Beispiel Waldorf: Über den lockeren Umgang mit Steuergeldern

20130916-173428.jpgStellen Sie sich vor, Sie wollen ein Vereinsheim (oder einen Kindergarten oder eine Sporthalle) bauen, für die Sie Fördermittel der Stadt Konstanz in sechsstelliger Höhe zugesagt bekommen haben. Stellen Sie sich weiter vor, Sie verkrachen sich mit dem Architekten und kriegen das Projekt auch sonst nicht auf die Reihe. Brächten Sie die Unverfrorenheit auf, bei aller eigener Unfähigkeit die Stadt um weitere sechsstellige Zuschüsse aus Steuergeldern anzugehen?

Dazu müssen Sie Waldorf heißen. In bürgerlichen Kreisen, zu denen mittlerweile auch große Teile der Grünen-Fraktion im Konstanzer Gemeinderat zählen, hat die vermeintlich alternative Waldorfpädagogik trotz aller esoterischen Einschläge einen untadeligen Ruf. Da heißt es dann: Nicht mosern, da muss man „fortschrittlich“ bleiben, da ist fast alles erlaubt. Auch Subventionen trotz erwiesener Misswirtschaft.

Zur Vorgeschichte: Am 24.11.2011 wurde auf Antrag des Vereins zu Förderung der Waldorfpädagogik Konstanz e.V. vom Gemeinderat ein Investitionskostenzuschuss von 287.200 € zur Erweiterung des Waldorfkindergartens um eine Kleinkindgruppe beschlossen. Schon damals gab es Widerstand gegen diesen Gefälligkeitszuschuss von zumindest den beiden Stadträten Anselm Venedey (Freie Wähler) und Holger Reile (LLK).

Termine verstrichen ungenutzt

In ihrer Vorlage zur nächsten Gemeinderatssitzung am kommenden Donnerstag berichtet die Verwaltung weiter: „Zwischen Verwaltung und Verein war vereinbart, dass die zusätzlichen Kleinkindplätze zum 1.9.2012 in Betrieb genommen werden sollten. Nachdem bis Juni 2012 keinerlei Baufortschritt festzustellen war, wurden der Verein und der Architekt von der Verwaltung zu Gesprächen geladen. Auf der Basis der Projektplanung wurde die Fertigstellung des Anbaus auf Dezember 2012 vereinbart.“ Zwar wurde zwischen August bis Oktober 2012 das Fundament für den Anbau erstellt, danach kam es dann aber erneut zum Baustillstand. Auf nochmalige Nachfragen der Verwaltung hieß es beim Verein, Werkpläne und Ausschreibungen stünden kurz vor der Fertigstellung. Nix da: Ende Januar musste der Verein zugeben, dass die mehrfach verschobene Fertigstellung auch zum letztlich zugesagten Termin am 31.8. 2013 nicht möglich sei.

Stattdessen aber die Forderung nach einer neuerlichen Finanzspritze von 122 700 Euro – mit dem bereits gewährten Zuschuss beliefe sich dann der Beitrag der Stadt auf 409 900 Euro. Offensichtlich lässt sich gegenwärtig auch mit dem waghalsigsten Versprechen neuer Krippenplätze allzeit Geld aus dem Stadtsäckel loseisen – auf Kosten anderer Projekte. Denn immerhin, so die Stadtverwaltung in ihrer Vorlage für den Gemeinderat, erfolge die Deckung „durch Einsparungen bei nicht realisierten Projekten“ der Stadt.

Waldorfs wundersame Mittelvermehrung

Doch ganz geheuer ist diese wundersame Mittelvermehrung selbst den Waldorf-Parteigängern in Gemeinderat und Verwaltung nicht. Denn schon im Frühsommer sollte der Zuschuss zum Zuschuss klammheimlich in nicht öffentlicher Sitzung durchgewunken werden. Nur dem Einspruch von Venedey und Reile war es damals zu danken, dass am kommenden Donnerstag jetzt wenigstens öffentlich über dieses Subventionsdebakel beraten wird.

Allerdings ist kaum damit zu rechnen, dass solcher Art von Subventionsmissbrauch noch rechtzeitig ein Riegel vorgeschoben wird. Denn schon der Jugendhilfeausschuss/Sozialausschuss hat mit zehn Ja-Stimmen bei nur zwei Enthaltungen in seiner Vorberatung dem Gemeinderat empfohlen, dem Zuschuss zum Zuschuss zuzustimmen. Den Kritikern bleibt dann nur die Rolle als einsame Warner in der Subventionswüste.

Autor: hpk