Bodenseeforum: Das Millionenspiel
Durchgeboxt als „Jahrhundertchance“, vorerst geendet als Millionengrab: Das Bodenseeforum in Konstanz zeigt exemplarisch, wie Kommunen an Großprojekten scheitern können. Erneut widmet sich das Stuttgarter Wochenmagazin Kontext einem Thema, das in Konstanz längst zum leidvollen Dauerbrenner geworden ist. Unser Autor vermutet, die finanzielle Katastrophe am Seerhein könne sogar die Wiederwahl von CDU-Oberbürgermeister Uli Burchardt ernsthaft in Frage stellen.
Wenn Uli Burchardt (CDU) eines Tages mal nicht mehr Oberbürgermeister von Konstanz am Bodensee ist, könnte man sich ihn auch gut auf der Bühne einer Fuck-Up-Night vorstellen. Das sind diese gerade überall sehr beliebten Abende, an denen Menschen auf einer Bühne möglichst lustig über ihr Scheitern reden. Burchardt hätte da eine gute Geschichte parat. Sie geht in Kurzform so: Eine Stadt wünscht sich seit Jahrzehnten ein Veranstaltungshaus. Der OB sieht plötzlich eine Chance dafür und setzt alles auf eine Karte. Der Plan geht schief. Das Sehnsuchtsziel wird zum Millionengrab. Vorerst.
Tatsächlich ist das einstmals als „Jahrhundertchance“ beworbene Projekt „Bodenseeforum“ seit der Eröffnung im Herbst 2016 böse abgestürzt. 20 Millionen Euro hat die Stadt in den Kauf und Umbau einer ehemaligen Fabrikhalle investiert, vier Geschäftsführer haben es in zwei Jahren nicht geschafft, das groß angekündigte Kongress- und Tagungsgeschäft ins Laufen zu bringen. Die Einnahmen blieben zu gering, die Kosten galoppierten davon. Aktuell hat das Haus ein jährliches Defizit von rund 2,5 Millionen Euro. Der Blick in die Zukunft ist nicht wesentlich rosiger: Insider gehen davon aus, dass man auch in den kommenden Jahren mit einem Minus zwischen 2 und 2,5 Millionen Euro rechnen muss. Pro Jahr. Erste Reaktion darauf: Ende Dezember wurde mit Jochen Lohmar der vierte Geschäftsführer des Hauses gefeuert.
Von Verkauf bis Neuausrichtung – alles ist jetzt möglich
Schon die Vorgeschichte des Bodenseeforum war schwierig, nach der Eröffnung wurde es eher noch komplizierter: Ständige Wechsel im Personal, unzufriedene Gäste, ausbleibende Nachfrage. Und so hat, knapp zweieinhalb Jahre nach der Eröffnung, die Debatte über die Zukunft des Hauses begonnen. Sämtliche Szenarien von Verkauf bis Neuausrichtung sind inzwischen möglich. Für die Stadt und vor allem für Oberbürgermeister Uli Burchardt entwickelt sich das Veranstaltungs- und Kongresshaus zunehmend zum Desaster. Ein Großteil der Bevölkerung hat sich von dem Projekt abgewendet, auch in der Politik schwindet der Rückhalt. Selbst aus bürgerlichen Kreisen hört man inzwischen Sätze wie diesen: „Man hätte das Haus zum 1. Januar dicht machen sollen, um nicht weiter Geld zu verbrennen“, sagt Anselm Venedey, Stadtrat der Freien Wähler. Das Haus habe keines der Versprechen gehalten, die im Vorfeld gemacht wurden.
