Burchardt nachhaltig blass, Reiser ratlos, Seeliger sachlich

Die zweite Podiumsdiskussion, zu der die örtliche Tageszeitung am Montag Abend ins Konzil gebeten hatte, brachte rund 800 Leute auf die Beine, der Erkenntnisgewinn aus der Debatte allerdings war überschaubar. Fast alles hatte man schon zigmal gehört und gelesen. Dennoch gab es eine klare Punktsiegerin. Die Frage aber ist: Merken das die WählerInnen noch rechtzeitig? Denn in vier Tagen steht die Entscheidung an.

Wirtschaft, Finanzen, Wohnraumprobleme – erneut aufgewärmt und hoch gekocht, etwas nachgewürzt und häppchenweise zum Verzehr angeboten. Sowohl den Moderatoren als auch den KandidatInnen gehen allmählich die Themen aus. Oder das, was sie dafür halten. Soziale Belange blieben auch diesmal außen vor und die Frage, wie es mit dem Konstanzer Krankenhaus weiter geht, wenn die angestrebte Kreislösung scheitern sollte, wurde nur am Rande erwähnt.

Reiser will „rund 1000 Parkplätze“

Erwartungsgemäß etwas Leben kam in die Bude, als es um den Verkehr ging. Sabine Reiser (CDU) brachte ihre alten Kartoffeln auf den Tisch. „Rund 1000 Parkplätze“ will sie auf dem Döbele schaffen. Dass sie damit die innerstädtischen Verkehrsprobleme verschärft, will ihr aber partout nicht in den Sinn. Schon bei der letzten Debatte hatte sie erklärt, dass damit auch den Schweizern die Möglichkeit geboten würde, für ihr Blech in der Nachbarstadt ein lauschiges Plätzchen zu finden. Und Sabine Reiser schilderte pathetisch (auch so eine aufgewärmte Kartoffel) das gar schröckliche Schicksal eines Eidgenossen, der ihr kürzlich sein Leid geklagt hat. Er habe von Kreuzlingen aus mit seinem Auto fast eine Stunde benötigt, um nach Konstanz zu kommen. Das, so Reiser, müsse ein Ende haben und ein Parkhaus auf dem Döbele führe zu einer Verflüssigung des Parksuchverkehrs. Wann merkt Frau Reiser endlich, dass der von ihr so oft zitierte Nachbarstädter gehörig einen an der Waffel hat und als Argument für ein Parkhaus irgendwie gar nicht taugt?

Sabine Seeliger konterte wie gewohnt mit profunder Sachkenntnis. Nicht der Parksuchverkehr sei das größte Problem, denn es komme vor allem zu Staus, wenn sich die überfüllten Parkhäuser leerten. Sie hält an ihrer schon mehrfach artikulierten Forderung fest, an Spitzentagen einen Shuttle-Bus anzubieten, die dementsprechende Infrastruktur vor den Toren der Stadt bereits ab Herbst bereit zu stellen und sich damit für den vorweihnachtlichen Ansturm zu rüsten. Auf ein zusätzliches Parkhaus in der Innenstadt zu setzen, und um der Verkehrsmassen Herr zu werden, hält die grüne OB-Kandidatin für das falsche Konzept. Viel Beifall gab es für ihre durchdachten Vorschläge.

Burchardt sucht ein Verkehrskonzept

Und Uli Burchardt? Er sei „kein Verkehrsexperte“, sagte der Marketingmann und kramte ebenfalls eine alte Kartoffel aus, die er bei diesem Thema immer bei sich hat. Ein „Gesamtkonzept“ müsse her, ließ Burchardt verlauten. Wie bei fast allen Debatten blieb Burchardt blass und durchgehend vage. Dass es dieses Gesamtkonzept in weiten Teilen bereits gibt, scheint dem Kandidaten einfach nicht in den Kopf zu wollen, oder er kennt es einfach nicht. Langsam fragt man sich, wer Burchardt berät. Je länger der Wahlkampf dauert, desto klarer wird: Der durchaus charmante Kandidat hat nur Floskeln parat und ist schlecht informiert. Langsam gehen ihm auch die Witzchen aus, mit denen er sich die vergangenen Wochen aus der Bredouille zog, wenn es eng wurde.

Ein „Sozialexperte“ ist er offensichtlich auch nicht. Auf die Wahlprüfsteine zu sozialen Fragen, die ihm die Linke Liste hat zukommen lassen, reagierte er überhaupt nicht. Auch die Fragen, die ihm die ehemaligen OB-Kandidaten Luithle, Kaltenbach und Tartsch stellten, waren Burchardt wohl eher lästig. Seine Antworten kamen spät, deren dürre Inhalte sind vernachlässigbar und waren mit ein Grund, dass die drei Ex-Kandidaten nun Seeliger unterstützen.

Die Konzerthausleiche zuckt weiter munter und fidel vor sich hin und würde gerne aus ihrer Gruft klettern. Dabei helfen möchten Reiser und natürlich Burchardt. Reiser behauptete, die „Stadt ist reich“ (da war es ganz still im Saal) und könne sich ein „Haus für Konstanz“ locker leisten. Woher sie das Geld nehmen will? Keine Ahnung. Aber sie kenne da einen reichen Unternehmer (Kartoffelbrei, der seit Wochen im Einsatz ist), den sie gerne im Auftrag der „lieben Konstanzerinnen und Konstanzer“ anrufen möchte. Bemerkung am Rande: Mit ihren Wahlkampffinanzen geht Reiser eher klandestin um. Vor Wochen hat sie erklärt, dass sie ihre Spenden umfänglich offenlegen werde. Das ist bis heute nicht geschehen und wird wohl auch nichts mehr. Bei Seeliger indes weiß man längst, woher wie viel Geld kommt und wer dahinter steckt.

Seeliger setzt auf Stabilität

Uli Burchardt – „ich verspreche nichts, Sie wählen nur einen Oberbürgermeister und keinen König“ – neigt ebenfalls zur Leichenfledderei und plädiert wacker für ein Konzerthaus. Irgendjemand wird’s schon bezahlen. Wo er denn geeignete Standorte sehe, war die Frage an ihn. Er wich aus, wollte – wen wundert das überhaupt noch? – nichts Konkretes sagen. Erst auf hartnäckiges Nachfragen, das ihm sichtlich unangenehm war, erwähnte er u.a.das Döbele (!) und das Vincentius-Gelände. Anschließend war er herzensfroh, dass das Thema aus Zeitgründen nicht weiter erörtert werden konnte. Da atmeten seine Anhänger erleichtert auf.

Sabine Seeliger blieb bei ihren Aussagen. Es sei zum jetzigen Zeitpunkt ausgesprochen schwierig, ein wie auch immer geartetes Konzerthaus zu planen. Natürlich stünde dieses Projekt auf der Wunschliste, aber die Finanzlage, auch der kommenden Jahre, lasse eine Realisierung wohl nicht zu. Sie würde sich lieber darum kümmern, das bisher Erreichte (Schule, Betreuungsangebote für Kinder, Bildung, Kultur) abzusichern und zu stabilisieren. Für Wolkenkuckucksheime mag sich die Grüne nicht begeistern.

Fazit nach rund zwei Stunden: Sabine Seeliger war in nahezu allen Punkten ihren Mitbewerbern überlegen. Sie finden, dieser Bericht ist wiederum einseitig? Mag sein, aber die andere Seite gibt eben außer des Einsatzes von teuren Nebelkerzen nicht viel her. Und das ist eindeutig zu wenig.

Autor: H.Reile