Bildungshungriger Neonazi an der Uni Konstanz
Gestern morgen tauchten an der Universität Flublätter und Fotografien auf, die einen dort studierenden Neonazi outeten. Die Initiative „linksunten“ zeichnet für die Aktion verantwortlich und fordert die Uni auf, „sich zu diesen Fakten zu verhalten“. Unklar bleibt, was damit gemeint ist. Hier der Flugblatt-Text im Wortlaut.
Kay Hanke ist ein militanter Neonazi aus der Region Konstanz. Er studiert Kulturwissenschaft der Antike an der Uni Konstanz und wird oft in der Waldsiedlung Reichenau gesehen.
Zumindest an der Uni ist er kaum als Faschist erkennbar. Dort verhält er sich unauffällig und trägt keine einschlägige Kleidung. Tatsächlich ist der NPD-Kader Kay Hanke in der Neonazi-Szene jedoch fest verwurzelt und gut vernetzt.
Er ist oft mit Tim Belz aus Markdorf unterwegs, NPD-Kandidat bei Bundes- und Landtagswahlen. Beide waren Mitglied beim mittlerweile aufgelösten „Freikorps Villingen-Bodensee“ und lieferten sich Anfang des Jahres eine Schlägerei mit migrantischen Jugendlichen am Singener Hauptbahnhof.
Kay Hanke nahm unter anderem regelmäßig an den Pegida- und Nazi-Aufmärschen sowie -aktionen in Villingen-Schwenningen, Donaueschingen, Stuttgart und Basel teil. Er war Teilnehmer an der NPD-Demonstration am 28.02.15 sowie an der „Merkel muss weg“-Kundgebung am 07.05.16, jeweils in Singen. Zuletzt hat er den „Nachmittagsspaziergang gegen die Asylpolitik“ in Tuttlingen am 12.06.16 mitorganisiert, wo er auch eine Rede hielt.
Der lokale Pegida-Ableger aus Villingen wurde selbst der offiziellen Führungsspitze zu offen faschistisch, weshalb er sich mittlerweile „Nein zum Heim“ nennt. Im Orgakreis dieser Gruppe wie in Kay Hankes Freundeskreis ist auch Ralph Kästner aus St. Georgen, der Anfang des Jahres als Administrator des Neonazi-Hetzportals „Altermedia“ wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung in Untersuchungshaft genommen wurde.
Bei der Pegida-Kundgebung am 14.06.15 in Villingen waren Kay Hanke und Tim Belz an einer Nazi-Provokation gegenüber antifaschistischen Gegendemonstrant*innen beteiligt – Seite an Seite mit dem Rechtsterroristen Karl-Heinz Statzberger, der wegen eines geplanten Sprengstoffattentats auf den Neubau der Synagoge München verurteilt wurde.
Wir fordern die Universität Konstanz und alle Studierenden dazu auf, sich zu diesen Fakten zu verhalten. Die Uni Konstanz ist kein Ort für Faschisten. Zeigt Eure Ablehnung dieses faschistischen Gedankenguts auch im persönlichen Umgang: Widersprecht faschistischen, rassistischen oder sexistischen Äußerungen in jedem einzelnen Fall!
Kein Fußbreit für Faschisten, weder an der Uni KN noch anderswo!
Faschismus ist keine Meinung, sondern ein Verbrechen!
Weitere Informationen: https://linksunten.indymedia.org/de/node/199043
Kommentar (hr). Wen wundert es, dass auch Rechtsradikale studieren? Es ist ihr gutes Recht und eventuell weitet die internationale Bildungssstätte mit ihren bunten Einflüssen sogar die braunen Hirnlappen. Es wäre dem rechtsextremen Gesellen zu wünschen. Das Outing von Kay Hanke kann man grundsätzlich begrüßen, denn der NPD-Mann pflegt überregionale Kontakte mit Gesinnungsgenossen. So muss er sich nicht wundern, wenn er ins öffentliche Fadenkreuz gerät und fortan unter Beobachtung steht, auch an der Universität. Weiteren Handlungsspielraum, gegen ihn vorzugehen, gibt es derzeit nicht.
So gesehen ist auch die Forderung „Kein Fußbreit für Faschisten, weder an der Uni KN noch anderswo!“ zwar löblich, geht aber mit ihren antifaschistischen Ritualisierungsformeln weit an den Realitäten vorbei. Erleben wir doch täglich, dass rassistische Menschenverachtung, wie sie überzeugten Nationalsozialisten wie Hanke und Konsorten zu eigen ist, mehr und mehr die öffentlichen Räume besetzt. Dagegen helfen Verbotsstrategien schon lange nicht mehr, bewirken sie doch meist das Gegenteil. Die Antwort auf die fortschreitende Faschisierung unserer Gesellschaft kann nur heißen: Setzen wir uns, so schwer es bisweilen auch sein mag, argumentativ mit dem braunen Ungeist auseinander. Alles andere wäre der sichere Weg in die Sackgasse.