Da ist was dran. Weder wurde das Bodenseeforum ein Haus für alle Konstanzer, noch brachte es Konzerte und Kulturveranstaltungen in die Stadt, die es hier vorher nicht gab und das ganze Tagungsgeschäft kam ohnehin nie in Fahrt. Das aufregendste, was bislang in dem Haus mit Seerhein-Blick stattfand, war der Landesparteitag der Grünen im vergangenen Oktober. Wirtschaftlich gesehen ist die Bilanz vernichtend: Statt der in der Planung bereits für 2018 vorhergesagten Gewinne, wird das Finanzloch Jahr um Jahr größer. Das macht diese Geschichte auch zum Beispiel dafür, wie Politik sich Millionenprojekte schön rechnet, wenn sie durchgepeitscht werden sollen.
Es gab vor dem Start keine richtige Idee und keine Marktanalyse
Die Stadt selbst hat in einer knapp 30-seitigen Aufarbeitung des Falls mehrere Gründe für die Entwicklung ausgemacht: Die unglücklichen Personalentscheidungen, die explodierenden Kosten sowie ein früherer Berater, dem man zu lange vertraut habe. Das ist aber nur ein Teil der Wahrheit. Dazu kommen auch handwerkliche Fehler (von kleinen wie der Tatsache, dass Nacht-, Wochenend- und Feiertagszuschläge für Mitarbeiter vergessen wurden, zu großen wie dem Schrumpfen des Ausstattungsbudgets, um höhere Baukosten decken zu können) mangelndes Fingerspitzengefühl (der OB ließ zu, dass auch seine Ex-Frau über Monate ohne Ausschreibung als Beraterin engagiert wurde) und insgesamt eine fehlende Idee dazu, was man mit dem Haus eigentlich will. „Wir haben nicht gefragt, welches Konzept wir für unsere Stadt brauchen und wir haben keine belastbare Marktanalyse vor Baubeginn durchgeführt“, fasst Winfried Kropp, Fraktionsreferent der SPD im Gemeinderat, die entscheidenden Versäumnisse in der Projektplanung zusammen.
Die Frage ist: Wie konnte das passieren? Weshalb wird so ein millionenschweres Projekt nicht sorgfältiger geplant? Liest man den Bericht der Stadtverwaltung zur Aufarbeitung des Falls, dann kann man den Eindruck bekommen, dass der frühere Berater Michel Maugé weitgehend schalten und walten konnte, wie es ihm gefiel. Er lockte mit blumigen Versprechungen auf schnelle Gewinne und kaum einer hinterfragte seine Zahlen ernsthaft. Richtig ist aber auch: Wenn jemand so schaltet, dann gibt es auch jemanden, der schalten lässt. Zum Interims-Geschäftsführer des Bodenseeforum wurde Maugé beispielsweise nicht von Gottes Gnaden, sondern wurde von den politischen Gremien bestellt. Dabei hätte man bei dieser Personalie aus zwei Gründen gewarnt sein können: Erstens, weil ein vom Erfolg des Projektes abhängiger Berater kaum neutral sein kann. Zweitens: Maugé war in Konstanz bekannt: Bereits bei einem früheren, per Bürgerentscheid 2010 abgelehnten Konzerthausprojekt, mischte der Berater nicht besonders glücklich mit.
Dem Haus fehlen Räume für Seminare und Konferenzen
Das ganze Desaster jetzt aber nur einem Berater anzulasten, wäre zu einfach. Ein Problem für die Vermarktung des Hauses: Anders als ursprünglich geplant hat das Bodenseeforum heute weniger Räume für Seminare und Konferenzen. Ein Teil der eigentlich dafür vorgesehenen Fläche wurde der IHK überlassen, ein geplantes Zwischenstockwerk mit Seminarräumen wurde nicht wie geplant realisiert. Eine Konsequenz daraus: Das Haus eignet sich weniger für Konferenzen, bei denen man auch mehrere kleine Arbeitsräume benötigt. Und das ist nur ein Beispiel dafür, dass die Erwartungen an das Haus vom Zeitpunkt der Kaufentscheidung mit den geschaffenen Gegebenheiten im Haus kaum erfüllt werden können. So musste das Projekt beinahe zwangsläufig scheitern.
