Bodenseeforum: Vom Ritt auf einem toten Gaul
Erneut sollen rund 650.000 Euro zusätzlich in das Siechenhaus gesteckt werden. So empfiehlt es eine Vorlage der Verwaltung, über die heute im Haupt-und Finanzausschuss (HFA) entschieden wird. Längst fragt sich eine Mehrheit, wie lange das noch so weitergehen soll. Für das bisherige und überwiegend unverständliche Verhalten der Entscheidungsträger gibt es aber mittlerweile eine plausible Erklärung.
Man muss sich das aktuell so vorstellen: Jeweils zum Monatsersten und meist vor Sonnenaufgang, wankt der städtische Kämmerer mit einem Geldkoffer an den Seerhein zum verwaisten Bodenseeforum. Dort angekommen, schaut er sich vorsichtig um und wenn er sich unbeobachtet fühlt, öffnet er seinen Koffer und kippt rund 200.000 Euro ins leise plätschernde Wasser. Dann ein letzter, wehmütiger Blick auf den gläsernen Eurosarg und mit einer dicken Träne im Auge macht sich der Kämmerer auf den Weg zu seinem Büro. Meine Güte, so denkt er sich, was könnte man mit der Kohle sonst noch anfangen? Renovierung von Kindergärten und Schulen, Vergünstigung der Bustarife, Bau tatsächlich bezahlbarer Wohnungen … In der Regel erfasst dann spontaner Schwindel den Kämmerer und ihm wird ganz schwer ums Herz. Aber Vorwürfe will er sich keine machen, muss er auch nicht, denn der Gemeinderat gibt ihm mit großer Mehrheit dafür seit Jahren grünes Licht und der Kämmerer ist ein braver Beamter, der nur seine Pflicht tut.
Heute auch? Der Beschlussvorschlag zum Thema liest sich so: „Der Haupt- und Finanzausschuss empfiehlt dem Gemeinderat, gem. § 84 GemO im Haushaltsjahr 2018 auf der Kostenstelle 5750005000 und dem Sachkonto 43150520 für den Betriebskostenzuschuss an den Eigenbetrieb Bodenseeforum überplanmäßige Aufwendungen in Höhe von 653.500 Euro zu genehmigen“.
Bislang hatten vor allem die in unverbrüchlicher Treue mit Oberbürgermeister Burchardt verbundenen RätInnen folgender Fraktionen keinerlei Probleme, die immer tiefer werdenden Löcher mit Steuergeldern zu stopfen: Jürgen Faden (Freie Wähler), Roger Tscheulin und Wolfgang Müller-Fehrenbach (CDU), Heinrich Everke (FDP) und Dorothee Jacobs-Krahnen (Freie Grüne Liste). Dabei konnten sie sich der Zustimmung ihrer jeweiligen FraktionskollegInnen sicher sein und auch die gewählten VertreterInnen von SPD und JFK schlossen sich der organisierten Geldverbrennung in der Regel an. Langsam aber geht allen gewaltig die Düse, denn bald sind Kommunalwahlen.
Während nun die Bürgerschaft seit geraumer Zeit rätselt, was die StadtparlamentarierInnen dazu treibt, weiterhin einen Gaul reiten zu wollen, der schon tot ist, haben sich namhafte Wissenschaftler der Uni Konstanz genau dazu ihre eigenen Gedanken gemacht. Bei dem Verhalten des Gemeinderates, so der Konstanzer Verhaltensforscher Prof. Dr. Frodo Beutlin, handle es sich eindeutig um das „Durchhalte-Syndrom“, das bei Kommunalpolitikern immer öfter zu beobachten sei und oft auch zu psychosomatischen Störungen führe. Behandle man diese nicht rechtzeitig, sei mit folgenden Schritten zu rechnen:
1. Sie tauschen die jeweiligen Reiter aus.
2. Sie beauftragen den Arbeitskreis, in Konstanz bekannt als „Betriebsausschuss Bodenseeforum“, das Pferd genauer zu untersuchen.
3. Sie besuchen andere Kommunen, um herauszufinden, wie man dort tote Pferde reitet.
4. Sie stellen eine Task Force zusammen, in diesem Fall eine lustige Truppe externer Berater, um das tote Pferd wiederzubeleben. Dafür geben sie auch gerne sehr viel Geld aus. Es ist ja nicht ihres.
5. Wenn auch das nichts hilft, sucht man einen Schuldigen, besser mehrere. Findet man keine, ändert man die Kriterien, die besagen, ob ein Pferd tot ist.
H. Reile
Oh du Fröhliche und noch ´en Gedicht,
leider juckt das die Betroffenen nicht:
Seit 2012 bedient sich Uli B. aus den Töpfen der Stadt,
niemand zeigt ihm, dass seine Macht ihre Grenzen hat.
Keine/r von den Räten und „Innen“, die ihn hofieren
die sich vor ihren Wählern kein bisschen genieren,
ihm all seine Wünsche zu erfüllen
handelt in der Mehrheit Willen.
So ist alle Tag Weihnachten, jubelt OB,
und es herrscht eisige Kälte, auch ohne Schnee.
Wir Konstanzer, die Wähler, sind längst vergessen,
die Gewählten, sie sind von Habgier besessen,
dabei blieb mancher Verstand auf der Strecke und so mancher macht sich zum Deppe.
