Bodenseeforum: „Dieses nichtsnutzige Monstrum“

Portrait Anne MühlhäußerSeit rund sieben Jahren belastet der gläserne Bau am Seerhein den städtischen Haushalt. Die Hoffnungen, das Bodenseeforum  entwickle sich in kürzester Zeit zum internationalen Treffpunkt für große Messen und Tagungen, sind längst geplatzt. Dennoch hält eine Mehrheit des Konstanzer Gemeinderates am  größten Geldverbrenner vor Ort fest. Von Anfang hatte sich die Linke Liste Konstanz deutlich gegen das Projekt ausgesprochen. Nun schließen sich andere an., wie folgender Kommentar verdeutlicht.

Die Stadt darbt. Corona schlägt sich auch auf die städtischen Finanzen nieder. Überall fehlt es an Geld. Überall wird geschaut, wie man noch ein bisschen mehr sparen kann. Selbst relativ unpopuläre Schritte wurden im Dezember im Gemeinderat in der Haushaltsdebatte für 2022 diskutiert: das Anheben der Sätze für einige Steuerarten. So schlug die Stadtverwaltung vor, sowohl die Grundsteuer als auch die Gewerbesteuer zu erhöhen.  Beide Steuererhöhungen wurden in einer seltenen Einheit aus CDU, SPD  und anderen  abgelehnt. Und auch das Regierungspräsidium Freiburg sieht die Konstanzer Finanzlage kritisch und mahnt, an die Strukturen des städtischen Defizits  zu gehen. Letzteres beläuft sich für das kommende Haushaltsjahr auf 23 Millionen Euro. Das ist eine Hausnummer.

Umso unverständlicher ist es unter diesen wirklich alarmierenden Umständen, dass ein ganz großer Kostentreiber, das Bodenseeforum, scheinbar unangetastet und unhinterfragt bleibt. Kaum jemand im Gemeinderat nahm bei der langen Haushaltsdebatte, bei der es wie gesagt ganz viel ums Sparen ging, das Wort Bodenseeforum in den Mund. Die meisten Mitglieder des Gemeinderats schienen  und scheinen gewillt, dieses nichtsnutzige Monstrum weiter mitzuschleppen. Ein Unding!

Allein jedes Jahr kostet das Bodenseeforum die Konstanzer  SteuerzahlerInnen 2,5 Millionen Euro. Insgesamt beläuft sich die Summe, die das Bodenseeforum bis heute gekostet hat, auf insgesamt etwa 25 Millionen Euro. Um die zehn Mitglieder des Gemeinderats sehen das Bodenseeforum mittlerweile so kritisch, dass sie offen über den Verkauf, das Schließen oder andere Optionen nachdenken. Denn wenn wir diesen Klotz vom Bein hätten, dann hätten wir richtig viel Geld gespart. Der große Rest aber des Gemeinderats – der Gemeinderat hat insgesamt 40 Mitglieder – will offenbar an dieser Situation nichts ändern.

Ich bin der Meinung, dass man das Bodenseeforum schon längst hätte schließen, verkaufen oder sonst was müssen. Ja, man hätte es erst gar nicht anschaffen dürfen. Als unter anderem ich, als das Bodenseeforum gekauft wurde, kritische Fragen gestellt habe und man Akteneinsicht in die Verkaufsunterlagen forderte, wurde man fast diffamiert und in die Ecke desjenigen gestellt, der scheinbar nicht erkennt, was für ein tolles Schnäppchen und einmalige Chance das Bodenseeforum für die Stadt darstelle. Euphorie war angesagt, genaues Hinschauen war weniger gefragt.

Das Kongressgeschäft, das sich die Stadt davon erhofft hat, war aber schon vor knapp zehn Jahren, als das Bodenseeforum erworben wurde, ein äußerst fragiles. Mehrere Geschäftsführer des Bodenseeforums haben es dann auch nicht geschafft, die Zahlen zu erwirtschaften, die man sich erhofft hatte. Und natürlich macht die Coronapandemie das Tagungs- und Kongressgeschäft nicht besser. Im Gegenteil. Alle haben gemerkt, dass Videokonferenzen sehr praktisch sind und dass man dadurch sehr viele Wege, ergo viel  CO2 und Geld, einsparen kann. Man muss nicht mehr zu einer Tagung um den halben Globus fliegen und man muss auch nicht mehr einen Kongress im Bodenseeforum abhalten.

Man sollte ernsthaft darüber nachdenken, das Bodenseeforum loszuwerden. Es wird meiner Einschätzung nach nicht mehr auf die Beine kommen. Sollte der Gemeinderat sich nicht dazu durchringen, könnte man auch über  einen Bürgerentscheid nachdenken. Die BürgerInnen könnten dann darüber abstimmen, ob die Stadt das Bodenseeforum behalten soll oder nicht. Ich wage die Prognose, dass der Großteil der BürgerInnenschaft auch nicht wirklich einen Sinn im Bodenseeforum sieht. Denn das, was ihr versprochen wurde, dass es ein Haus für alle Konstanzer und Konstanzerinnen sei, hat sich bislang nicht eingestellt. Für Vereine ist das Bodenseeforum viel zu teuer. Sie können dort keine Vereinsfeiern oder sonstige Festivitäten abhalten. Und viele andere  KonstanzerInnen werden das Haus auch noch nie von innen gesehen haben. Das Versprechen, es sei ein Haus für alle, hat sich aus meiner Sicht bislang nicht bewahrheitet.

Text: Anne Mühlhäußer, Stadträtin FGL, die hier ihre persönliche Meinung wiedergibt
Bild: Archiv FGL