@christian schmidt:
das ist es.
am ende eines jeden „breiten wegs“ der kontrolle von gesinnung steht immer das MINTRUTH (ministry of truth, „1984“).
selbstredend ist die gesinnung, die es da zu verteidigen gilt, immer die richtige.
nochmal: eine welt ohne exklusivistische, identitäre ideologien wäre vielleicht eine bessere, nur:
wie können wir da hin kommen?
indem wir uns unterwegs den „bösen“ bis zur ununterscheidbarkeit angleichen?
wenn man tucholsky nicht nur als steinbruch für kämpferische parolen benutzen will:
ist es nicht genau dieses dilemma, das durchscheint im refrain:
„KÜSST die faschisten, wo ihr sie trefft?“(hervorhebung durch mich)
PS: von frau merkel mag man halten, was man will(die wenigsten, die bei „seemoz“ vorbeischauen, werden ihr vielbelächeltes, aber immer noch demokratisches kreuzchen für sie gemacht haben). aber wenn unter anderem die öffentliche bekundung der meinung „merkel muss weg“ als begründung herhalten soll, jemanden zum rechten paria zu stigmatisieren, dann darf man auch da mal drüber nachdenken.
Wenn ich den Menschen toleriere, dann heißt das nicht, dass ich gleichzeitig auch sein Verhalten bejahe. Seine Würde ist gemäß Art. 1 unseres Grundgesetzes jedoch unantastbar, daran sollte man sich als Demokrat auch halten, selbst wenn man eine bestimmte Ideologie aus einem guten Grund ablehnt. Ein Mensch ist nämlich mehr als das, was seine politische Gesinnung aus ihm formt. Er ist zunächst ein Wesen wie jeder von uns, er kommt nicht mit Hass auf diese Welt. Darum kann Intoleranz nicht seine Person, lediglich seine Persönlichkeit treffen. Um das zu erklären, bräuchte es nun aber einen Philosophie-Grundkurs.
Mit dem Respekt vor dem Leben eines Menschen anerkenne ich nicht sein Handeln, wenn es gegen unsere Verfassung gerichtet scheint, wenn es vor allem auch die Grenzen von Art. 4 GG überschreitet. „Die Gedanken sind frei“, leider auch die, die wir nicht mit unseren Werten vereinbaren. Das „weltanschauliche Bekenntnis“, wie es der genannte Artikel formuliert, bleibt nämlich unverletzlich. Denn die Integrität eines Jeden lässt uns auf die Freiheit des Gewissens zum Bedauern all jener, die mit Leidenschaft für Menschlichkeit eintreten, keinerlei Einfluss nehmen. Das ist der kaum zu ertragende Spagat unserer Demokratie. Wir können überzeugen. Und wir können reagieren und – besser noch – präventiv agieren, wenn aus Fantasie eine gefährliche Realität zu werden droht. Die dorthin investierte Kraft ist sinnvoller eingesetzt als in „Outings“.
Ich erinnere aktuell an Scholz & Friends, Hamburg und Ihre unselige Kampagne gegen Hendrik Broder und Trichys Einblicke.
Wehret den Anfängen.
Die Antifaschisten bedienen sich exakt der faschistischen Methoden des letzten Jahrhunderts.
Faschisten verdienen Toleranz, aber nicht ihre Weltanschauung?
Und wie, Dennis Riehle, willst Du den Träger einer Weltanschauung von der Weltanschauung an sich trennen? Er ist es doch, der sie für richtig hält, sie weiterdenkt, aus ihr am Ende ein politisches Handeln ableitet. Und dieses reicht bei Faschisten und Rassisten eben bis zum Anzünden von Flüchtlingsheimen. Gut, wenn sie zuvor auf solch niedrigschwelliger Ebene bekämpft werden. Denn auf den Staat ist hierbei kein Verlass, wie die Verstrickungen in den NSU oder ganz aktuell die Beteiligung von Polizisten an der „Gruppe Freital“ zeigen.
Gerade deswegen braucht es solche Outings, auch weil Kay Hanke auch nirgendwo unter seinem Namen auftrat. Mitstudenten, denen seine politische Meinung und sein Auftreten vielleicht ein wenig komisch weil rassistisch vorkam, konnten sich (bis jetzt) nicht einfach mal so informieren, wie Du es darstellst, um Gewissheit zu haben, mit wem sie sich da einlassen. Daher war das Outing gut, denn jeder soll immer noch selbst entscheiden, mit wem er sich umgeben will. Da gibt es keine Privatsache, zumindest wenn es um das Politische geht – weil das die ganze Gesellschaft betrifft. Weil Faschisten sozial zu isolieren ein wirksames Mittel der Bekämpfung selbiger und somit des Faschismus ist – und Wegsehen, Christoph Linge, immer noch die „deutscheste“ aller Tugenden ist, um in diesem Diskurs zu bleiben.
Unsere Waffen seien, dass wir bilden, argumentieren, überzeugen könnten. Dann stelle Dich doch mal hin, beim nächsten Naziaufmarsch in der Region und versuch sie zu überzeugen. Hoffentlich kommen die Nazi nicht die Idee, durch körperliche Gewalt Dich zu überzeugen, kommt bekanntlich häufiger mal vor. Aber dann kannst Du Dich immerhin ja damit trösten, tolerant gegenüber Faschisten gewesen zu sein.