Zudem: Auch der Gemeinderat hat seinen Anteil: Wesentliche Beschlüsse zu Kauf und Umbau der Fabrikhalle sind mit großer Mehrheit gefasst worden. Einzig die Linke Liste hat sich immer klar gegen das Projekt gestellt. Haben sich die restlichen gewählten Vertreter blenden lassen? Anselm Venedeys (Freie Wähler) Antwort darauf ist bemerkenswert: „Ich hatte von Anfang an Bedenken bei dem Projekt. Aber ich habe wie viele andere wahrscheinlich auch gehofft, dass es schon funktionieren würde“, so der Stadtrat offen.
Die größte Verantwortung für das Projekt liegt beim Oberbürgermeister. Uli Burchardt hat das Vorhaben vorangetrieben und es unter großem Druck durchgesetzt. Selbst wenn man ihm zugute halten möchte, dass er das Haus als Zukunftschance für seine Stadt sah, stellt sich die Frage, weshalb er vor der Abstimmung über den Kauf des Hauses so großen Zeitdruck aufbaute. Als sei das ganze eine Jetzt-oder-nie-Entscheidung. Dabei steckte der damalige Eigentümer der Immobilie, der Solaranlagenbauer Centrotherm, mitten im Insolvenzverfahren. Die Stadt hätte locker warten können. Mit jedem weiteren Monat wäre das Gebäude vermutlich billiger geworden.
Der Oberbürgermeister peitschte das Projekt durch
Auch das andere von Burchardt damals oft erwähnte Argument, dass man mit dem Kauf des Gebäudes einen Umzug der Industrie- und Handelskammer (IHK) nach Singen verhindern könne, halten heute viele für aufgebauscht. Zwar kauften IHK und Stadt letztlich gemeinsam das Bodenseeforum (die IHK hat ihren Sitz hierher verlegt), aber kaum einer in der Politik glaubt heute noch daran, dass es diesen Druck seitens der IHK überhaupt gab. Aber allein die Spekulationen darüber spielten dem Oberbürgermeister vor der Abstimmung im Gemeinderat in die Karten. So bekam er, was er wollte.
Große Zweifel an seinem Handeln sind dem Oberbürgermeister seither nicht gekommen. Im Grundsatz zeigt sich Uli Burchardt weiterhin überzeugt von der Idee mit dem Veranstaltungshaus. Das Haus brauche besseres Management, dann würde das Geschäft früher oder später besser laufen, sagte Burchardt angesichts der aktuellen Zahlen. Er selbst würde heute genauso handeln, wie bei der Entscheidung für den Kauf der Immobilie, erklärte er im Gemeinderat. Nur zwei Dinge würde er demnach anders machen: Die vorgelegten Zahlen des Beraters kritischer hinterfragen und dem Projekt nach dem Kauf und vor der Eröffnung mehr Zeit für die Entwicklung geben.
Jetzt soll Ex-Konziljubiläums-Chefin Ruth Bader übernehmen
Für den OB bleibt der Fall heikel: Scheitert das Bodenseeforum endgültig, sinken die Chancen für seine Wiederwahl 2020 dramatisch. Also will er nun einen Neustart beim Veranstaltungshaus. Eine Klausurtagung im Frühjahr 2019 soll Zukunftsszenarien für das Haus entwickeln, Ergebnisse sollen im Sommer vorliegen. Neue Geschäftsführerin soll zumindest übergangsweise Ruth Bader werden. Die 44-Jährige war bis zuletzt Organisationschefin des Konziljubiläums in Konstanz. Sie ist erfahren im Veranstaltungsmanagement, aber unerfahren im Kongressgeschäft. Ob sie dem angeschlagenen Haus wirklich weiterhelfen kann? Bader selbst will dazu derzeit noch nichts sagen, „weil es nichts zu sagen gibt“, wie sie gegenüber Kontext erklärt. Die Gespräche über ihr mögliches Engagement im Bodenseeforum sind offenbar noch nicht abgeschlossen.
