Betriebsrat Benz: „Keine Schockstarre bei Nycomed-Takeda“
Altana, Nycomed, Takeda – die Leuchtschrift in der Byk-Gulden-Straße wird wieder mal erneuert. Spätestens ab Oktober wird man sich in Konstanz an den neuen Firmennamen gewöhnen müssen. Ob weitere Änderungen – bei Standorten oder Arbeitsplätzen – ins Haus stehen, wollten wir von Rolf Benz wissen. Der Konstanzer Betriebsratschef, auch Vorsitzender des noch bestehenden Konzernbetriebsrats, gibt sich optimistisch.
Immer noch unsichere Zeiten für die Nycomed-Beschäftigten. Kollege Benz, wir schreiben den 6. September: Die Übernahme durch Takeda sollte schon realisiert sein…
Mittlerweile nennt man Ende September als Termin für die endgültige Übernahme. Noch also stehen Entscheidungen aus, noch sind wir handlungsunfähig. Und das gilt für das Management in Konstanz wie für die Arbeitnehmer-Vertretung in Betriebsrat und Gewerkschaft.
Dennoch: Die Kartellbehörden haben der Übernahme zugestimmt, die EU-Aufsicht hat keine Bedenken mehr. Woran also hakt es noch?
Das so genannte „Closing“ ist noch nicht beendet. Damit bezeichnen die Geschäftsführungen von Takeda und Nycomed die Bereinigungsphase ihrer jeweiligen Management-Strukturen. Und da hat sich immerhin einiges getan: So verlässt der bisherige Nycomed-Boss Hakan Björklund das Unternehmen. Auf einen Nachfolger warten wir noch. Auch andere Umbesetzungen im Management zeigen uns, dass hinter den Kulissen fleißig an neuen Strukturen gezimmert wird.
Und über die Zukunft der anderen Arbeitsplätze darf weiter spekuliert werden?
Leider wahr: Noch liegt kein Konzept vor; mit ersten Informationen rechnen wir Anfang Oktober, mit dann womöglich notwendigen Maßnahmen nicht vor Ende des Jahres. Sicher ist: Nicht alle Neustruktuierungen werden auf einen Schlag umgesetzt – das Thema bleibt uns wohl oder übel bis Mitte nächsten Jahres erhalten.
„Personal-Überlappungen“ gibt es im Vertrieb – Takeda unterhält in Aachen eine eigene Organisation -, aber auch in der Forschung und im Außendienst…
Am meisten Sorge bereitet uns derzeit der Außendienst. Die über das ganze Bundesgebiet verteilten Mitarbeiter sind außerordentlich schwer zu organisieren – mit deren Vertretung haben wir Betriebsräte arge Probleme. Die Gefahr besteht, dass die 300 Nycomed-Außendienstler gegen die 350 Takeda-Beschäftigten aus Aachen aufgerechnet werden. Aber auch die Kolleginnen und Kollegen in der Forschung sehen einer ungewissen Zukunft entgegen: Takeda verfügt über weltweite Forschungseinrichtungen – wo es da zu Einsparungen kommen wird, ist noch gänzlich unklar. Immerhin beobachten wir derzeit keine „Fluchtbewegungen“ unter den Beschäftigten; die Fluktuation scheint normal. Und das gilt für alle Standorte in Deutschland.
Aber Betriebsräte und Gewerkschaft sind auf alles vorbereitet?
Wir haben die vergangenen Monate genutzt, um alle Szenarien durch zu spielen – von der Standort-Schließung bis zum punktuellen Arbeitsplatz-Abbau. Ich kann sagen: Wir werden in keine Schockstarre verfallen, was auch immer geschehen wird; wir sind vorbereitet. Und das gilt für die betriebliche Gegenwehr bis zum öffentlichen Protest; wir werden Manager wie Politiker in die Pflicht nehmen; wir werden nicht still halten.
Autor: hpk
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Es lohnt sich, sich über den Begriff „leverage buyout“ einige Kenntnisse anzulesen. Dann verwundert es nicht so sehr, wenn die anstrengungslos zu Wohlstand gekommene Schmarotzerschicht in den Chefetagen die Leuchtreklamen der Firmen in Stroboskope verwandeln.