Büdingen: Appell an Burchardt
(red) In einem Offenen Brief appellieren die Fridays-for-Future-Gruppe, der BUND und der Verein Bürgerpark Büdingen an den Konstanzer Oberbürgermeister Uli Burchardt, im Büdingen-Park nach dem „Gebot der von Ihnen mitgetragenen Resolution zum Klimanotstand“ zu handeln und die vom Bauherren beantragte Fällung weiterer Bäume zu verhindern. Das komme auch mit Blick auf die von ihm angestrebte Wiederwahl als Stadtoberhaupt im nächsten Jahr besser an. Wir veröffentlichen das Dokument im Wortlaut.
Konstanz, den 07.11.2019
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
die Ausrufung des Klimanotstandes im Mai diesen Jahres hat Konstanz bundesweit positiv in die Schlagzeilen gebracht. Im Zusammenhang dazu haben Sie in der Sendung des SWR-Nachtcafés vom 20. September medienwirksame Aussagen getroffen.
Dass der Klimanotstand in Konstanz ausgerufen ist, bedeutet, dass die Stadt in ihrem Handeln das Wohl der Stadt und das der Bürger hinsichtlich unserer aktuellen globalen Lage der Umwelt berücksichtigt. Für die Öffentlichkeit zugängliche Grünflächen sind in deutschen Städten oft eine Rarität. Leider auch in Konstanz. Parks in Zentrumsnähe sind lediglich der Stadtgarten und der kleine Herosé-Park. Dabei sind Grünflächen wichtig für das kulturelle Zusammenleben, unabhängig von Einkommen und Herkunft und für die Erholung der Bürger einer Stadt. Des Weiteren bedingen größere unversiegelte Flächen eine besseren Stadtluft und fördern den Lebensraum für unzählige Tiere und Lebewesen.
Bereits 1978 hatte sich schon der BUND Konstanz dafür eingesetzt, dass die Stadt Konstanz den Büdingen-Park erwirbt und für die Öffentlichkeit öffnet. Dies wurde leider versäumt, und seit 1987 ist die Bebauung in Form einer Hotelanlage vorgesehen und zugelassen.
Dabei sollte ursprünglich der beachtliche Baumbestand von 305 Bäumen größtenteils erhalten bleiben.
Gerade erst wurde die allgemein bekannte existenzielle Bedeutung von Bäumen für unser Klima in einer Studie der ETH Zürich erneut belegt. *
In Folge dessen wird die Stadt Radolfzell in den nächsten Jahren 10.000 Bäume pflanzen, um damit aktiv gegen die Erderwärmung vorzugehen und nicht nur auf Symbolpolitik setzen! Diesem Beispiel sollte Konstanz, welche als erste Stadt Deutschlands den Klimanotstand ausgerufen hat, folgen. Wir erwarten nun entsprechend, dass konkrete Maßnahmen erfolgen und nicht nur Symbolpolitik betrieben wird!
Unter diesem Gesichtspunkt erscheint es absurd, was demnächst im Büdingen-Park geplant ist. Weitere, für den Hotelbau nicht erforderliche Baumfällungen sind beantragt! Wäre es Investor HJ Buff wirklich ernst mit seinen Beteuerungen, so viel Grün wie möglich erhalten zu wollen, dürften diese Bäume nicht fallen!
Bitte handeln Sie nun nach dem Gebot der von Ihnen mitgetragenen Resolution zum Klimanotstand und verweigern dem Bauherrn im Büdingen-Park die Fällung weiterer Bäume! Sie, die Stadt Konstanz, sind dem Investor bisher schon sehr weit entgegengekommen:
So darf er höher, größer und über das Baufenster hinaus bauen (z.B. mit dem Außenbad). Außerdem ist der im Bauplan vorgeschriebene öffentliche Zugang quasi nicht existent.
