„Bloß keinen Lagerwahlkampf“

Hätte eine Mitte-Links-Koalition eine Chance? Könnten SPD und Linke und Grüne gemeinsam regieren? Vor allem: Wollten sie das auch? Über Perspektiven und Risiken einer solchen Koalition diskutierte die LINKE am Mittwochabend.

Gut 20 Mitglieder und InteressentInnen debattierten leidenschaftlich über Reformperspektiven und Risiken einer Mitte-Links-Koalition nach der bevorstehenden Bundestagswahl. Der Kreisverband der LINKEN griff damit den aktuellen Hype um Martin Schulz und das rasante Anwachsen der Umfragewerte der SPD auf. Denn auch rechnerisch scheint ein solches Bündnis nun wieder möglich.

„Regieren ist kein Selbstzweck.“, erklärte Bodo Ramelow mal seiner Partei und fügte hinzu: „Nicht regieren ist auch kein Selbstzweck.“ Kreisrat Marco Radojevic schloss mit diesem Appell seine Impulsrede, in der er darlegte, warum sich die LINKE einer Regierungsbeteiligung nicht grundsätzlich entziehen dürfe. Den Antagonisten gab an diesem Abend Kreissprecher Jürgen Geiger, der die Forderung nach weniger Koalitionsromantik und einem stärkeren Fokus auf die Entfaltung einer sozialen Gegenmacht in den Raum warf.

„So ganz ohne soziale Bewegungen geht es ja auch nicht“, stimmte ihm eine Teilnehmerin zu. Besonders die wirkmächtigen Streiks der GdL im Tarifkonflikt mit der Bahn waren allen noch in Erinnerung. Der jüngste Aufschwung rechter Bewegungen wie Pegida zeige jedoch, dass die kulturelle Hegemonie derzeit nicht auf Seiten der politischen Linken liege.

Im Zentrum stand am Mittwochabend aber vor allem die Glaubwürdigkeit. „Wenn sich die LINKE in Machtstreitereien verstrickt, ist sie nicht mehr meine Partei“, erklärte ein Anwesender. Einig waren sich die Teilnehmer darüber, dass SPD und Grüne unter Rot-Grün die Hoffnungen vieler Menschen mit Kriegseinsätzen und dem Rückbau des Sozialstaates massiv enttäuscht haben. Auch LLK-Stadträtin Anke Schwede berichtete von eher ernüchternden Erfahrungen mit den beiden Parteien im Gemeinderat.

Hoffnungsvoll zeigten sich besonders die jüngeren Anwesenden. Eine Regierungsbeteiligung bedeute mitnichten, dass jeder linke Politiker mit der Vereidigung korrupt werde, warf einer ein. Im Gegenteil, fügte ein Neumitglied hinzu, man müsse auch zeigen, dass man es mit der Veränderung ernst meine. Außerdem biete eine Mitte-Links-Koalition die Möglichkeit, den Bürgerlichen die gesellschaftliche Diskursmacht streitig zu machen.

Einigkeit herrschte darin, dass ein Lagerwahlkampf die falsche Strategie für die LINKE sei. Martin Schulz rücke derzeit zwar die soziale Frage wieder in den Fokus, er und seine Partei hätten sich aber in der Vergangenheit nicht gerade als Verteidiger der Ausgebeuteten verdient gemacht. Der Bundestagskandidat der LINKEN, Simon Pschorr, betonte, ihn interessiere die Frage nach einer Regierungsbeteiligung erst nach der Wahl und auch nur dann, wenn sie tatsächlich mit Gestaltungsmöglichkeiten für linke Politik verbunden sei.

Daniel Schröder