Einen Schritt weiter ist man hingegen in einer anderen Angelegenheit: Ein externer Berater soll die Stadt nun dabei unterstützen, den richtigen Weg für das Bodenseeforum zu finden. Das ist dann aber auch der Punkt, an dem man sich fragen kann, ob die Stadt wirklich aus ihren alten Fehlern in dem Projekt lernen wird. Denn auch die Auswahl des neuen Beraters fand wieder ohne Ausschreibung statt, die Stadträte sollten dieser Entscheidung wieder zustimmen, obwohl ihnen relevante Informationen wie der Bericht des Rechnungsprüfungsamts zum Fall nicht vorlagen. Und wieder ist die Verwaltung damit durchgekommen. Bis zu 150.000 Euro will die Stadt erneut in externe Beratung investieren. Mittel, die übrigens aus Mehreinnahmen bei der Vergnügungssteuer stammen. Zumindest ihren Humor haben die Konstanzer noch nicht verloren.
Michael Lünstroth (Foto: Wolfgang Scheide/Bearb. seemoz)
@ Peter Stribl
„Politik ist zielgerichtetes Handeln.“
Das ist richtig, sollte zumindest so sein, die Frage ist nur, was die Absicht der Handelnden und das Ziel ist.
„Verträge im kommunalpolitischen Rahmen werden nicht von „Jugend forscht“-Kreisen entworfen und erst recht nicht unterzeichnet.“
Das dürfte hinsichtlich IHK wohl richtig sein, dort werden Verträge nicht von „Jugend forscht-Kreisen“ entworfen. Die Aufgaben der Industrie- und Handelskammern bestehen nach der Gesetzgebung in zwei Komplexen:
1. „Vertretung der gewerblichen Wirtschaft gegenüber dem Staat“ und
2. „Wahrnehmung von Verwaltungsaufgaben auf wirtschaftlichem Gebiet“.
Die IHK wollen mit den „Beiträgen der Mitgliedsunternehmen die wirtschaftliche Unabhängigkeit ihrer IHK vor Einzelinteressen und gegen staatliche Einflussnahme“ sichern.
„Es erhebt sich die Frage, wofür die Stadt Juristen beschäftigt.“
Wenn man so manchen Artikel liest (auch in seemoz), wo die vielen durch die Verwaltungsspitze beauftragten, externen Gutachten – teils auch hinsichtlich juristischer Fragen – beanstandet werden, dann erhebt sich diese Frage tatsächlich.
@Peter Cuenot
„Vielleicht wurden die Verträge so gefasst, dass sie bei einer Prüfung durch die Stelle, welche eine Art Innenrevision bei der Stadt Konstanz darstellt, dort Wehklagen wegen juristischer Zwänge verursachen könnten.“
Politik ist zielgerichtetes Handeln. Verträge im kommunalpolitischen Rahmen werden nicht von „Jugend forscht“-Kreisen entworfen und erst recht nicht unterzeichnet. Darin besteht hoffentlich Übereinstimmung. Es erhebt sich die Frage, wofür die Stadt Juristen beschäftigt. Doch nicht, um sich einer Selbstausbeutung aufgrund beinahe idiotischer Naivität auszuliefern.
Wenn es allerdings um eine – wie zu erahnen leichtfertige – Spekulation geht, sollen die daran Interessierten die Kosten alleine tragen.
Möglicherweise ist das Hauptproblem bei der Thematik „Bodenseeforum“ die damalige Vertragsgestaltung zwischen der Stadt Konstanz/Eigenbetrieb Bodenseeforum und den Verantwortlichen der IHK und eher nachrangig das Ambiente einer Industriehalle – wie es im Artikel der „Stuttgarter Zeitung“ neben dem Bild heißt – oder die verbrannten Millionen, oder die politischen und wirtschaftlichen Einschätzungen und daraus folgenden Forderungen der div. Parteien im Konstanzer Gemeinderat.
