Cano wird größer … um Kosten zu sparen

Die Singener Gemeinderats-Sondersitzung am vergangenen Donnerstag zum geplanten „Einkaufs- und Dienstleistungszentrum Innenstadt“, so die amtliche Bezeichnung, hatte schon was von einem Déjà-vu-Erlebnis: Abgestimmt wurde über den Entwurf des „vorhabenbezogenen Bebauungsplans mit Vorhaben- und Erschließungsplan“. Gab’s das nicht schon einmal?

Genau – im Mai vergangenen Jahres, anschließend war die Offenlage erfolgt und im Herbst 2017 sollte vertraglich alles unter Dach und Fach sein und der Abbruch des Holzer-Baus und der weiteren von ECE erworbenen Gebäude beginnen – doch passiert ist seitdem bekanntlich nichts.

Der Grund dafür, so erklärte Oberbürgermeister Bernd Häusler zu Beginn der Sondersitzung, sei der guten Baukonjunktur geschuldet: Der „Vorhabenträgerin“ ECE sei es deshalb nicht gelungen, einen Generalunternehmer zu finden, sondern habe selbst alle „Gewerke“ (sprich Ausschreibungen und Vergaben an einzelne Bau- und Handwerksunternehmen) selbst übernehmen müssen. „Aufgrund der erheblichen Baukostensteigerungen, die im Zuge der Ausschreibung des Vorhabens (Sommer/Herbst 2017) sichtbar wurden“, wolle ECE nun die Statik vereinfachen, um die Baukosten zu senken und gleichzeitig die zulässige Verkaufsfläche besser ausschöpfen zu können.

Daher wolle man mit der eigentlichen beheizbaren Gebäudefläche an die äußerste Grundstückgrenze gehen, was zur Folge habe, dass vorspringende Elemente der Betonfassade über dem Erdgeschoss nun 40 cm über die Grundstücksgrenze hinaus und somit in den „öffentlichen Raum“ hineinragen werden. Auf die betreffende Gebäudelänge mache dies rund 150 qm mehr Fläche aus, die ECE der Stadt zusätzlich abkaufen werde.

Diese weiteren 150 qm Verlust öffentlichen Raumes mögen auf den ersten Blick kaum auffallen, aber auch schon im gesamten bisherigen Verlauf des Verfahrens gab es keine Hinweise, ob und ggf. wie sich diese Veränderungen auf das „Hausrecht“ des Vorhabenträgers auswirken könnten. Wobei es für die Singener Bürger vielleicht doch interessant sein dürfte, welche Rechte sie in der Umgebung des Cano überhaupt noch haben werden bzw. wieweit ihre Rechte im öffentlichen Raum (z.B. Aufenthaltsrecht, Demonstrationsrecht etc.) von der Vorhabenträgerin beschnitten werden können.

Im Innenbereich bedeutet diese Optimierung insgesamt 650 qm mehr, die sich vermieten und somit in bare Münze umsetzen lassen, wobei man nun mit 15 660 qm Verkaufsfläche noch immer unter maximalen Verkaufsflächenobergrenze von 16 000 qm liege.

Diese Veränderungen beträfen aber nur die Bahnhof-, August-Ruf- und Hegaustraße, nicht die in der Alpenstraße angrenzende Wohnbebauung und das alte Zollgebäude, stellte OB Häusler klar. Diese „kleine“ Anpassung der Kubatur habe aber zum einen eine komplette Überarbeitung der Pläne von ECE bedeutet, zum anderen musste geprüft werden, wie sich diese Veränderung auf die öffentliche Verkehrsfläche auswirke; Verkehrs-, Schall- und Umweltgutachten seien nochmals aktualisiert worden, ebenso die Prognosen für den Handel; und zwingend notwendig sei es, nun erneut in die Offenlage zu gehen.

Ohne große Diskussion (die eigentliche Entscheidung für das Center ist ja ohnehin längst gefallen) stimmte der Rat mit zwei Nein-Stimmen – Eberhard Röhm (Die Grünen) und Monika Leible-Karcher (SPD) – sowie einer Enthaltung – Isabelle Büren-Brauch (Die Grünen) – dem neuen Bebauungsplan zu. Der endgültige Baubeschluss soll nach Ablauf der Frist für die Offenlage und Einwendungen Mitte Mai durch den Gemeinderat erfolgen, danach sei der Notariatstermin in Hamburg zur Unterzeichnung des Kaufvertrags geplant.

Der Abbruch der von ECE erworbenen Gebäude würde ab Juni oder Juli beginnen. Die Sommertage in der Stadt dürften also ungemütlich laut und staubig werden. Zumal zuvor noch das „Conti“ Stockwerk für Stockwerk zersägt werden soll – also doch nichts mit Knalleffekt …

Uta Preimesser (Foto: ece)