Café Mondial nur bis 2019 im Palmenhaus
Der Konstanzer Gemeinderat ruderte am gestrigen Donnerstag gegenüber dem Beschluss des Technischen und Umweltausschusses (TUA) vom Dienstag zurück. Vor allem auf Betreiben von SPD , CDU und auch der diesbezüglich gespaltenen FGL wurde beschlossen, dem Café Mondial das Sozialgebäude am Palmenhaus nur bis 2019 zu vermieten und das Gebäude dann definitiv abzureißen.
Man erinnere sich: Der TUA hatte, getragen von einer Welle der Sympathie für die MacherInnen des Flüchtlingsprojekts Café Mondial und von deren Idee, gemeinsam mit Flüchtlingen einen Ort der Begegnung und Information zu gestalten, beschlossen: 1. Das Café Mondial erhält das eigentlich zum Abriss bestimmte Sozialgebäude beim Palmenhaus im Paradies zur Nutzung. 2. Der Vertrag läuft „vorerst“ bis 2019 (was offen ließ, ob der Vertrag bei Bedarf verlängert wird oder nicht).
Jürgen Ruff (SPD) hatte sich schon im TUA gegen die Verlängerungsmöglichkeit über 2019 hinaus ausgesprochen, und eröffnete auch im Gemeinderat die Debatte. Er beschwor eine Störung des sozialen Friedens im Paradies, wenn man jetzt nicht endlich festlege, wann das Gebäude, wie schon vor langer Zeit versprochen, endlich abgerissen werde, um eine Ausgleichsfläche für die Grenzbachtrasse zu schaffen. Er forderte auch Rechtssicherheit für die ParadieslerInnen. Martin Wichmann vom Amt für Stadtplanung und Umwelt stellte noch einmal dar, dass der Abriss bereits vor 20 Jahren beschlossen worden sei. Außerdem hält er das Gebäude für zu baufällig für eine längere Nutzung, bemängelte, dass es nicht barrierefrei ist und verwies auf das Regierungspräsidium, das um einen festen Abrisstermin gebeten habe. In der Tat, vieles auf dem Areal des Palmenhauses geschieht wohl an der Grenze der Legalität, aber bisher hatten die VolksvertreterInnen stets in einer Notsituation gehandelt.
Dass Wolfgang Müller-Fehrenbach (CDU) „Bürgertäuschung“ in den Saal rufen würde, war zu erwarten. „Seit Jahren warten wir auf den Abriss“, behauptete er, „das Paradies braucht endlich dieses Stück Grünfläche, und außerdem haben wir’s den Bürgern versprochen!“ Der Mann hat seine Finger immer am Puls des bürgerlichen Volkes, dem ein gepflegtes Stück Rasen allemal wesentlich wichtiger ist als eine gesicherte Begegnungsstätte für gebeutelte Flüchtlinge.
Anselm Venedey (FWK) fasste zusammen, aus welchen Gründen am Dienstag die Verlängerungsmöglichkeit über 2019 hinaus beschlossen worden war, für die er ebenso wie etwa die LLK auch weiterhin plädierte: Angesichts der Unberechenbarkeit der Flüchtlingsströme weiß kein Mensch, wie die Situation 2019 aussehen wird, darum solle man jetzt den Abriss auf keinen Fall festschreiben, denn vielleicht sei man dann froh, wenn man dort das Café Mondial nach 2019 noch etwas länger unterbringen könne, und Peter Müller-Neff (FGL) wies darauf hin, dass man Ersatzräumlichkeiten fürs Café Mondial ab 2019 nur unter äußersten Schwierigkeiten finden werde.
Eine überraschende Rolle spielte Zahide Sarikas (SPD): Sie hatte noch am Dienstag im TUA gegen ihren Fraktionskollegen Jürgen Ruff für die Verlängerungsmöglichkeit über 2019 hinaus gestimmt und war in der Zwischenzeit wohl kräftig in die Mangel genommen worden. Sie wollte vor allem klarstellen, dass das Café Mondial den Eindruck vermeiden will, es wolle für immer beim Palmenhaus bleiben, und gab sich optimistisch, dass man für das Café bessere Räumlichkeiten finden werde.
Die Abstimmung fiel mit 18:17 denkbar knapp aus. Das Café Mondial erhält also das Sozialgebäude am Palmenhaus bis 2019, und dann wird das Ding definitiv abgerissen.
Zahide Sarikas jedenfalls wurde gleich nach der Abstimmung im Flur vor dem Ratssaal vom ob dieses Beschlusses sichtlich beglückten Stadtplaner Martin Wichmann spontan umarmt: „Zahide, jetzt haste richtig abgestimmt“. Man kann für das Café Mondial und die Flüchtlinge nur hoffen, dass sich diese Einschätzung nicht als Trugschluss erweist.
