Campus-Festival: Die Macher haben überzockt

Für einigen Wirbel sorgte in der Gemeinderatssitzung am gestrigen Donnerstag die Abstimmung über die städtische Unterstützung für das an der Uni im Juni angekündigte Campus-Festival. Neben einigen juristischen Unklarheiten über die Modalitäten der Abstimmung war in Gemeinderat und Verwaltung einiges Murren über die Veranstalter zu hören, die sich einerseits lautstark zu vermarkten verstehen, es andererseits aber nach Angaben der Verwaltung an Transparenz auffällig vermissen lassen.

Ziemliche Verwirrung herrschte zu Beginn der Debatte über diesen Tagesordnungspunkt, weil nicht klar war, wer eigentlich worüber abstimmen darf bzw. muss. Bei einigen VolksvertreterInnen herrschte die Ansicht vor, nach der Vorberatung im Kulturausschuss sei eine Entscheidung über einen Zuschuss zum Festival bereits in der letzten Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses (HFA) gefallen. Konsequenterweise stellte Jürgen Faden (FWK) denn auch den Antrag, diesen Tagesordnungspunkt abzusetzen.

Ist das nicht längst entschieden?

Der sichtlich genervte Oberbürgermeister Uli Burchardt verhängte dann eine Viertelstunde Pause, um sich rechtlich beraten zu lassen, und kam schließlich mit der Erkenntnis zurück, dass der HFA nicht entschieden, sondern nur eine Empfehlung an den Gemeinderat abgegeben habe. Die gelegentlich geäußerte Ansicht, das Votum des HFA sei bindend, habe sich als Irrtum herausgestellt. Die einzige Möglichkeit, eine sofortige Beratung zu verhindern, sei eine Vertagung, aber die wurde vom Rat deutlich abgelehnt.

Es konnte also zur Sache gehen, und für die Veranstalter des Festival stand einiges auf dem Spiel, hatten Sie sich doch vom Gemeinderat ursprünglich mehr als 30 000 Euro ausbedungen. Widrigenfalls könne das Festival auf keinen Fall stattfinden, ähhh, sie als arme Studenten gerieten in üble Schwierigkeiten, hmmmm, das Festival werde aber trotzdem auf jeden Fall stattfinden … Ihre uneinheitlichen Äußerungen zeigen eines der Probleme der veranstaltenden nachtschwärmer-kn: Genauso wie sie nicht einmal im Impressum ihrer Homepage, Stand 13.05.2016 um 05:12 Uhr, eine Rechtsform nennt (weder e.V. noch GmbH noch sonst irgendetwas), genauso flexibel ist die Außendarstellung dieser ziemlich großspurig auftretenden Jungunternehmer auch sonst. In den Fraktionen haben sie intensiv für die nach ihren Angaben vor allem gemeinnützige Veranstaltung geworben, aber ihr Marketing grenzte oft an Speichelleckerei und vermittelte nach Ansicht einiger RätInnen ihr vor allem taktisches Verhältnis zur Wahrheit. Es war bei einigen der Eindruck entstanden, dass hier ein paar clevere studentische Jungunternehmer versuchen, mit Engelszungen und viel Chuzpe eine auf private Profite zielende Veranstaltung als hehre Selbstaufopferung fürs Gemeinwohl zu verkaufen und sich auf städtische Kosten als angehende Konzertveranstalter zu etablieren. Dass sich Uni-Rektor Ulrich Rüdiger gegenüber dem Oberbürgermeister für sie einsetzte, machte dem Rat Entscheidung natürlich nicht einfacher. Holger Reile (LLK) konstatierte nach der Ablehnung im HFA, „kaum rührt sich etwas auf dem Gießberg, schon tut sich hier unten in der Stadt etwas, das riecht für die Öffentlichkeit nach Mauschelei.“

Zwei Varianten

Wie dem auch sei, letztlich standen zwei Varianten zur Abstimmung: A) Das Campus-Festival erhält fix 5 000 Euro, B) Wenn das Festival Verlust macht, schießt die Stadt bis zu 20 000 Euro zu, die Veranstalter haben dafür eine detaillierte Abrechnung vorzulegen.

In seiner Einleitung vermittelte Bürgermeister Andreas Osner die allgemeine Wertschätzung für diese Veranstaltung, die eine kulturelle Lücke vor allem für jüngere Menschen fülle. Er verwies darauf, dass der Fördertopf für dieses Jahr insgesamt nur 22 000 Euro enthalte, weshalb 5 000 Euro durchaus generös seien. Er beklagte aber, dass sich das städtische Kulturbüro äußerst schwergetan habe, von den Veranstaltern überhaupt verwertbare Unterlagen zu ihrem Antrag zu bekommen, auch die vorliegende, nochmals überarbeitete Kalkulation sei weiterhin unverständlich. Dabei habe das Kulturbüro die Antragsteller ausführlich beraten und ihnen auch mehrfach hinterher telefoniert.

