Bibel und Koran statt Pfefferspray und Wasserwerfer
Von den baden-württembergischen Polizeibehörden ist man ja einiges gewohnt, wie nicht nur Gegner von Stuttgart 21 regelmäßig zu berichten wissen. Dass aber in einigen Dienststellen Bibeln verteilt werden sollten, ist neu. Gar nicht lustig findet das die „Humanistische Alternative Bodensee“ (HABO), deren Sprecher Dennis Riehle sich zur Eingabe einer Petition entschieden hat, in der er fordert, religiöse Werbung in Polizeidienststellen zu unterlassen
Gegen Ende 2014 traute Jürgen Sterk, ein Beamter der Kriminalpolizei Friedrichshafen, seinen Augen kaum: An seiner Dienststelle war vorgesehen, Bibeln zu verteilen. So sie Ankündigung an die Mitarbeiter für den 19. November. Die Dienststellenleitung hatte offenbar eine Anfrage des „Gideonbundes“, einer evangelikalen Missionstruppe, genehmigt, wonach im Eingangsbereich eine Aktion zur Werbung für den christlichen Glauben vorgesehen war. „Für weitere Standorte im Zuständigkeitsbereich des Polizeipräsidiums Konstanz“, so Riehle in seiner Pressemitteilung, „war demnach die Verteilung geplant“. Sterk intervenierte bei seinen Vorgesetzten und protestierte auch beim Innenministerium. Daraufhin verschwand der Hinweis auf die geplante Verteilaktion, aber bereits einige Wochen später tauchte auf der Startseite des Intranets ein Werbebanner für das Neue Testament auf.
Verstoß gegen Neutralität
Riehle und Sterk verfassten daraufhin eine Petition an den Landtag, wonach „alle Behörden, Einrichtungen und Dienststellen des Landes mit staatlichem und öffentlichem Charakter und Bezug zur Einhaltung weltanschaulicher und religiöser Neutralität verpflichtet“ werden. „Das Recht auf Glaubensfreiheit“, so die Petenten, müsse auch im öffentlichen Dienst, „nachhaltig gesichert werden, was bedeutet, dass eine Form der religiösen Werbung und Einflussnahme für eine bestimmte Form der Weltanschauung (….) als unzulässig erklärt werden muss und nicht mit der deutschen Verfassung in Einklang zu bringen ist“.
Sterk und Riehle wollen auch wissen, ob schon andere Glaubensgemeinschaften ähnlich tätig waren und wer „im Falle einer Genehmigung solch einer Verteilaktion die Inhalte der ausgegebenen Materialien“ prüfe. Denn immerhin sei beispielsweise in den besagten Bibeln am Ende eine Verpflichtungserklärung abgedruckt, in der der neue Besitzer der Glaubensschrift nach Eintragung seines Namens aufgefordert wird, Jesus Christus als seinen Retter anzuerkennen.
Eine ähnliche Aktion starteten die Gesundbeter vom Gideonbund bereits an einigen Schulen. Mehrmals verteilten sie dort Bibeln, die mit einer Bekenntnis-Einforderung versehen waren. Auf der letzten Seite der Gideon-Gratis-Gabe stand über zwei Freifeldern für „Name“ und „Datum“ zu lesen: „Ich bekenne, dass ich ein Sünder bin und glaube, dass der Herr Jesus Christus für meine Sünden am Kreuz gestorben und zu meiner Rechtfertigung auferstanden ist. Ich nehme ihn jetzt an und bekenne ihn als meinen persönlichen Erretter“.
Polizei denkt um
Korbinian Buxeneder, Koordinator der Stuttgarter Deeskalationsgruppe „Polizei ohne Gewalt“ (PoG), kann an der Aktion von Gideon nichts Schlechtes finden. „Wir müssen neue Wege gehen gerade im Zeitalter der Glaubenskriege“, erklärte er auf seemoz-Anfrage. „Lieber verteile ich bei kritischen Demonstrationen Bibeln, als dass ich meinen Schlagstock oder das Pfefferspray einsetze.“. Er will sogar noch weiter gehen und denkt auch an die Verteilung des Korans: „Aufmüpfigen Muselmanen und aggressiven Dschihadisten kommen wir so am Besten bei, das haben einige Laborversuche eindeutig bewiesen“.[modal id=“19250″ style=button color=default size=default][/modal]
Autor: H. Reile