Bürgerbeteiligung muss noch gelernt werden

seemoz-HülsmeierWird die „Bürgerinitiative Pappelallee im Tägermoos“ abgewickelt, ausgebootet, abgewrackt? Oberbürgermeister Uli Burchardt zumindest scheint das Bürgerbeteiligungsverfahren abbrechen und auch den Gemeinderat nicht mehr beteiligen zu wollen. seemoz sprach mit Henning Hülsmeier, Initiativen-Mitglied der ersten Stunde: Wie soll es jetzt weitergehen mit dem Protest, mit der Initiative und mit dem Projekt der Bürgerbeteiligung?

Fühlt sich die Bürgerinitiative ausgebootet?

Ja. Aber um es als Arzt zu sagen: Abgetrieben.

Der Reihe nach: Die Tägermoos-Initiative sollte ein Konzept zur entscheidenden Gemeinderats-Sitzung am 23.7. vorlegen. Dazu brauchte sie Zahlen aus der Verwaltung – die aber kamen trotz mehrfachen Nachfragens nicht. Stattdessen ein Abbruch des Bürgerbeteiligungsverfahrens durch Oberbürgermeister Burchardt.

Nach der Sitzung im Konzil hatten wir den Eindruck, es könnte zu einer Kooperation mit der Stadtverwaltung kommen. In den letzten Tagen aber wurde uns signalisiert, wir hätten das missverstanden. OB Burchardt verfolge vielmehr den viel ganzheitlicheren Plan Tägermoos 2050, und das in Abstimmung mit dem Kanton Thurgau. Dadurch würde die Tägermoos-Problematik wieder ein reines Geschäft der Verwaltung. Gleichzeitig würde durch diese gleichsam internationale Abstimmung das Thema derart überhöht, dass darunter unsere Fragen zur Pappelallee verschwinden.

Was heißt das für die Gemeinderats-Sitzung am 23. Juli, werden die StadträtInnen nichts zu entscheiden haben?

Danach sieht es aus. Auch die Fraktionen werden auf „Tägermoos 2050“ und die Schutzanordnung des Kantons Thurgau vertröstet, mit der nicht vor 2017 zu rechnen ist.

Sie fühlen sich, wie eigentlich auch der Gemeinderat, in dieser Frage abgenabelt?

Aber wir geben nicht auf – wir suchen jetzt das Gespräch mit den Fraktionen und hoffen, dass wenigstens einige sich unsere Position zu eigen machen. Vielleicht lässt sich auf diese Weise doch noch ein Antrag im Gemeinderat diskutieren.

Was ist Ihre Stoßrichtung?

Wir fordern erstens die Bewahrung und nachhaltige Pflege der gesamten Pappelallee im Tägermoos als Naherholungsgebiet und Landschaftsdenkmal. Zweitens die Wiederanpflanzung einer Allee mit gleichwertigen Pappeln in gleicher Gestalt und Länge jeweils zwischen den Stümpfen der im Februar gefällten Pappeln noch im Jahr 2015. Und drittens: Zum Ausgleich des Verlustes dieser ökologisch wertvollen Altbäume (41 vitale, 35 m hohe Canada -Pappeln) wird die Allee nach Osten bis zum Ziegelhof durch dieselbe Art Neuanpflanzungen verlängert. Und noch ein Nachsatz: „Visionen Tägermoos 2050” sind eine schöne Idee, aber erst nach Sicherstellung der Allee. Am 23. Juli ist allein und dringend eine Entscheidung zur Pappelallee, zu ihrer Erhaltung und Wiederaufforstung gefragt. Der Kanton Thurgau wünscht und braucht hierzu eine rasche und klare Festlegung von Seiten der Konstanzer Bürger und ihrer Verwaltung

Nach diesen Erfahrungen: Wie sehen Sie das Projekt „Bürgerbeteiligung“ jetzt?

Bürgermeister Langensteiner-Schönborn hat die Konstanzer Verwaltung als einen „Leuchtturm an Bürgerbeteiligung” bezeichnet, er werde anderenorts zu Vorträgen über diese Konstanzer Spitzenleistung gebeten. Ich hingegen fühle mich nur schlecht behandelt. Wenn das unter Bürgerbeteiligung verstanden wird, muss sich da noch vieles ändern. Und ich denke, viele MitstreiterInnen sehen das genauso. Wir werden zukünftig dafür kämpfen, dass mit diesem Instrument nicht mehr so oberflächlich umgegangen wird – Bürgerbeteiligung muss offensichtlich auch von der Verwaltung erst noch gelernt werden.

Die Fragen stellte Hans-Peter Koch[modal id=“19250″ style=button color=default size=default][/modal]