CDU-Jung interessiert sich nicht für Mieter
Der Mieterbund Bodensee kann bei der Mehrheit der örtlichen Bundestagskandidaten auf Unterstützung bei drei Kernthemen der Wohnungspolitik und des Mietrechts hoffen. Dies ergab eine Umfrage des 7500 Mitglieder starken Verbands unter den im Bundestag vertretenen Parteien. Ein Wahlbewerber antwortete dem Mieterbund allerdings nicht.
„Ausgerechnet der einzige Bundestagsabgeordnete unseres Kreises, Andreas Jung von der CDU, bleibt bei einem der wichtigsten Themen für die Menschen stumm“, bedauert der Mieterbunds-Vorsitzende Herbert Weber. „Ganz offensichtlich interessiert sich der CDU-Abgeordnete nicht für Probleme und Interessen der Mieter.“
Bezahlbare Wohnungen gebe es nur, wenn genügend in den sozialen Wohnungsbau investiert werde, den sich auch Arbeitnehmer mit ihren Familien leisten können, ist der Mieterbund überzeugt. Daher wollte er wissen, ob die Wahlbewerber eine weitere Beteiligung des Bundes an der sozialen Wohnungsbauförderung unterstützen. Ob sozial orientierte Bauträger wie die Konstanzer WOBAK nach 2019 noch ausreichend Fördermittel erhalten, sei derzeit ungewiss, so Weber. Tobias Volz (SPD), Martin Schmeding (Grüne) und Simon Pschorr (Linke) unterstützen diese Forderung ohne Vorbehalte, während sich FDP-Kandidat Tassilo Richter lediglich für eine Zweckbindung der Bundesmittel aussprach, damit sie nicht in den Kassen der Länder oder Kommunen versickern und für andere Zwecke ausgegeben werden.
Wenn man sich die Miete nicht mehr leisten kann
Die Mietpreisbremse konnte im Kreis Konstanz die in sie gesetzten Erwartungen nicht erfüllen, meint auch der Mieterbund Bodensee. Simon Pschorr (Linke) bezeichnete das geltende Gesetz wegen zahlreicher Ausnahmen als „Dekoration ohne jede Bindungswirkung.“ Martin Schmeding forderte Bußgelder gegen Verstöße. Tobias Volz will die „Schlupflöcher schließen“, damit die Mietpreisbremse als Sofortmaßnahme wirken könne. Denn die hohen Mietpreise im Landkreis seien nicht nur ein soziales, sondern auch ein wirtschaftliches Problem. Wohnungsmangel verschärfe den Fachkräftemangel. So könnten sich Pflegekräfte oft die verlangten Mieten nicht mehr leisten, berichtet Volz. Die FDP lehne die Mietpreisbremse dagegen ab, erklärte Tassilo Richter, da sie Investitionen in den Wohnungsbau hemme. Simon Pschorr kritisiert zudem, dass Mietspiegel zum Instrument der Mieterhöhung werden.
Ein gravierendes Problem stellen nach Ansicht des Mieterbunds die derzeitigen Regelungen zur Modernisierung von Mietwohnungen dar – elf Prozent der Investitionskosten dürfen auf die Jahresmiete aufgeschlagen werden. Eine Begrenzung dieser Modernisierungskosten gebe es nicht. Dies sei ein Anreiz zu teuren Luxussanierungen, die Mieter aus ihren Wohngebieten vertreibe, kritisiert der Mieterbund und fordert, die Umlage auf maximal fünf Prozent zu senken.
