Chancen für Erhalt des Streuhau-Biotops steigen
Zwei Drittel der an der Bürgerbeteiligungsumfrage teilnehmenden RadolfzellerInnen halten die dort geplante Hotelerweiterung für wenig bis gar nicht sinnvoll. Oberbürgermeister Martin Staab plant nun dem Gemeinderat einen Bürgerentscheid vorzuschlagen. Das umstrittene Projekt im Streuhau-Biotop treibt viele RadolfzellerInnen seit langem um und sorgt für heftige Diskussionen. Gut möglich also, dass der Bürgerentscheid, so er denn kommt, das touristische Vorhaben endgültig beerdigt.
Vom 24. August bis zum 12. September hat die Stadtverwaltung Radolfzell eine nicht-repräsentative Umfrage zum geplanten Feriendorf im Streuhau über die Bürgerbeteiligungs-WebApp durchgeführt, um ein breites Stimmungsbild aus der Bevölkerung zu erhalten. 880 der wahlberechtigten Bürgerinnen und Bürger hatten sich daran beteiligt. Das Stimmungsbild spricht für sich: Über 45 Prozent lehnen das Projekt ab, weitere 21 Prozent sehen es zumindest sehr kritisch. Ob OB und Gemeinderat damit gerechnet haben? Oberbürgermeister Martin Staab jedenfalls, der bislang weitgehend kompromisslos hinter der touristischen Erschließung des Streuhau stand, reagiert, indem er beim jüngsten Bürgerinformationsabend angekündigte, dem Gemeinderat einen Bürgerentscheid vorzuschlagen. Ein taktischer Schritt mitten im OB-Wahlkampf, weil sich sein Gegenkandidat Simon Gröger bereits gegen die Bebauung ausgesprochen hat?
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KritikerInnen der ersten Stunde – wozu auch die Naturschutzverbände BUND und NABU gehören –dürfte dieses Votum der Bürgerschaft und auch der wahrscheinlich werdende Bürgerentscheid freuen, standen sie mit ihren Bedenken doch lange auf weiter Flur: Noch bis vor wenigen Wochen sah es so aus, als wäre das seit Jahren geplante Hotelprojekt inmitten des Naturschutz- und Hochwasserschutz-Gebietes so gut wie beschlossene Sache.
Auch bei der von der Radolfzellerin Martina Poll initiierten Petition „Hände weg vom Streuhau“ gibt es positive Nachrichten. Das notwendige Quorum von 580 Stimmen ist längst erreicht. Laut Online-Plattform Openpetition haben sich aktuell über 2.600 Personen, davon über 1.400 RadolfzellerInnen, an der Abstimmung beteiligt. Noch bis Ende September werden weiter Unterschriften gesammelt.
Zum geplanten Bürgerentscheid
Der Gemeinderat kann die Durchführung eines Bürgerentscheids mit einer Zweidrittel-Mehrheit der Stimmen aller Mitglieder beschließen. Die nächste Möglichkeit für einen solchen Beschluss ist – laut Mitteilung der Stadtverwaltung – die Sitzung am 9. November 2021. Die Fragestellung soll einfach und unmissverständlich ein: „Soll ein Teil des Gebietes Streuhau für eine touristische Nutzung bebaut werden? Ja/ Nein.“ Auch mit der Petition der Hotelprojekt-GegnerInnen wird sich dann der Gemeinderat voraussichtlich befassen müssen – unter wessen Vorsitz entscheiden zuvor die RadolfzellerInnen am 17. Oktober.
Text & Foto: Uta Preimesser
PS: Die Unterzeichnung der Petition ist weiterhin möglich unter: openpetition.de/!streuhau
Kleine Korrektur: Die Petition wurde inzwischen verlängert bis 01.11.2021 . Über 1500 Radolfzeller haben die Petition bereits unterzeichnet. Die angedachte Fragestellung für einen möglichen Bürgerentscheid ist schon vom Ansatz her missverständlich: Es geht nicht um „einen Teil“ des „Streuhaus“, denn die Bebauung mit 40 Chalets (mit je 8 Betten) würde selbstverständlich das gesamte Gebiet und vermutlich auch das benachbarte Naturschutzgebiet „Aachried“ in Mitleidenschaft ziehenden. Einerseits durch eine exzessive Bautätigkeit mit LKW-An- und Abfuhr, andererseits aber auch durch die nachfolgende Nutzung mit entsprechenden Freizeitaktivitäten der Gäste sowie dem damit einhergehenden störenden PKW-Verkehr.