Büdingen: Wut und Widerstand wachsen
Wie kaum anders zu erwarten hat sich das Regierungspräsidium Freiburg die Linie des Verwaltungsgerichtshofs Mannheim zu eigen gemacht: Auf dem Büdingen-Areal darf demnach gebaut werden, und der Investor, der dort einen wahren Luxustempel hinzustellen und zahlreiche Bäume zu fällen gedenkt, darf sich die Hände reiben. Ein persönlicher Triumph auch für Oberbürgermeister Uli Burchardt, der sich in seinem Streben nach „Qualitäts“tourismus von Anfang an auf die Seite des Bauherrn geschlagen hat.
Weniger zufrieden sind allerdings AnwohnerInnen und NaturschützerInnen, die sich nun mit einer geharnischten Erklärung an die Öffentlichkeit wenden:
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„Im Januar 2020 kommt das Regierungspräsidium Freiburg nun erwartungsgemäß zum Schluss, die durch die Stadt 2018 erteilte Baugenehmigung und auch der Bauvorbescheid von 2017 seien rechtens, und stützt sich dabei vollumfänglich auf die Argumentation der Mannheimer Richter, ohne dabei eigene Gesichtspunkte ins Spiel zu bringen. Mit dieser Entscheidung hat sich das Regierungspräsidium bequeme zwei Jahre Zeit gelassen, gerechnet von den Widersprüchen gegen den Bauvorbescheid. Wenig überraschend wird in der neuen Freiburger Entscheidung nur die Frage der sogenannten nachbarschützenden Wirkung gewürdigt, die zuvor vom Verwaltungsgericht Freiburg bejaht, und einige Monate später von der nächsten Instanz in Mannheim verneint wurde.
Der Verein Bürgerpark Büdingen, der zwar für die Anwohnerinnen und Anwohner spricht, seine Aufgabe aber vor allem an den Interessen der Konstanzer Bevölkerung ausrichtet, sieht sich nicht berufen, die verwaltungstechnischen und juristischen Vorgänge abschließend zu beurteilen. Als Bürger dieser Stadt nehmen wir aber wieder einmal wahr, wie bürgerfern Verwaltungsorgane wie Stadtverwaltung, Regierungspräsidium und einzelne Gerichte sein können.
So wurden die nun vollzogenen Baum-Fällungen, von denen wir nur vermuten können, dass sie weit über das hinaus gehen, was im Amtsblatt der Stadt Konstanz am 27.11.2019 beschrieben wurden, entgegen des Versprechens eines Amtsleiters, nicht öffentlich angekündigt – weder den betroffenen Anwohnern, noch dem Verein. Das Amt für Stadtplanung und Umwelt der Stadt Konstanz verschanzt sich hinter der Aussage, die dazu erteilte Genehmigung sei Privatsache. Wie kann das bei diesem Bauvorhaben sein, für das seit Jahrzehnten der öffentliche Zugang in den Park im Baurecht festgeschrieben ist? Tatsache ist auch, dass die nun erfolgten Rodungen einem Kahlschlag gleichen, von dessen Ausmaß sich jeder selbst an der Seestraße überzeugen kann. Dies vor dem Hintergrund des öffentlichkeitswirksam ausgerufenen Klimanotstands überhaupt zu genehmigen, ist blanker Zynismus, und entlarvt OB Burchardt als völlig desinteressiert am Erhalt einer wertvollen Ökostruktur direkt am See, die nun erst einmal auf Jahre hinweg zerstört ist.
Dass Burchardt der Park als solcher völlig egal ist, können wir seit Jahren an seinem Verhalten ablesen: Kurz nach Amtsantritt dazu befragt, ob die Stadt den Park nicht endlich kaufen wolle, verneinte er dies. Stattdessen legt er kürzlich nach, dies hätte der Verein doch selbst schon lange tun können, wenn er nur zeitig mit dem Sparen begonnen hätte. Betroffene Bürgerinnen bügelte er in der letzten Frage-Viertelstunde des Gemeinderats mit dem Hinweis ab, über Büdingen sei nun oft genug gesprochen worden, um warum die Fragenden nicht in allen diesen Sitzungen mit dabei gewesen seien. Er spricht von einem „ökologischen Vorzeigeprojekt“, lässt die Bürgerinnen und Bürger der Stadt Konstanz aber völlig im Unklaren darüber, wie dies denn aussehen soll, und wie [der Bauherr] HJ Buff es überhaupt umzusetzen gedenkt.
Zum jetzigen Zeitpunkt ist auch völlig unklar, wie und durch wen bei den Bauarbeiten, und schon jetzt, der Schutz der verbleibenden Bäume sichergestellt werden wird. Das brachiale Vorgehen durch die beauftragte Firma Matscher, die den Park seit vielen Jahren bereits hauptsächlich mit der Motorsäge und schwerem Gerät „pflegt“, lässt nichts Gutes hoffen. Arnold Matscher selbst erklärte, in diesem Park sei die Pflege seit Jahren vernachlässigt worden, und deshalb müssten nun so viele Bäume fallen. Dies ist von unabhängiger Seite nie überprüft worden, und wir können das daher auch nicht glauben!
