Bürgerbeteiligung steht auf der Kippe
Wenn heute der Technische und Umweltausschuss (TUA) des Konstanzer Gemeinderates im Rathaus auf der Laube zusammen kommt, steht das Thema „Wohnen und Bauen“ unter 17 Tagesordnungspunkten im Mittelpunkt: Es geht nicht nur um das „Handlungsprogramm Wohnen“, sondern konkret auch um die Pläne zur Bebauung der Areale Vincentius und Döbele. Und es geht um die Aushebelung einer geplanten Bürgerbeteiligung
„Auf Grund der geänderten Rahmenbedingungen zieht der TUA seinen Beschluss vom 12.09.2013, eine Bürgerbeteiligung zur Nutzungsart des Geländes durchzuführen, zurück.“ Das schlägt das Amt für Stadtplanung wortwörtlich so dem nach der Wahl neu zusammen gesetzten TUA vor. Weiter sollen die Ausschussmitglieder – und später dann der gesamte Gemeinderat – einem „Investoren-Auswahlverfahren für die Entwicklung des Vincentius-Areals“ (s. Foto) zustimmen. Unter „geänderten Rahmenbedingungen“ versteht die Verwaltung offensichtlich, dass mit dem Kauf des Centrotherm-Geländes nunmehr die Diskussion um eine mögliche Veranstaltungshalle an der Laube gegenstandslos geworden sei.
Freie Fahrt für Geschäftemacher?
Aber soll deshalb das Verfahren der Bürgerbeteiligung ausgehebelt werden? Sollen die BürgerInnen nicht mehr mitbestimmen dürfen, wer was auf dem Sahne-Grundstück bauen soll? Hat der Bau bezahlbaren Wohnraums dann noch eine Chance? Ist nicht zu befürchten, dass sich in einem Investoren-Wettbewerb einmal mehr solche Geschäftemacher durchsetzen, die für die Wohnraum-Misere in Konstanz auch in den letzten Jahrzehnten schon verantwortlich sind?
Ein Sofortprogramm wird gefordert
Solche Befürchtungen sind nicht aus der Luft gegriffen, wenn man sich die Diskussion um das „Handlungsprogramm Wohnen“, das ebenfalls auf der morgigen Tagesordnung steht, anschaut. Nicht nur Kritiker aus der LLK beklagen die anvisierte lange Laufzeit. 5300 Wohnungen hört sich gut an, gestreckt auf einen Zeitraum bis 2030 aber sei das deutlich zu wenig, notwendig sei deshalb ein Sofortprogramm. Grundstücke dafür seien vorhanden, das Geld auch, jetzt fehle nur noch der politische Willen.
Soziale Gewichtung?
Tatsächlich lässt die Gewichtung im Handlungsprogramm den Verdacht aufkommen, dass erneut die sozial schwächeren Mieter das Nachsehen haben könnten. Denn vorgesehen sind ein Sechstel (879 Wohneinheiten) im unteren Preissegment, drei Sechstel (2638 WE) im mittleren Preissegment und zwei Sechstel (1758 WE) im oberen Preissegment. Wäre den GemeinderätInnen da nicht eine andere Gewichtung, eine zugunsten des unteren Preissegments anzuraten?
Wachsamkeit ist gefragt
Auch die angedachte Bebauung des „Döbele“ (seemoz berichtete mehrfach) ist unter diesen Gesichtspunkten zu überprüfen. Ob die geplanten 400 Wohnungen für Normalverdiener erschwinglich sein werden, muss bei der jetzt beabsichtigten Überarbeitung des ersten Preises im Wettbewerb durch die Konstanzer Architekten Bächle-Meid genau beobachtet werden. Schließlich soll der TUA heute weitere Mittel freigeben – da ist dann von den Volksvertretern auch zu erwarten, dass sie ein wachsames Auge auf die Mietpreis-Entwicklung werfen.
Insgesamt also werden in dieser TUA-Sitzung (Beginn 16 Uhr im Sitzungssaal des Laube-Rathauses) die Weichen gestellt für die Zukunft des Wohnungsbaus in dieser Stadt. Und man darf gespannt sein, welche Volksvertreter sich noch ihrer Versprechen aus dem Wahlkampf – das ist keine zwei Monate her – erinnern und dem Sozialen den nötigen Vorrang einräumen.[modal id=“19250″ style=button color=default size=default][/modal]
Autor: hpk
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