Vielleicht wurden die Verträge so gefasst, dass sie bei einer Prüfung durch die Stelle, welche eine Art Innenrevision bei der Stadt Konstanz darstellt, dort Wehklagen wegen juristischer Zwänge verursachen könnten.
Wir haben es satt!
Bodenseeforum= Geldverschwendung und -veruntreuung! Fahrradstraßen= Bitte wo?!
Konstanz: sicherer Hafen = OBs Scheinheiligkeit!
Zoffingenbebauuung= Gemauschelinklusion Caritas!
Sozial- und Kulturkürzungen= überflüssige Gutachtenfinanzierung + BoFo-Finanzierung!
Vincentius-, Siemens-Arreal…= Chancen vergeben!
Büdingen-Park= Verbufft
BürgerInnenbeteiligung, Transparenz = Papiertiger!
Ehrlichkeit, Wagemut = Ho Narro!
Der kommende Samstag bietet eine Möglichkeit auf dem Münsterplatz laut, deutlich und klar zu sagen: Wir haben es satt!
Wehren und wir in Stuttgart: Oben bleiben – dran bleiben…
Danke @C. Nix für den Hinweis auf den Artikel in der Stuttgarter. Der ist von Eberhard Wein, der aus Konstanz stammt und jetzt einer der besten Lokaljournalisten im Land geworden ist.
Seemoz hat sicher nichts dagegen, wenn ich den Link zum Artikel poste: https://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.bodenseeforum-in-konstanz-118-euro-zuschuss-fuer-jeden-tagungsgast.944927f6-ef74-4fb2-9772-51548c69e37a.html . Ein paar Likes werden Ebi sicher nicht schaden.
@Christoph Nix
Der Südkurier hat ja von Anfang an für diese Millionenpleite getrommelt und eine Mehrheit der im Rat vertretenen Fraktionen trottete untertänigst hinter einem Projekt her, das weitgehend der noch aktuelle Oberbürgermeister zu verantworten hat. Aber nun bröckelt die Zustimmung, und zwar gewaltig. Die Linke Liste hat schon vor Wochen in einer Pressemitteilung gefordert, die Hütte umgehend zu schließen und darüber nachzudenken, was mit ihr zu tun sei. Von dieser Pressemitteilung war meines Wissens in der hiesigen Tageszeitung bisher nichts zu lesen. Anfragen der LLK bei SK-Lokalchef Brumm blieben unbeantwortet.
Heute lesen wir einen ungeheuer gut recherchierten Artikel in der Stuttgarter Zeitung …Der Skandal um das Bodenseeforum hat Gottseidank die Landeshauptstadt erreicht. Ein Artikel ohne überflüssige Schärfe macht deutlich, was hier im Süden der Republik geschieht:
Mehr noch als Millionen, die jedes Jahr in das tote Haus gepumpt werden, bestehen „Kollateralschäden“:
in Sachen Meinungsfreiheit, Transparenz und Pressefreiheit befinden wir uns in einem Ausnahmezustand..
Der Stuttgarter Zeitung ( und Seemoz natürlich) ist es zu verdanken, dass man noch an die vierte Gewalt (Presse) glauben mag:
Kritik am Bodenseeforum galt lange Zeit als Majestätsbeleidigung an den Visionen des Oberbürgermeisters und seines Wirtschaftsberaters, die diese Ruine zu verantworten haben, ohne bis jetzt Konsequenzen zu tragen.
Stattdessen werden dem ältesten Theater Baumittel abgezogen (von 125.000 auf 45.000), Zuschüsse eingefroren und schlimmer: es wird und wurde Personal aus dem Theater abgeworben und im Forum höher bezahlt, als im Theater.
