vor allem, was den dazugehörigen Zeitplan angeht. Aber der Reihe nach.

In ihrem ÖPNV-Netz betreibt Konstanz 211 Bushaltestellen, derzeit sind aktuell 65 „weitgehend barrierefrei ausgebaut“, verrät die Vorlage, also rund 30 Prozent. Doch die Standards für den jeweiligen Ausbau seien „noch unterschiedlich“. Will heißen: Zwar habe man die bereits ausgebauten Haltestellen „meistens schon mit einem höhergelegten Sonderbord versehen, jedoch fehlen noch vereinzelt Leiteinrichtungen für sehbehinderte Menschen oder die vorhandenen Anzeigen sind nicht barrierefrei“.

Verbleiben also noch 146 Haltestellen, bei denen von Barrierefreiheit rein gar nicht die Rede sein kann. Aber die Verwaltung will hurtig Abhilfe schaffen, und zwar so: Für die noch ausstehenden Umbauten stünden dem Tiefbauamt jährlich 150.000 Euro zur Verfügung, wurde den wissbegierigen Ausschussmitgliedern erklärt.

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Klingt nach einem Sack voll Geld in Zeiten immer knapper werdenden Kassen, aber das Resultat liest sich im Endeffekt dann doch eher dürftig: „Gemäß den aktuellen Kosten für solche Umbaumaßnahmen können damit ca. 3 Bushaltestellen umgebaut werden“. Aber auch nur „höchstens“, wie auf Anfrage etwas kleinlaut erklärt wurde, „denn aufgrund der aktuellen Personal- und Finanzressourcen“ sei mehr nicht machbar.

Potzblitz, dachten sich die RatsherrInnen und umgehend hub das große Rechnen an. Frau und Mann steckten ihre ehrenamtlich-rauchenden Köpfe zusammen. Insgesamt 146 Haltestellen, drei pro Jahr … die Spannung erreichte ihren Höhepunkt, bis eine grüne Rätin, hauptberuflich Lehrerin, stolz verkündete: „Also sind in etwa 48 Jahren alle Bushaltestellen in Konstanz barrierefrei“.

Gut Ding, das wissen wir, will eben auch in Konstanz Weile haben.

Text: H. Reile (Bild: O. Pugliese, Juni 2020)