Café Mondial – ganz global

seemoz-Cafe Mondial 020So überfüllt war der Treffpunkt Petershausen in Konstanz noch nie. Regelmäßig 100 Besucher drängten sich durch die Räume: Flüchtlinge, Asylbewerber und deutsche Helfer machten am Sonntag den Treffpunkt zu einem Festival der Nationen. „Café Mondial“ nennt sich der Verein, der die „Kunst der Vielfalt“ fördern will. seemoz sprach mit den Organisatoren.

„Café Mondial on Tour“ nennt Hakan Sanli den Treff, der nach der Premiere im Atelier Böhringer Mitte März gestern zum zweiten Mal im Treffpunkt Petershausen zusammen fand: „Langfristig suchen wir eine feste Bleibe“, meint Sanli, „um die ‚Kunst der Vielfalt‘ zu präsentieren.“ Denn das ist der Untertitel der Veranstaltung und der eigentliche Zweck – Kontakte zwischen Menschen unterschiedlicher Herkunft zu fördern.

Und es gab Kuchen und Musik aus vielen Ländern und Kulturen, Gespräche über Grenzen hinweg, lachende Kindergesichter und manche Träne in den Augen ihrer Eltern. Seemoz sprach mit zwei der Organisatoren, die vor zwei Monaten den gemeinnützigen Verein gegründet haben: Dirk Kirsten und Hakan Sanli studierten beide in Konstanz und haben sich nun, bereits berufstätig, dieser ehrenamtlichen Arbeit verschrieben.

„Ich habe Diskriminierung am eigenen Leib erlebt“

Café Mondial – eine tolle Idee. Wie seid Ihr darauf gekommen?

Hakan: Viele, die sich in Konstanz der Arbeit mit Flüchtlingen widmen, haben schon lange den Wunsch, einen solchen Treffpunkt über die Kulturen hinweg zu gründen. Wir stießen dann auf das Projekt „Grand Hotel Cosmopolis“ in Augsburg, wo in einem Hotel zwar auch Flüchtlinge wohnen, sich aber auch Gäste einmieten können. So finden Asylbewerber eine Arbeit und Gäste und Fremde leben miteinander, eine tolle Idee. „Café Mondial“ will ein kleiner Ableger dieser Idee werden.

„Café on Tour“ nennt Ihr das Projekt. Wie kann man das verstehen?

Dirk: Wir suchen einen festen Standort für das Café. Solange wir den nicht gefunden haben, touren wir durch die Stadt. Erste Station war Mitte März das Atelier Dominik Böhringer in der Wiesenstraße, zweite Station der Treffpunkt Petershausen. Und wir hoffen, andernorts unterzukommen, beim Theater vielleicht oder Kula oder K9. Denn die Hilfsbereitschaft in Konstanz ist enorm, es fehlt nur an Räumen, das auch auszuleben.

Stichwort Hilfsbereitschaft. Hinter Euch steht keine Organisation, keine Partei, aber gut 20 Aktive arbeiten ständig mit. Woher kommt das Geld, woher zum Beispiel die Speisen, die hier kostenlos angeboten werden?

Dirk: Wir alle arbeiten bei ’save me‘ oder dem Aktionsbündnis Abschiebestopp mit, daher kennen wir uns. Und dann haben einige aus diesem Kreis die Idee mit dem Café gehabt. Wir finanzieren uns immer noch nur aus Spenden oder ehrenamtlichem Engagement – die Speisen heute sind zum Beispiel alle selbst fabriziert, jeder hat etwas mitgebracht.

Hakan: Das Engagement hat auch mit der eigenen Sozialisation zu tun. Obwohl in Deutschland geboren, zur Schule gegangen, studiert, habe auch ich hier Diskriminierung am eigenen Leib erfahren. Das hängt schon mit dem Namen zusammen. Und dann will man einfach etwas tun, damit es anderen besser geht.

‚Kunst der Vielfalt‘ ist der Untertitel eurer Aktion…

Hakan: Es ist so beeindruckend zu erleben, was solches soziale Miteinander bewirken kann. Da backen wildfremde Menschen einen Kuchen, den wir noch nie geschmeckt haben, oder bringen wildfremde Menschen ihre Instrumente mit, auf denen wir noch nie Musik gehört haben…

Dirk: …wie man gleich am „Roma Balkan Express“ erleben kann.

Und tatsächlich spielen dann sechs Flüchtlinge vom Balkan auf, die jetzt in Engen, Radolfzell oder Tuttlingen leben: Schräge, serbische Weisen mit herben Bläsertönen – auf Instrumenten, die mehrheitlich der ‚Freundeskreis Asyl Radolfzell“ besorgt, gekauft oder geliehen hat. Die Pauke beispielsweise ist von der Fasnachtskapelle geborgt, die Trompete aus Spenden bezahlt. Wie sagte doch Dirk Kirsten? „Die Hilfsbereitschaft ist enorm“. Dieser Nachmittag im Treffpunkt Petershausen mit der Premiere des „Roma Balkan Express“ hat das nachdrücklich bewiesen.

hpk

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