BUND macht Front gegen Baupolitik in Egg

seemoz-eggVereinbarkeit von sozialer und ökologischer Nachhaltigkeit – ein Traum? Das fragt Antje Boll, BUND-Geschäftsführerin in Konstanz, und wettert gegen die aktuellen Baupläne der Stadtverwaltung. Und da darf eine Kritik am „Handlungsprogramm Wohnen“, das in letzter Zeit vielfach infrage gestellt wird, nicht fehlen. Ein Statement (s. u.) mit Brisanz, gerade, wenn es um Wohnungsknappheit und Flüchtlings-Unterbringung geht.

Nachhaltige Entwicklung heißt, Umweltgesichtspunkte gleichberechtigt mit sozialen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu berücksichtigen. Zukunftsfähig wirtschaften bedeutet also: Wir müssen unseren Kindern und Enkelkindern ein intaktes ökologisches, soziales und ökonomisches Umfeld hinterlassen. Der BUND verfolgt das Ziel der sozialen und ökologischen Nachhaltigkeit in Konstanz schon seit vielen Jahren. Aber von Seiten der Politik wird immer wieder versucht, die beiden wichtigen Eckpfeiler unseres menschlichen Zusammenlebens gegeneinander auszuspielen, in dem man den Weg des vermeintlich geringsten Widerstands geht: das Ausweiten der Bebauungsflächen in Konstanz.

Wohnraum und Naturschutz nicht gegeneinander ausspielen

Der BUND sieht die Not der politisch Verantwortlichen in der Frage der Wohnungsknappheit und Flüchtlingsunterbringung. Diese darf aber nicht dazu führen, dass Umweltgesetze verletzt und Werteprioritäten falsch gesetzt werden. Bereits im „Handlungsprogramm Wohnen“ wurden mit dem Argument Wohnraum für Geringverdiener und Familien verschiedene Grünflächen in Anspruch genommen, z.B. die Streuobstwiese im Marienweg Litzelstetten, der Fohrenbühl, Streuobstwiesen in Egg Ost und Ziegelhütte. Hier wurden die Bedürfnisse (bezahlbarer Wohnraum) dieser Menschen gegen Naturschutzwerte ausgespielt, obwohl es genügend Alternativen für Bauplätze gegeben hätte.

Der Stadt stehen noch ca. 100 ha Bauland zur Verfügung. Die Vorgehensweise der politisch Verantwortlichen schafft Begehrlichkeiten und eine Stimmung in der Stadt, dass letztendlich alle Grünflächen, Naturschutzgebiete und Biotope zur Disposition gestellt werden können, wenn man nur genug Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen schafft (notfalls eben auch finanzieller Art). In diesen Kontext passt auch die Bemerkung des Bürgermeisters, einen neuen Stadtteil gründen zu wollen und dafür den Stadtwald zu roden. Mit der Aufnahme einer großen Zahl von Flüchtlingen steht die Stadt natürlich vor einer großen Herausforderung. Aber dürfen deshalb alle anderen Werte über Bord geworfen werden? Wo ist die Schmerzgrenze der Bebauung?

Es gibt immer Alternativen

In Egg soll nun die Anschlussunterbringung für Flüchtlinge an einem nach § 30 BNatSchG geschützten Feuchtbiotop und auf einer Streuobstwiese gebaut werden. Im FNP und im Rahmenplan Egg wurde die Bachaue extra ausgespart, um das wertvolle Biotop zu erhalten. Nur aufgrund der Nachbarschaftsproteste der Anwohner wurde der ursprüngliche Standort „Egger Wiese“ (s. Foto), der im Bebauungsplan als Bauland ausgewiesen ist, verworfen. Auch hier geht die Politik den Weg des vermeintlich geringsten Widerstands und spielt soziale (diesmal Flüchtlinge) gegen ökologische Werte aus, nur weil der ursprüngliche Standort politisch schwerer durchzusetzen ist.

Mit den gleichen Argumenten wie in Egg könnten auch die Bewohner im Zergle fordern, dass die bei Ihnen vorgesehene Anschlussunterbringung für Flüchtlinge an den Stadtrand ausgelagert wird. Auch hier gibt es einen Grüngürtel (FFH Gebiet), dessen Inanspruchnahme „grundsätzlich ausgleichbar“ wäre. Allerdings müssen hier wie in Egg auch die rechtlichen Rahmenbedingungen eingehalten werden. Nach dem Naturschutzrecht dürfen Eingriffe nur dann vorgenommen werden, wenn es keine Alternativen gäbe. Dies ist in Egg wie im Zergle nicht gegeben. Denn in beiden Fällen stehen Flächen innerhalb der bestehenden Bebauung zur Verfügung. Wäre es nicht schöner und sinnvoller, wenn man die Flüchtlinge in der Mitte unserer Gesellschaft (Nachbarschaft) aufnehmen würde, anstatt sie eingepfercht zwischen Umgehungs- und Ortsverbindungsstraße am Ortsrand unterzubringen? Ein Standort neben dem Kinderspielplatz wäre für Familien ideal!

Willkommenskultur sollte in allen Stadtteilen gepflegt werden, nicht nur von Initiativen und Vereinen wie dem BUND. Zum sozialen Engagement des BUND Konstanz für Mitbürger mit ausländischen Wurzeln: Als Verein ehrenamtlich Aktiver im Naturschutz und im sozialen Bereich engagiert sich der BUND in Konstanz seit Jahren für die Integration von Mitbürgern mit ausländischen Wurzeln und aus anderen Kulturkreisen. In unserer BUND Kindergruppe Spechte zeigen wir Kindern mit und ohne Migrationshintergrund die Natur. „Denn nur, was man kennt, will man auch schützen“, wie unser Wahlspruch in der Naturpädagogik lautet. In unserem Urban Gardening Projekt „Nachbarschaftsgarten Mühlenweg“, das wir gemeinsam mit dem Verein „Miteinander in Konstanz“ betreiben, gärtnern Anwohner des Zergle gemeinsam mit Flüchtlingen. Die Flüchtlingsinitiative „GemeinsamGarten“ hat hier drei Beete. Im Paradies setzten wir uns dafür ein, dass „Café Mondial“ das Sozialgebäude bis zu seinem geplanten Abriss nutzen kann, und freuen uns auf eine intensive Zusammenarbeit! Siehe auch http://www.bund-konstanz.de/wir-ueber-uns/bund-ist-bunt-integration-mit-dem-bund/

PM/hpk