O. Pugliese
Ich freue mich, dass das Café Mondial bis 2019 einen Platz im Sozialgebäude des Palmenhauspark gefunden hat und bin guter Dinge, dass diese hoffnungsvolle Initiative unser Zusammenleben bereichern wird.
Ich sehe aber auch, dass die Situation im Palmenhauspark Fingerspitzengefühl im Umgang miteinander erfordert. Dass die Bürgergemeinschaft Paradies dieses grüne Kleinod in den letzten 15 Jahren so engagiert gegen allerlei Begehrlichkeiten verteidigt hat, war wichtig und verdient Anerkennung. Die ehrenamtlich Aktiven haben damit sozial und ökologisch verantwortlich gehandelt. Sie mit Begriffen wie „Brandfackel“ zu belegen oder ihnen flüchtlingsfeindliche Tendenzen zu unterstellen, ist unfair und ungerecht.
Zumal „Brandfackel“ in Anbetracht brennender Flüchtlingsunterkünfte ein belasteter Begriff ist. Ich finde, wir brauchen in einer Situation wie dieser keine Polemik gegeneinander, sondern sollten versuchen, einander ernst zu nehmen und gemeinsam nach Lösungen suchen.
seemoz plant in Kürze für seine PraktikantInnen einen Journalisten-Workshop. Auf dem wird u.a. mit dem Unsinn vom „objektiven Journalismus“ aufgeräumt. Liebe Gaby, Du bist gerne dazu eingeladen.
Zitat seemoz: Brandfackel der Klage. Nicht „Krieg“. Und wenn, dann Klage gegen die Stadt, doch nicht gegen Cafe Mondial. Will man mich absichtlich missverstehen? Und was hat das alles mit meinen Familienverhältnissen zu tun? Es gibt die Bürgergemeinschaft Paradies mit demokratisch gewählten Vorständen. Die ist klageberechtigt und fällt in Mitgliederversammlungen ihre
Entscheidungen.
Sehr geehrte Frau Wunderlich,
über ihren auch im Südkurier erhobenen Vorwurf der Verleumdung bin ich doch sehr verwundert. Die „Brandfackel des Krieges“ ist lediglich eine Redewendung in übertragenem Sinne und stellt doch überhaupt keinen Bezug zu realen Brandstiftern her. So wie ich auch hoffe, dass hier das Kriegsbeil begraben werden kann und dafür auch nicht erforderlich ist, dass wir tatsächlich ein Kriegsbeil irgendwo (im Palmenhauspark gar?) begraben.
Die Redewendung ist meiner Ansicht nach durchaus verständlich dadurch in den Text gekommen, dass ihr Mann leider in der öffentlichen Begehung gleich in seinem ersten Statement im ersten Satz mit einer Klage drohte. Das finde ich ehrlich gesagt unschön, da so sachliche Gespräche kaum möglich sind.
Ich fände es daher schön, wenn Sie und ihr Mann Café Mondial nicht als Gegner auffassen, den man mit Klagen überziehen muss, sondern als das was wir auch sein möchten: Ein Partner. Auch wir sind gegen Privatisierungen des Parks oder anderer öffentlichen Flächen und daher haben wir hier doch ein starkes gemeinsames Interesse.
Es wäre daher wünschenswert, wenn die „Bürgergemeinschaft Paradies“ von der angedrohten Klage absieht und stattdessen mit uns gemeinsam Probleme angeht und eine positive Atmosphäre schafft. Wir sind stets zu freundlichen Gesprächen bereit und unterhalten uns sehr gerne mit anderen Bürgern. Vergessen sollte man nämlich auch nicht, dass viele Café Mondialer auch Bürger des Paradieses sind. Unsere Hand ist ausgestreckt.
Ich wäre dem seemoz wirklich sehr verbunden, wenn er mit der Hetze gegenüber der Bürgergemeinschaft Paradies, dem Förderverein Palmenhaus und der Agendagruppe aufhören könnte. Wir kämpfen seit dem Jahr 2000 für den Erhalt des Palmenhauses und gegen ein Verschachern des Parks an Privatisierer und Spekulanten. Dazu gehört auch die Forderung nach Abriss des Sozialgebäudes und der von unseren Architekten ausgearbeitete Plan über einen kleinen Anbau, der genau das erfüllen würde, was das Café Mondial jetzt will: Eine Begegnungsstätte für alle. Uns nun in die Nähe rechter Brandstifter zu stellen, die „gerne mal mit der Brandfackel der Klage wedeln“, ist gelinde gesagt Verleumdung.
Und zu unterstellen, daß Zahide wohl kräftig in die Mangel genommen wurde, ist in meinen Augen eine bodenlose Frechheit und hat mit objektivem Journalismus rein gar nichts zu tun. Was anderes hab ich allerdings von euch auch noch nie erwartet.