Jeder Mensch verdient Toleranz – auch Faschisten. Aber nicht ihre Weltanschauung!
Jetzt dürfen Leute, die eine andere Meinung als wir haben, sogar an der Uni studieren. Als Studierende. Wo leben wir eigentlich? Wozu sind wir durch die Institutionen maschiert und haben die linke Weltrevolution mit Hilfe von korrektem Sprechen über Minderheiten und Frauen erfolgreich abgeschlossen? Wozu haben wir erste und dritte Welt, vereint und die faschistischen Nationalstaaten und die Keimzelle des Faschismus, die Familie, erfolgreich aufgelöst? War denn alles umsonst? Der Schoß ist fruchtbar noch . . . Wo kommt jemand wie dieser Nazi-Hanke überhaupt her? Aus einer Nazi-Familie? Nazi-Schule? Nazi-Erziehung? Kopfschütteln. Und schüttele meine Faust gen Himmel,und rufe Marx und Mao an: helft uns!
„Kein Fussbreit für Faschist*innen“…..klingt gut, nur: wie?
Sollte man den „Radikalenerlass“ wiederbeleben? Nur andersrum?
Oder woll`n wir unsre gute alte Stasi wiederhaben?
Oder sollen alle alle 2 Jahre zum TÜV — zum Gesinnungstest?
Mit „Antifaschistischen Ritualisierungsformeln“(hr) setzt man an zum finalen Sturm auf den Führerbunker an –nur:
wo fängt`s an und wo hört`s auf mit dem „Kein Fussbreit“?
Soll sich demnächst der Bäcker oder Metzger „zu den Fakten verhalten“?
Natürlich wäre ein Welt ohne Nazis wünschenswert und vielleicht sogar eine bessere.
Aber meint man tatsächlich, dass man durch den Rückgriff auf doch sehr deutsche „Tugenden“ dahin kommen kann?
Zu diesem Thema empfehle ich Hanns Dieter Hüsch ’s „Das Phänomen“
https://www.youtube.com/watch?v=jkGfAzhc9LA
Jeder Mensch verdient Toleranz, außer Faschisten !
Tatsächlich ist diese Art von einem „Outing“ umstritten. Zunächst hat jeder bei uns das Recht, bei entsprechender Qualifikation auch zu studieren. Seine politische Meinung spielt dabei vorrangig glücklicherweise keine Rolle. Ansonsten würden wir uns zu einem Staat machen, der diktiert, was an seinen Einrichtungen zu denken wäre. Und genau das wollen wir nicht – besonders dann nicht, wenn unser Gegenüber vielleicht insgeheim exakt dieses Ziel verfolgt. Freiheit ist oftmals ein Widerspruch, gleichzeitig auch anspruchsvoll, daher nicht für jeden geeignet – wie sich an der Uni derzeit auf der einen, wie auf der anderen Seite zeigt.
Jemanden mit seinen Ansichten zu konfrontieren, das ist legitim. Ob es in der heutigen Zeit allerdings vertretbar sein kann, jemanden an den Pranger zu stellen, möchte ich dennoch bezweifeln. Wir sind nicht mehr im Mittelalter, allerhöchstens im digitalen. Denn was uns dort präsentiert wird, ist wahrlich kein Vorbild für die Realität. Begeben wir uns nicht nur auf ethisch fragwürdige, sondern eben gerade jene Methoden, die wir als Demokraten eigentlich vorleben und nicht imitieren sollten. Dass jemand seine Gesinnung an diversen Stellen öffentlich zeigt, ist das Eine. Dass wir aber daraus einen Hetzaufruf formulieren, der dies verfolgend reißerisch fokussiert und dokumentiert, ist das Andere. Jeder kann sich heute ein eigenes Bild von denjenigen machen, die fragwürdige Ideologien verbreiten. Dafür braucht es keine Pamphlete, die zugespitzt darauf hinweisen und Menschen – ja, auch Rechtsextreme gehören weiterhin zu dieser Gattung – zu Freiwild erklären.
Welches Ziel mit den Aktionen verfolgt werden sollte, das bleibt mir verborgen. Personen können wir nicht von den Hochschulen verbannen, solange sie nicht offenkundig gegen Regeln verstoßen, die das Leben an der Universität betreffen – und eben vorrangig dieses. Privatsache bleibt solange Privatsache, bis sie den Frieden offenkundig stört. Im Augenblick macht das allerdings vorrangig der Aufruf der „Antifa“. Der Umstand, dass wir gewisse Zustände auch ertragen (gleichsam aber nicht ohne Widerspruch stehen lassen) müssen, mag schwierig zu ertragen sein – wie Vieles in einem Rechtsstaat. Dafür haben wir aber die Mittel, die möglicherweise manch Entglittenem eher unbekannt sind: Wir können bilden, wir können argumentieren, wir können überzeugen. Das sind unsere Waffen, nicht solche „Outings“.