Modernisierung zulasten der Mieter
Tassilo Richter will die gegenwärtige Rechtslage nichts ändern und fordert stattdessen die Streichung von Bauvorschriften, eine niedrigere Grunderwerbssteuer und mehr Wohngeld. Simon Pschorr und Tobias Volz unterstützen die Mieterbund-Forderung. Martin Schmeding betont, dass Modernisierungen von Wohngebäuden wegen des Klimaschutzes notwendig seien. Er teilt die Forderung des Mieterbunds nach einer Kappungsgrenze für die Modernisierungskosten und spricht sich für eine faire Beteiligung von Mietern und Vermietern am Modernisierungsaufwand aus. Wäre es nach der SPD gegangen, so Tobias Volz, wäre das Problem der Modernisierungen bereits gelöst. Denn das Justizministerium habe bereits einen Gesetzentwurf erarbeitet, der auf viele Mieterbund-Forderungen eingegangen sei. Doch die CDU habe eine Beratung der geplanten Rechtsänderungen verhindert.
Diese Blockade dringender Mietrechtsänderungen kritisiert auch Mieterbund-Chef Herbert Weber. „Wir können vor Ort betroffenen Mietern nicht richtig helfen, weil der Bund in der laufenden Wahlperiode untätig war.“ Als weiteres Fazit der Kandidatenbefragung stellt Weber fest: „Unser amtierender Bundestagsabgeordneter Andreas Jung steht nicht auf der Seite der Mieter, sondern schweigt.“
MM
In der Angelegenheit ist, datiert vom 2.9., Antwort eingetroffen:
„Sehr geehrter Herr Stribl,
vielen Dank für Ihre Mail und Ihre Frage nach den Wahlprüfsteinen des Mieterbundes. Anbei sende ich Ihnen meine Antworten darauf. Ich habe Sie gestern dem Mieterbund Bodensee gesendet. Zuvor hatte ich den Vorsitzenden Herbert Weber angerufen und ihm gesagt, dass ich die verspätete Rückmeldung bedaure. Die Anliegen der Mieterinnen und Mieter nehme ich sehr ernst – gerade auch angesichts der Situation in unserer Region.
Mit freundlichen Grüßen,
Andreas Jung“
Im Attachement ist ein PDF beigefügt, „2017_09_01_Antworten Wahlprüfstein Mieterbund Konstanz“. Bisher hatte ich nicht die Zeit, diese Antworten zu lesen. Ich gehe aber, vorurteilsbehaftet, wie ich bereits warnte, davon aus, daß es sich um Plattheiten und Allgemeinplätze handelt, die Jungs „Ernstnehmen“ als Neusprech enttarnen.
Nachdem Herbert Weber diese Antworten ebenfalls erhielt, erwarte ich, daß der Inhalt demnächst hier einzusehen ist.
@Peter Stribl
Da sind wir ja mal auf die Antwort – falls denn eine kommt – gespannt. seemoz hat den Kandidaten Jung ja schon vor Wochen gefragt, wie hoch sein Wahlkampfbudget sei. Keine Reaktion. Auch der FDP-Kandidat Richter blieb stumm. Die anderen (Volz, Pschorr und Schmeding) hatten da keine Probleme, ihre Zahlen auf den Tisch zu legen. Dass Jung nun auch glaubt, er könne die Anfrage des Mieterbunds ignorieren, zeigt seine Abgehobenheit, verbunden mit der Arroganz der Macht. Er ist sich, mit oft tatkräftiger Südkurier-Unterstützung, seiner Sache sehr sicher. Da kann man nur hoffen, dass Jung am Wahlabend zumindest ein wenig älter aussieht.
Dem Abgeordneten Jung habe ich diese Nachricht über die Kontaktmöglichkeit auf seiner Webseite zukommen lassen:
„Dem folgenden Link entnehme ich, durchaus vorurteilsbelastet, daß Ihnen ein Abzocker näher steht als Tausende Mieter/Wähler
https://archiv.seemoz.de/lokal_regional/cdu-jung-interessiert-sich-nicht-fuer-mieter/#respond
Für eine Stellungnahme wäre ich aufnahmebereit.
Peter Stribl“
Ob hierauf überhaupt eine Antwort erfolgt und wie sie lautet, darüber werde ich ggf. berichten.