CiBi, Zoll und Corona – Alltag 2020

In der derzeitigen schwierigen Situation gibt seemoz ausgewählten Unternehmen, Institutionen und Soloselbständigen, die sich von sozialen und ökologischen Grundsätzen leiten lassen, die Gelegenheit, sich, ihre aktuelle Situation und besondere Angebote darzustellen. Den Anfang macht heute die Stahringer Streuobstmosterei.

Für 2020 hatte die Streuobstmosterei viel vor. Grüne Woche in Berlin: Die Hauptstadt sollte mit BIRNOH, Verjus und Cidre vom Bodensee versorgt werden. Nächster großer Plan: Nachdem in den letzten Jahren die großen Bierkonzerne wie Heineken und Carlsberg mit Cider auf den Markt drängten, hatten die Stahringer mit CiBi das Getränk für eine regionale Gegenoffensive entwickelt – immerhin stammen 95% ihrer Zutaten aus der Region Bodensee. Eine schöne Geschichte, doch dann kam das Virus.

Die Streuobstmosterei war sich mit der Biobrauerei Hald in Dunstelkingen einig: Cider & Bier wird die Grundlage einer neuen Getränkespezialität aus den beiden Bio-Musterregionen Bodensee und Heidenheim plus. Das Unternehmen entwickelte in Anlehnung an die in der Region bekannten Brisantis selbst das Design, der Name CiBi (für Cider und Bier) wurde für gut befunden und flugs als Marke angemeldet.

Gleichzeitig liefen die ersten Füllversuche in Dunstelkingen. Mal trübte die Mischung ein oder die Füllanlage kam mit der Dosierung der Kohlensäure nicht zurecht – alles sah nach den üblichen Herausforderungen bei der Entwicklung eines neuen Produkts aus. Aber der Zeitplan war klar: Die Premiere für den Bio-CiBi sollte zeitgleich auf den großen internationalen Messen Intergastra in Stuttgart und Biofach in Nürnberg im Februar erfolgen.

Stand Anfang Februar: Etiketten gedruckt, Getränk abgefüllt, Zoll informiert. Dann die Mitteilung vom Zoll, kurz vor Messebeginn, dass das neue Produkt als branntweinhaltiges „Zwischenerzeugnis“ eingestuft sei und statt des normalen Steuersatzes für Bier nun ungefähr der zwölffache Steuersatz fällig werde. 102 statt 8 Euro Steuer pro 100 Liter. Damit wäre das Projekt gestorben.

Die Bearbeitung des umgehend eingelegen Widerspruchs hat etwas gedauert, und so lange war der CiBi im Zolllager festgesetzt. Als der Zoll schließlich festgestellt hat, dass für das Getränk gar kein Branntwein verwendet wird, waren die Messen vorbei, alle Gaststätten geschlossen und Feste abgesagt. „Nun können wir das neue Getränk erstmal selbst trinken. Das ist ein wenig anstrengend – so ganz allein,“ ist Günther Schäfers trauriges Fazit.

Die Mosterei ist jetzt jeden Samstag von 10 bis 13 Uhr geöffnet. Aufgrund des Distanzgebotes wird die Kundschaft im Freien vor der Mosterei bedient, und alle, die vorbeischauen, erhalten eine Flasche CiBi geschenkt. Er zischt und sprudelt und ist lecker. „Prosten wir uns über 2 Meter Abstand mit CiBi zu: Bleibt gesund!“

Übrigens: CiBi ist nicht nur die Abkürzung für die Mischung aus Cider und Bier, sondern so heißt auch der Kampftanz und -gesang der Rugbymannschaft von Fidschi. Im Internet gibt es Videos als Inspiration für ein Indoor-Workout: „Ai tei vovo“ [Bereite dich vor].

CiBi und alle anderen Getränke liefert die Streuobstmosterei auch direkt vors Haus.

Günther Schäfer/red (Bild: O. Pugliese)


www.streuobstmosterei.de