Warum werden erst große, gesunde Bäume, die über Jahrzehnte im Verband mit ihren Nachbarbäumen gewachsen sind, zerstört, um dann nachzupflanzen, was wiederum Jahrzehnte braucht, um dieselbe Klimaschutzleistung zu erbringen? Warum hat sich die Stadtverwaltung geweigert, einen unabhängigen Zweitgutachter zur Notwendigkeit der jüngsten Rodungen im Park hinzuzuziehen, und diese Ergebnisse öffentlich zu machen? Weshalb hat sie sich mit einem hastig erstellten Artenschutzgutachten, das Fehler in der Methodik selbst freimütig einräumt, zufrieden gegeben, und dieses noch nicht einmal den betroffenen Anwohnern zur Kenntnis gegeben?
Weshalb betreibt die Stadtspitze so nachdrücklich die Sache eines Investors und agiert so bürgerfern, ohne auch nur einmal auf die Idee zu kommen, Anwohner und Verein in Planungen und künftige Gestaltung des Parks mit einzubeziehen? Sie hat sich sogar der Beschwerde des Investors Buff beim VGH Mannheim gegen das Freiburger Urteil angeschlossen, angeblich, um prüfen zu lassen, ob die Erhöhung der Gebäudehöhe grundsätzlich möglich ist. Mit dem Ergebnis, dass Nachbarn, die ihre Rechte verletzt sahen, auf Betreiben ihrer eigenen Stadtverwaltung finanziell abgestraft wurden. Auch hier sieht man: Es ist nicht erwünscht, dass sich Bürger gegen Verwaltungsvorgänge zur Wehr setzen. Und es ist seitens der Stadt auch nicht gewollt, der Öffentlichkeit im Büdingen-Park nach Fertigstellung des Baus in angemessenem Umfang Zugang zu gewähren. Hierzu hätten auf der Grundlage des gültigen Bebauungsplans von 1987 alle auch rechtlichen Möglichkeiten bestanden! Stattdessen sollen Besucher dann, wenn sie denn keine 14.000 Euro teure Erholungswoche im „Gesundheitshotel“ gebucht haben, an Sichtschutzhecken ganz am Rande des Grundstücks vorbeigeführt werden. Eine Öffnung des Parks für die Konstanzer Bürgerschaft, wie dies beispielsweise auf dem Gelände der Schmieder-Klinik möglich war, sieht anders aus.
Dies werden wir nicht hinnehmen!
Unser bürgerschaftlichen Einsatz für eine wirklich grüne Nachbarschaft, eine klimafreundliche Stadt und ein lebenswertes Umfeld wird am Büdingen-Park, in Petershausen, und für ganz Konstanz auch künftig weitergehen. Stadtverwaltung, OB und auch Gemeinderat müssen weiter mit unserer kritischen Präsenz rechnen. Auch sind die bestehenden Rechtsschutzmöglichkeiten noch nicht ausgeschöpft!“
Vorstand Bürgerpark Büdingen e.V., Dr. Thomas Huhn, Patrick Pfeiffer
Kontakt: c/o Würthle, In der Gebhardsösch 51, 78467 Konstanz
buergerpark-konstanz.de
MM/red (Foto: O. Pugliese)
Die Situation ist absurd, geradezu bizzar. In der Stadt des ausgerufenen Klimanotstandes wird ein zentraler Park mit seinem
Baumbestand weitgehend vernichtet, um ein privates Bauinteresse auf Grundlage einer Genehmigung aus dem vorigen Jahrhundert durchzusetzen. Allein um den Verlust an Biomasse zu kompensieren wird über Jahrzehnte keinerlei der Massnahme genügen, die die Stadt medienwirksam postuliert und sich als Vorreiter in Sachen Klimaschutz positionieren möchte. Ebenso wenig wird sich mit noch so geschickter PR die unrühmliche Rolle des OB und des Baubürgermeisters kompensieren lassen, deren aktive Unterstützung des Bauprojektes dem nun erfolgten Kahlschlag den letzten Segen gab. Doch auch der Gemeinderat, letztes Jahr noch einstimmig den Klimanotstand ausrufend, gibt in der Causa Büdingen bis auf wenige Ausnahmen ein jämmerliches Bild ab – und versagt in einer zentralen Massnahme des Klimaschutzes. Statt den Willen einer politischen Gestaltungsabsicht zu postulieren, statt auf Grundlage des Klimanotstandes ein klares Signal zu senden, wer mit welcher Absicht hier jetzt und in Zukunft willkommen ist, lediglich ein Schulterzucken mit dem Verweis auf die Rechtslage (die zudem ja diametral unterschiedlich ausgelegt wird). Ein solch eindeutiges Signal auszusenden blieb weitgehend der grünen Landtagsgeordneten Nese Erikli überlassen. Auch wenn das letzte Wort noch nicht gesprochen ist: für die kommenden Generationen bereits heute sichtbar erhält Konstanz mit ›Büdingen 21‹ ein Symbol für eine Stadtpolitik ohne jegliche Haltung und Werte.
Wer aufgibt, hat schon verloren! Aber damit rechnen sie, SV und Mitglieder jener Fraktionen, denen die Bürger und deren Interessen am Ar… vorbeigehen, Und selbstverständlich gibt es immer mehr seit Jahren Engagierte, die müde werden oder die Hoffnung auf Hirn hinter Rathaustüren inzwischen aufgegeben haben. Wer will es ihnen verdenken. Aber hier geht es um Heimat und es geht um Zukunft, die so, wie sie von den angeblich Klimafreundlichen geplant ist, nicht stattfinden wird. Augeben ist nicht!