Betrachtet man die Gage der Geschäftsführer mit 19 Mitarbeitern, so lagen diese mit 30.000 bis 50.000 Euro und mehr über der Anfangsgage eines Intendanten mit 150 bis 200 Mitarbeitern. Schlimmer noch, ich habe vor 18 Monaten gemeinsam mit meinem Technischen Direktor dem Oberbürgermeister angeboten, k o s t e n l o s ein Konzept zu entwickeln: wir bekamen nicht einmal eine Antwort. Die Kommunalaufsicht schläft, die Grüne Regierungspartei schon lange, Sozial- und Christdemokraten haben das tote Haus gewollt: Selbstkritik war auch im Stalinismus verboten.
Die Kultur in Konstanz schweigt: Museumsleiter und Orchester, Kulturangestellte sind still oder werden krank. Die örtliche Presse hat dieses tote Objekt mit protegiert und ist deshalb stumm: willkommen in der Konzilstadt, in der die freie Meinung mit Mittelkürzungen bestraft wird.Danke an den Journalismus der „Stuttgarter“, wie wäre es mit einem Konstanzer Lokalteil, oder gehört alles der gleichen Familie?
Was bislang in der Diskussion untergeht: Zwischen B33 und Line-Eid-Straße entsteht ein sogenanntes „Zentrum für Tagungskultur“ eines Privatinvestors, das 2020 eröffnet werden soll.
Man kann sich natürlich streiten, ob dieses Monstrum in der Tagungsbrache Konstanz nicht auch von vorneherein zum Scheitern verurteilt ist.
Eins ist aber meiner Meinung nach sicher: Der als full service-Haus (Übernachtung, Tagung und Gastronomie) ausgelegte Komplex wird das Bofo in seiner jetzigen Funktion endgültig überflüssig machen.
Ich frage mich, seit wann die Stadtverwaltung von den Plänen des Investors, hier ein solches Tagungszentrum zu errichten, wusste. Falls dies zum Zeitpunkt des Erwerbs des Centrotherm-Gebäudes schon absehbar gewesen sein sollte, müsste dies aufgeklärt werden.
Dadurch würde die ganze Geschichte um eine Facette erweitert, die weiteren Druck auf die Veranwortlichen aufbauen würde.
„Eine Stadt wünscht sich seit Jahrzehnten ein Veranstaltungshaus.“ Hier muss man doch unbedingt fragen, wer sich in der Stadt denn überhaupt das Veranstaltungshaus wünschte? Die Mehrheit der Konstanzer Bürger hat doch das Planungsprojekt auf Klein Venedig damals deutlich abgelehnt. Man kann also davon ausgehen, dass die Mehrheit der Konstanzer das Bodenseeforum eben nicht wollte oder bei dem – seit dem Rückgang der Gewerbeeinnahmen – knappen Budget der Stadt vielleicht andere Prioritäten gesehen hat? Für mich ist es aber ziemlich eindeutig, wer dieses Projekt tatsächlich wollte – es ist genau dieses Häufchen Wohlstandsbürger, das man bei Veranstaltungen da oder dort auch vor dem Bodenseeforum stehen sieht. Ich bin mir nicht sicher, aber es kann sein, dass das jeweils zumindest mehrheitlich die Vertreter des Stadtrates sind? Und vielleicht hat damit auch diese „Koste-es-was-es-wolle“-Mentalität zu tun, mit der dieses Projekt angegangen wurde? Wie viele Hotels sind in den letzten Jahren in Konstanz entstanden mit wie vielen Veranstaltungsräumen? Und wie viele existieren bereits in bestehenden Hotels? Das Scheitern des Projekts Bodensee-Forum war absehbar – dafür sollte nicht nur der Bürgermeister, sondern auch der gesamte Stadtrat in politische Haftung genommen werden. Planung am Markt vorbei werden auch 5 weitere Berater und 10 andere Geschäftsführer nicht ausgleichen können – jeder Unternehmer weiß das. „It’s the product, stupid“