Man fragt sich als Laie: Derart professionelle Veranstalter wie diese, die Wirtschaft, Verwaltung und ähnliches an der Uni studiert haben, haben für ihren Eigenbedarf ja schon lange, bevor sie bei der Stadt eine Förderung beantragen, eine detaillierte Kalkulation nach allen Regeln der Kunst erarbeitet. Ohne eine solche Kalkulation hätten sie als akademisch geschulte Wirtschaftsprofis sich ja nie dafür entschieden, diese Veranstaltung durchzuführen. Warum wollen sie ihre längst fertige, ausführliche Kalkulation dann auch nach Wochen zärtlichen Drängens seitens der Stadt immer noch nicht herausrücken, obwohl das doch die Voraussetzung für die Entscheidung über ihren Antrag ist? Das hat zumindest ein kleines Geschmäckle …

Kommerz contra Gemeinwohl?

Die Befürworter der Variante B) (bis zu 20 000 Euro) wie etwa Dorothee Jacobs-Krahnen (FGL) lobten das Festival als wichtige kulturelle Bereicherung, die unter erheblichem ehrenamtlichem Einsatz als nicht profitorientierte Veranstaltung über die Bühne gehen solle. Auch Heinrich Everke plädierte für diese Variante: Sie verstoße zwar gegen die Kulturförderrichtlinien der Stadt Konstanz, aber so viel studentisches Engagement habe es verdient, dass man mal eine Ausnahme mache. Jürgen Puchta (SPD) vertraute darauf, dass der Landesrechnungshof das Campusfestival des letzten Jahres wegen der Beteiligung der Studierendenvertretung geprüft und nicht beanstandet habe. Thomas Buck (JFK) sprach davon, dass es grundsätzlich einen „Primat der Politik“ gegenüber irgendwelchen Richtlinien geben müsse, was Roger Tscheulin (CDU) kommentierte, dann könne man alle Richtlinien ja auch gleich über Bord werfen.

Anselm Venedey (FWK) hielt gewohnt wortgewaltig gegen die 20 000 Euro: „Natürlich verfolgt der Veranstalter kommerzielle Zwecke, und das ist sein gutes Recht.“ Aber für Venedey stehen einer Förderung nicht nur die Förderrichtlinien, sondern auch Gerechtigkeitsüberlegungen entgegen. Bei der Verwaltung seien heuer zwei Veranstalter vorstellig geworden, das Campus-Festival sowie das GuteZeit Festival. Letzteres, das der Stadt für das Bodenseestadion immerhin Pacht bezahle, habe sich mit dem abschlägigen Bescheid des städtischen Kulturbüros abgefunden. Ersteres, das seinen Platz von der Uni kostenlos erhalte, mache nach dem abschlägigen Bescheid der Stadt Druck und halte die Hand immer noch weit auf. Aus Gründen der Gerechtigkeit und um keinen Präzedenzfall zu schaffen, seien beide Veranstalter gleich zu behandeln. Oberbürgermeister Uli Burchardt rief zu Realismus auf: Wenn der Rektor der Universität sich hinter ein Projekt stelle, habe sein Wort natürlich großes Gewicht. Das sei aber nicht weiter schlimm, denn Lobbyismus sei auch in der Lokalpolitik allgegenwärtig, und in diesem Falle sei schließlich absolut transparent, wer für welche Interessen werbe. Er wolle für Variante A) (5 000 Euro Festzuschuss) stimmen, denn er wolle sich an die Förderregeln, die sich dieses Gremium nach langer Diskussion selbst gegeben habe, halten. Auch er warf den Veranstaltern vor, der Verwaltung nicht gut genug zugearbeitet zu haben.

Der Antrag B) auf 20 000 Euro Fehlbetragszuschuss „vor dem Hintergrund des 50-jährigen Jubiläums der Exzellenz-Uni“ wurde mit 19:19 Stimmen abgelehnt. Antrag A) auf 5 000 Euro Förderung wurde dann mit großer Mehrheit angenommen.

Den Veranstaltern muss dieses Abstimmungsergebnis angesichts ihrer hohen Ansprüche als Niederlage erscheinen. Ihr Powermarketing in eigener Sache war aber vielleicht nicht bei allen Gemeinderätinnen und -räten zielführend, denn einige fühlten sich eher genötigt als gebeten. Etliche zweifelten auch angesichts der ungewöhnlich intensiven Lobbytätigkeit und des geballten, gelegentlich hochnäsigen Marketingneusprechs der Jungunternehmer an deren vorgeblicher Non-Profit-Orientierung. Nicht bei allen (zumeist gestressten) LokalpolitikerInnen kommt es gut an, wenn man allgegenwärtiger zu sein versucht als die Bierwerbung in der Sportschau.

O. Pugliese