Wider Weitsicht und Klugheit hält ihm die Mehrheit die Treue,
da ist nix zu spüren von Einsicht und Reue
gegenüber uns, die wir die Folgen zu tragen haben
für kurzsichtige Dummheit und menschliches Versagen.
Wir werden belogen, getäuscht und verschaukelt,
uns wird das „beste Konstanz aller Zeiten “ vorgegaukelt.
Als „Haus für alle Bürger“ wird das BoFo angeboten,
dies zeigt erneut:
für die im Rathaus sind wir Idioten.
Ein Schnäpppchen für Vereine durch Fördergelder?
Die „Förderung“ finanzieren wir Steuerzahler selber!
Ich glaube kaum , dass Räte und OB in die eigenen Taschen greifen,
das tät´doch zu weh!!
Und wo sind sie hin, die Unterstützer von Uni und IHK?
Jetzt jubelt keiner mehr, niemand ist da,
um in der kahlen Halle große Feste zu feiern,
man ist bereit. lieber nach Singen eiern.
Für jene Millionen, die das Pleiteforum schluckt,
gehört den Verantwortlichen kräftig in die Suppe gespuckt.
Das Fass ohne Boden, jetzt sollen´s Externe richten
und das wachsende Loch durch ´ne passende Analyse abdichten.
Und wie alle von der der SV bestellten auswärtigen Experten
werden diese natürlich im Sinne des Auftragsgebers bewerten.
Sie rechnen weitere Chancen für die Zukunft aus,
weitere Gelder werden verpulvert für dieses Haus,
noch mehr Millionen werden in die Pleitefabrik fließen,
dazu beitragen, uns eine lebenswerte Zukunft zu vermiesen.
Denn im Kern unsrer Stadt fehlt´s an allen Ecken und Enden,
DAFÜR müsste die Stadt diese Summen verwenden.
Seit Jahren handeln sie, weit entfernt von der Realität,
ohne Herz und Menschlichkeit, bald ist es zu spät!
„BLEIBT NICHT LEISE, WERDET LAUT
DENN UNSERE ZUKUNFT WIRD VER(S)BAUT“
Möglicherweise befinden sich einige der Verantwortlichen in der Zwickmühle einerseits der Erkenntnis des notwendig erscheinenden massiven finanziellen Rettungsversuch des „Bodenseeforum“ als Konzert- und Veranstaltungshaus, und der Besorgnis, dass ein solcher Rettungsversuch andererseits und gleichzeitig finanzielle Missliebigkeiten für die im oberen Stockwerk etablierte IHK und deren Mitglieder bedeuten könnte, da die IHK, laut dem Artikel „Kongress, Krawall und Künstlerpech“ in der Stuttgarter Zeitung vom 31.3.2017, fast 10 Millionen Euro des Kaufpreises des Gebäude von 14,2 Millionen Euro gezahlt hatte. (https://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.bodenseeforum-in-konstanz-kongress-krawall-und-kuenstlerpech.cc174821-0bc7-4e06-9bea-6a5cc85a4580.html).
Möglicherweise könnte die IHK auch noch den ein und anderen Euro der Umbaukosten von 17 Millionen Euro direkt oder indirekt beigesteuert haben.
Sinnvoll wäre deshalb ein Bürgerentscheid darüber, ob man das tote Pferd nicht zu einem halbtoten, aber wieder belebbaren, Goldesel umtaufen könnte.
Der neue Bodenseereiter
Der OB UB reitet durch die neblige Stadt,
der Kämmerer nicht mehr genügend Gelder hat.
Er trabet im Schweiß durch die Kälte, ojeh,
er will sogleich an den Bodensee;
Auf löchrigem Weg, über Stock und Stein,
er braust auf klapprigem Roß feldein.
Bald hinter ihm schwindet die Stadt,
der Weg wird eben, der Weg wird glatt.
So fliegt er hin eine Meil und zwei,
er hört in den Lüften der Schneegans Schrei;
es flattert das Wasserhuhn empor,
nicht andern Laut vernimmt sein Ohr;
Fort gehts, mit der Kohle im Gepäck,
schnell sonst nimmts der Nix noch weg!
Da bricht der Morgen, der frühe, herein:
Von Lichtern blinket ein ferner Schein.
Es hebt aus dem Nebel sich Baum an Baum,
und jemand im BoFo schließt auf den Raum.
„Willkommen, Herr OB, bringt Ihr den Zaster?“
Sonst kommt doch der Kämmerer, mit schnödem Laster.
Der OB schaudert, er atmet schwer:
„Dort hinten die Ebene, die ritt ich her!“
Er reckt den Arm hoch in die Luft:
„Ja, ich floh mit dem Geld aus der Rathausgruft !
Die BoFo Bediensteten sammeln sich:
„Glückseliger Mann, wir segnen dich!
Der Reiter erstarret auf seinem halbtoten Pferd,
er hat nur von Ferne ein Grollen gehört.
Es graust ihm, es stocket sein Herz, es sträubt sich sein Haar,
denn dicht hinter ihm grinst die grause Gefahr.
Die Bürger sind endlich aufgewacht,
sie haben über all die Misere nachgedacht:
„Diesen OB und seine Getreuen,
wollen wir nicht länger bereuen!“
Das viele Geld ist nun perdu,
versenkt, vertan ganz ohne Müh!“
Doch schon im nächsten Jahr, heißts ohne Qual:
Es gibt endlich wieder eine Wahl!
frei abgewandelt nach Gustav Schwab „Der Bodenseereiter“, 1826