Bürgerinitiative: Wir bleiben
Nach dem Ende des Scala-Kinos kommt die Lokalpolitik zumindest vorläufig zur Ruhe. Das gibt Gelegenheit, Kinobetreiber Heinz Lochmann und die Bürgerinitiative „Rettet das Scala“ zu fragen, wie sie den Gemeinderatsbeschluss vom letzten Donnerstag sowie die Ankündigung der Stadtverwaltung, am Runden Tisch nach einem neuen Kinostandort suchen zu wollen, bewerten.
Während der Gemeinderatsdebatte am letzten Donnerstag hat die Verwaltung ihren Standpunkt bereits ausführlich dargelegt. Oberbürgermeister Uli Burchardt nannte die Debatte ums Scala eine „Stellvertreterdiskussion“, die dem Gefühl mancher Menschen entspringe, die Innenstadt werde von Einkaufstourismus und Kommerzialisierung überrannt. „Es geht anscheinend,“ so der Oberbürgermeister in Richtung Scala-Retter und mit gehörigem Lokalstolz, „um den Untergang der gesamten Altstadt. Aber von Verödung kann keine Rede sein. Wir haben das Konzil für 10 Millionen Euro renoviert, wir haben in der Innenstadt das Theater, das Kulturzentrum am Münster, die Theaterwerkstatt, die Philharmonie, das Rosgartenmuseum und noch viele andere Kulturstätten. Wir haben eine großartige, lebendige Innenstadt, um die uns viele andere Kommunen beneiden.“
Bürgermeister Karl Langensteiner-Schönborn rekapitulierte, dass es seiner Meinung nach keine juristischen Mittel gebe, den Bauantrag vom 28.12.2015 abzulehnen, der auf eine Umwandlung des Scalas in einen Drogeriemarkt hinausläuft. Wer mehr Kultur in der Stadt wolle, müsse einen anderen Weg als eine Verhinderungsplanung gehen. Der 1. Schritt müsse es dann sein, ein Kulturkonzept für die gesamte (!) Stadt aufzustellen, um dann im 2. Schritt zielführende baurechtliche und planerische Mittel zu dessen Verwirklichung zu finden. Außerdem erinnerte er daran, dass es im Oktober 2014 einen zweitägigen öffentlichen Workshop zur Marktstätte gegeben habe, zu dem neben Anwohnern, Eigentümern und Interessenvertretern sämtliche BürgerInnen eingeladen wurden. Bei dieser Gelegenheit habe niemand einen Bebauungsplan gefordert oder gar „Kommerz“ gerufen. Dass man bei diesem Workshop die Bevölkerung allerdings vorausschauend gefragt habe, „wollt Ihr das Kino an der Marktstätte behalten?“, das behauptete Langensteiner-Schönborn auch nicht.
Der Oberbürgermeister verwies in diesem Zusammenhang darauf, dass Konstanz seit Jahren unter Förderung durch das Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung am Projekt Zukunftsstadt arbeite, und forderte die Bürgerinitiative auf, sich hieran zu beteiligen. „Es gibt in Konstanz keine Stadtentwicklung von oben. Bei uns wird jeder gehört – aber nicht jeder erhört,“ fasste er den Kern der städtischen Bürgerbeteiligung zusammen.
Wie aber bewerten Scala-Befürworter das Abstimmungsergebnis im Gemeinderat?
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Kinobetreiber Heinz Lochmann, der bereit gewesen wäre, das Scala an der Marktstätte als Programmkino weiterzuführen, zeigt sich enttäuscht. Für ihn ist es zutiefst ernüchternd, dass das Scala zum Jahresende an dieser Stelle schließt und dass hier eine jahrzehntealte Kinotradition endet. Die belebte Marktstätte im Stadtzentrum sieht Heinz Lochmann immer noch als idealen Kinostandort mit einem attraktiven Umfeld, mit Geschäften, Gastronomie und kulturellen Angeboten für ein breites bürgerliches Publikum.
Die Idee, demnächst am Runden Tisch nach einem anderen Standort für ein Programmkino zu suchen, womöglich auf der anderen Rheinseite, lässt ihn hörbar mit der Stirn runzeln, denn ein komplett neues Kino aufzubauen und beim Publikum zu etablieren, hält er für sehr schwierig. „Der Maler malt seine Bilder schließlich, um seinen Lebensunterhalt damit zu bestreiten.“ Lochmann hegt gelinde Zweifel, dass ein solches Kinokonzept in Konstanz mit Aussicht auf wirtschaftlichen Erfolg betrieben werden könnte – aber das hinge sicherlich auch von den konkreten Rahmenbedingungen ab. Ein neu eröffnetes Kino irgendwo draußen würde seiner Meinung nach zudem Menschen aus der Innenstadt weglocken, „beleben wird man mit einer solchen Politik die Innenstadt nicht. Aber jetzt muss man die Entscheidung einfach so akzeptieren, wie sie nun einmal gefallen ist.“
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Die Bürgerinitiative „Rettet das Scala“ hat es geschafft, das Ende des Kinos an der Marktstätte zum Topthema der Lokalpolitik zu machen. Für sie erklärt Lutz Rauschnick seine Sicht der Dinge am Tage danach:
„Das dreimonatige Engagement in der Bürgerinitiative „Rettet das Scala!“ hat mir gezeigt, mit wie viel Enthusiasmus und Herz KonstanzerInnen sich für ein Thema begeistern und einbringen können, wenn es darum geht, ihre Stadt lebens- und liebenswerter zu gestalten. Es hat aber auch dokumentiert, wie offensichtlich Interessenpolitik gegen Bürgerwillen stehen kann. Wie hat doch Oberbürgermeister Uli Burchardt vor einigen Wochen bei der Podiumsdiskussion im Stadttheater gesagt? „Das Scala ist auch nicht anderes als einer der mehr als 4000 Gewerbebetriebe in dieser Stadt!“ Eben. So handelt er auch.
Ganz ehrlich: Speziell unsere Informationsbesuche in allen Fraktionen des Gemeinderates vor den entscheidenden Sitzungen im TUA und im Rat waren für mich teilweise desillusionierende Erfahrungen, obwohl ich 69 bin und viele Jahre als Journalist gearbeitet habe. Wenn einem bei einigen Gruppierungen von Beginn an Ablehnung und Desinteresse entgegen wabern, wirft das für mich ein – mindestens – ernüchterndes Bild auf einen Teil der Kommunalpolitik und deren ProtagonistInnen. Begriffe wie „Bürgernähe“ oder „Transparenz“ werden gerne inflationär im Vorfeld von Wahlen genutzt. Verblüffend, wie schnell manche RätInnen das hinterher wieder ausblenden.
Positiv aber bleibt die große und fast ausschließlich zustimmende Resonanz in der Stadt von Menschen aller Couleur und die teils sehr engagierte und mutige Unterstützung auch von KommunalpolitikerInnen. Von einigen. Das motiviert uns als Bürgerinitiative, unsere Arbeit wohl fortzusetzen. Themen gibt es viele, wir werden Anfang Mai bei einer öffentlichen Versammlung darüber diskutieren. Wir bleiben.“
O. Pugliese