Damit haben Sie unbegreiflicherweise eine Chance vertan, den Park für die Bevölkerung zu öffnen. Etwas, welches seit Jahrzehnten geboten und auch in Aussicht gestellt war!
HJ Buff hatte in der Gemeinderatssitzung am 22. März 2018 angemerkt, dass „Bäume Verhandlungssache“ seien. Vor dem Hintergrund dieser Aussage fragen wir Sie: Welche Interessen vertreten Sie in dieser Sache?
Ihre Verwaltung jedenfalls fährt einen klaren Kurs, indem sie den Begehrlichkeiten des Investors in fast allen Punkten nachgibt. Warum lassen Sie das zu?
Vor einigen Jahren haben Sie Ihren Standpunkt revidiert, welche eine Fällung der Pappelallee im Tägermoos zur Folge gehabt hätte. Damals hatten Sie die Einsicht, das Schlimmste verhindern zu können und haben dementsprechend gehandelt.
Angesichts der OB-Wahl im kommenden Jahr sind wir sicher, dass auch das Thema Büdingen und der Umgang Ihrer Verwaltung mit dem Entscheidungsprozesse zu Büdingen bei der wählenden Bevölkerung eine entscheidende Rolle spielen wird.
Aus diesem Grund möchten wir Sie bitten: Beweisen Sie, Herr Oberbürgermeister, auch in diesem Fall Weitsicht, Souveränität und Konsequenz in Ihrer Haltung und zeigen Sie, dass die Ausrufung des Klimanotstandes mehr als nur eine Absichtsbekundungen ist.
Es dürfte in der öffentlichen Wahrnehmung wesentlich besser ankommen, wenn Sie dem einstimmig gefassten Beschluss zum Klimanotstand vom Mai 2019 auch in puncto Büdingen angemessene Taten folgen lassen und der jetzigen Planung dort Grenzen setzen, wo weiterer unnötiger Kahlschlag an wertvollem Baumbestand droht.
Sie sind gelernter Forstwirt und Chef der Verwaltung. Sie machen die Vorgaben und entscheiden, wo es lang geht. Da die Dinge schon so weit fortgeschritten sind, und gerichtliche Klärungen in der Hauptsache lange dauern, liegt es momentan alleine an Ihnen, noch Schlimmeres im Büdingen – zum Wohle der gesamten Stadt – zu verhindern!
Herzliche Grüße,
Silvio Krumm / Fridays for Future Konstanz
Karl-Ulrich Schaible / BUND Konstanz
Patrick Pfeiffer / Bürgerpark Büdingen e.V.
@Atilla Özokyay
Wie „sauber“ der Investor ist lässt sich daran ablesen, dass jener in St. Moritz derart überzogen hat, dass mittels Volkes Stimme ein Hotel zurückgebaut werden musste, er sich daraufhin einen anderem Wohnort suchte und einen Ort, wo „meine Hotelpläne willkommen sind“. Es darf gefragt werden, welche Signale Konstanz aussendet, wenn jemand in unserer Stadt willkommen ist, der selbst im Hotel-und Investorenparadies St. Moritz in Ungnade gefallen ist …
Liebe Christel, das steht doch oben im Text und ist zentraler Punkt und Grund für den offenen Brief.
Abgesehen von der doppelten Klimaschädigung (ökologisches UND soziales Klima) durch die Bebauung des Büdingen Parks mit einem Hotel, möchte ich noch auf einen weiteren wichtigen Aspekt hinweisen: „Gerade in Deutschland werden Immobilien im großen Stil für Geldwäsche missbraucht und treiben damit nebenbei die Wohnungspreise in die Höhe.“ (Sven Giegold, MdEP, Newsletter 12.11.2019) Die Folge: sinnlose weitere Schädigung des gesellschaftlichen und atmosphärischen Klimas! Ich kann nur hoffen, dass der Investor in jeglicher Hinsicht „sauber“ ist und es im Nachhinein nicht noch zu bösen Überraschungen kommt… Eine weitere Dauerbaustelle/-bauruine im Stadtgebiet ist das Letzte was Konstanz jetzt noch gebrauchen kann…
https://sven-giegold.de/eu-geldwaeschebehoerde-scholz/
https://sven-giegold.de/eu-aml-pioneering-initiative/
(…) „In Germany in particular, real estate is being abused on a large scale for money laundering, thereby driving up property prices.“ (13. November 2019)
https://sven-giegold.de/
@Florian Enderlin
Über welche Beschlüsse des Gemeinderates in diesem Fall hat sich die Verwaltung mehrfach hinweggesetzt, bzw. welche mehrfachen Beschlüsse will der Gemeinderat nicht durchsetzen?
