Braune Fackelträger und völkische Armleuchter

Vergangenen Sonntag schlurften rund 20 Neonazis im einstudierten Stechschritt durch die Singener Innenstadt. Um in ihrem Zustand nicht vom rechten Weg abzukommen, trugen sie lodernde Fackeln mit sich. Angeblich, so jammerten die Rechtsradikalen im Netz, habe man zwei der ihren Tags zuvor verprügelt. Willkommener Anlass genug also für den Haufen, zu einer Spontandemo aufzumarschieren.

Die arischen Intelligenzflüchtlinge, vornehmlich aus dem Hegau und dem Schwarzwald-Baar-Kreis stammend, hatten sich zusammengerottet, weil zwei ihrer Gesinnungsgenossen von mehreren Personen „mit vermutlich südeuropäischem Migrationshintergrund“ zusammengeschlagen worden sein sollen. So eine Verlautbarung auf der Facebook-Seite der rechtsextremen „Kameradschaft Höri Bodensee“ (KHB). Bei einem der Opfer handelt es sich nach seemoz-Recherchen um Tim Belz, der bei den kommenden Landtagswahlen im Bodenseekreis für die NPD kandidiert. Angeblich habe er, so behauptet die KHB, „mehrere Brüche im Gesicht“ erlitten.

Und so demonstrierten „KameradInnen“ aus dem rechtsradikalen Lager, darunter drei Nazi-Püppis, spontan zu fast schon nachtschlafender Zeit in Singen, eskortiert von mehreren Polizeistreifen, die von der Bevölkerung über die völkische Beleuchtungsaktion informiert worden waren. Auf einem Spruchband war zu lesen: „Deutsche Opfer! Fremde Täter! Wacht auf!“ Darunter der Hinweis auf die Website der KHB. Eine Abordnung dieser wirren Truppe hatte sich schon vergangenen Herbst an einer rechten Hooligan-Randale in Köln beteiligt und dort KHB-Material verteilt. Das Interesse an den südwestdeutschen Nazinasen vom Bodensee soll aber eher mäßig gewesen sein.

Was nun in Singen genau passiert ist, versuchen die Behörden herauszufinden, unter anderem die Staatsschutzabteilung in Friedrichshafen. Auf Nachfrage nur soviel: „Der genaue Tathergang wird ermittelt und Zeugen werden befragt“. Und ja, die KHB würde seit geraumer Zeit genau beobachtet. Unklar ist, ob die Klopperei auf dem Singener Bahnhofsvorplatz tatsächlich von Personen mit „südeuropäischem Migrationshintergrund“ angezettelt wurde. Sollte sich diese Behauptung nicht nachweisen lassen, hätte es sich bei der Spontandemo um eine nicht genehmigte Veranstaltung gehandelt. Das wiederum wäre dann von juristischer Relevanz.

H. Reile