Bürger nehmen Umbenennung in die eigene Hand

seemoz-Franz-Knapp-Action2Sie haben es wieder getan: Nachdem einige wackere Konstanzer Bürger bereits im März die Franz-Knapp-Passage „umbenannt“ hatten, dieses Schild aber in vandalistischer Weise wieder entfernt wurde, kam es vergangenen Freitag zu einer neuerlichen Aktion. Rechtzeitig vor der nächsten Sitzung der „Straßenbenennungskommission“ soll so daran erinnert werden, dass dem Ex-OB wirklich kein Straßenname gebührt.
Eher schon dem Beamten Ludwig Büchler.

Allen namhaften Stadthistorikern gilt der einstige Oberbürgermeister Franz Knapp als Prototyp des opportunistischen badischen Beamten in der Nazi-Zeit – so hat ihn Professor Jürgen Klöckler, Leiter des Stadtarchivs Konstanz, genannt, als solcher wird er auch, wie man hört, eine gewichtige Rolle in der neuen Ausstellung über jüdisches Leben in Konstanz spielen, die Museumsdirektor Tobias Engelsing für diesen Sommer vorbereitet. „Ohne erkennbare Skrupel“ habe Knapp das NS-System bis zu seinem Untergang „wesentlich“ mitgetragen. Das sehen offensichtlich nicht alle KonstanzerInnen so, wie das böswillige Abreißen des ersten Transparents beweist.

Denn die Umbenennung macht Sinn. Anders als Knapp und viele seiner Beamten-Kollegen gab es auch während der Nazi-Diktatur manche Gegenbeispiele für stilles Heldentum. So berichtet Klöckler von Ludwig Büchler, einem technischen Angestellten im Tiefbauamt, der sich auch unter Druck, auch unter dem Druck des Rechtsrats Knapp, weigerte, seine jüdische Frau zu verlassen. Trotz öffentlicher Medienschelte, trotz arglistig inszenierter Strafverfahren, trotz angegriffener Gesundheit blieb Büchler standhaft, rettete seiner Frau, die bis zum Kriegsende leidlich unangefochten in Konstanz lebte, das Leben, verblieb selber im Staatsdienst und wurde nach 1945 sogar zum Leiter des Tiefbauamtes befördert; er verstarb 1982 in Konstanz.

Ludwig Büchler gebühre eine Erinnerung in Form eines Straßennamens eher als dem Nazi Knapp, meinten Mitglieder der Künstlergruppe „Freie Konst“ die – wohl im Auftrag der Friedensinitiative Konstanz – die provisorische Namensänderung neuerlich realisierte. Und die Konstanzer „Straßenbenennungskommission“ wird sich auf Antrag der LLK schon heute mit einer Umbenennung befassen, die übrigens von der Stadtverwaltung schon vor Jahren zugesagt war.

hpk

seemoz-nachher1seemoz-nachher2Mehr zum Thema: 9.3.2015