So läuft das normalerweise nicht. Sie machen mich sehr neugierig auf die Fakten!
Danke Holger Reile! Ich wollte darüber hinwegsehen aber wenn Sie schon dabei sind: Es ist sehr befremdend, was da am Ende, abgesehen vom devoten Stil, auch an falschen Inhalten Eingang findet.
Mit der Pappelallee kenne ich mich ja nun wirklich aus. Die Aussage, Herr Burchardt hätte „Einsicht“ gehabt und „das Schlimmste verhindern können“ klingt ja abenteuerlich. Da hat eine Initiative ein Dreiviertel Jahr rund um die Uhr gekämpft. Da haben 6000 Menschen in kürzester Zeit eine Petition unterschrieben. Da haben am vierten Tag des Gemetzels ein Stadtrat der SPD und ein Umweltschützer aus der Schweiz nach der (nicht vorhandenen) Fällgenehmigung gefragt – erst da wurde die Sache zu brenzlig und der OB sprach viel zu spät den „vorläufigen Fällstopp“ aus. Es blieb ihm gar nichts anderes übrig. Die Hälfte der sehr gesunden Allee war da schon in Windeseile gegen Gesetz und Ordnung in drei Tagen den Motorsägen zum Opfer gefallen. Das alles war dem Oberbürgermeister mehr als bekannt. Seine Kommentare dazu auch nach dem Fällstopp waren gnadenlos. Das Drama ist dank der Stadträte, also des Gemeinderates, wie bekannt zu Ende gegangen! Sie waren es, die in einstimmigem Urteil den Fällstopp bekräftigt und die Nachpflanzungen veranlasst haben. Diesen Tag werden wir nie vergessen, Wäre auch hier nicht wieder aufgewärmt worden, wenn Herr Reile nicht den demokratischen Ton vermisst und auf eine Besinnung auf Tatsachen und demokratische Systeme angemahnt hätte.
So gesehen ist es eben auch absurd, davon zu sprechen, dass der Herr Oberbürgermeister „AUCH in diesem Fall (!) Weitsicht, Souveränität und Konsequenz“ in seiner Haltung zeigen sollte.“ So etwas nennt man bestenfalls „Süßholz raspeln“.
Ich kann ihren Kommentar nicht ganz nachvollziehen Herr Reile.
Da die Verwaltung sich in diesem Fall mehrfach über die Beschlüsse des Gemeinderats hinweg setzt und gesetzt hat und der Gemeinderat sich bis jetzt nicht willens zeigt die eigenen Beschlüsse auch durchzusetzen, scheint mir unser Klimabürgermeister durchaus als der richtige Adressat.
@Fridays for Future Konstanz
@BUND Konstanz
@Bürgerpark Büdingen e.V.
Liest sich die erste Hälfte des Briefes noch ganz nachvollziehbar, wird es weiter unten schon recht obrigkeitshörig. Ich darf daran erinnern, dass wichtige Entscheidungen nicht alleine vom noch amtierenden Oberbürgermeister gefällt werden, sondern vom Gesamtgemeinderat. Oder habt Ihr über Nacht eine Monarchie ausgerufen, vor der man untertänigst das Knie zu beugen hat?