Das Asisi-Projekt und seine Schattenseiten
„Die Verwaltung wirft eigene Prinzipien über Bord“, findet unser Autor und zitiert das stadteigene Handlungsprogramm Wirtschaft. Und als Konstanzer Unternehmer weiß er, wovon er spricht:
Völlig unabhängig davon, wie sinnvoll überhaupt das Asisi-Panorama für die Konstanzer Bevölkerung ist, wurde ein Aspekt in der Diskussion im Gemeinderat nicht berücksichtigt: Die massive Unterstützung der Verwaltung für dieses Projekt, erscheint völlig konträr zu den bisherigen von der Verwaltung aufgestellten Leitlinien zum Handlungsprogramm Wirtschaft:
1. Im Handlungsprogramm Wirtschaft heißt es: „Die Strategie muss also sein, als Wirtschaftsstandort intelligent und ressourcenschonend zu wachsen“.
Das Asisi-Panorama wäre das Gegenteil davon, denn mit nur wenigen (Saison?) Mitarbeitern würde ein extrem hoher Bruttogeschossflächenverbauch einhergehen.
2. Weiter heißt es dort: „Entwicklung eines nachhaltigen Wirtschaftsstandortes … Nachhaltigkeit ist die übergeordnete Zielvorgabe.“
Ein auf nur 15 Jahre temporär ausgelegtes Gebäude/Monument, welches anschließend abgerissen werden soll, da es für andere Unternehmen bei dieser Bauweise schwer verwendbar ist oder die weitere Nutzung nicht schon jetzt geklärt ist, entspricht wohl nicht der Definition von Nachhaltigkeit.
3. Es erscheint nicht plausibel, wenn es tatsächlich eine Liste mit zahlreichen Unternehmen gibt, die dringend Büro- oder Produktionsräume benötigen, man jetzt aber eine plötzlich gefundene Fläche nicht diesen auf der Liste stehenden Unternehmen zur Verfügung stellen will, sondern stattdessen ein solches Panorama errichten will. Der Standort wäre durchaus auch für normale Nutzungen denkbar. Eine Höhe von 40 m entspricht 10-11 Stockwerken, so dass durchaus Raum für mehrere hundert Mitarbeiter hätte geschaffen werden können. Die Behauptung, dass diese Fläche kaum für etwas anderes nutzbar wäre, erscheint nicht nachvollziehbar, wenn schon derzeit direkt gegenüber Gewerberäume auf ähnlicher Fläche neben der Straße existieren.
4. Ein weiteres Zitat aus dem Handlungsprogramm: „Ausweisung neuer Gewerbeflächen und vorrangige Vergabe an innovative, wachsende Unternehmen mit einer hohen Flächeneffizienz unter Vorgabe einer möglichst intensiven und nachhaltigen Nutzung (hohe Dichte und Beschäftigung, wenig Emissionen)“
Ein solches Panorama ist weder innovativ, wachsend, noch hat es eine hohe Flächeneffizienz, ebenso wenig eine hohe Beschäftigungsdichte. Einzig der Punkt „wenig Emissionen“ ist erfüllt, dies aber auch nur dann, wenn man nicht die Emissionen der Kunden und damit verbundenen zusätzlichen Autos, die angezogen werden, miteinbezieht. Zu einer gesamtstädtischen Betrachtung gehören diese Belastungen aber zweifelsohne dazu.
5. Gewerbesteuereinnahmen: Das ganze Handlungsprogramm Wirtschaft wird doch letztendlich aufgelegt, um mehr Gewerbesteuereinnahmen zu erzielen. Es ist aber unwahrscheinlich, dass das Panorama-Projekt überhaupt Gewerbesteuer in nennenswertem Umfang (für Konstanz) generiert. Die ersten Jahre werden bedingt durch die Baukostenabschreibungen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit keine Gewerbesteuereinnahmen erzielt werden können, danach werden wohl Rücklagen für den Abriss gebildet werden müssen, so dass auch dann Gewerbesteuerzahlungen unwahrscheinlich erscheinen. Im Gegenteil besteht sogar die Gefahr, dass die Stadt die Abbaukosten übernehmen muss. Im Gegensatz zu z.B. Bürogebäuden für innovative Unternehmen, ist das Panoramagebäude sehr speziell und kaum für andere Zwecke nutzbar.
Mir erschließt sich nicht, wieso die Verwaltung die eigenen Leitlinien über Bord wirft und in einem der seltenen Fälle, in der sie über die Vergabe eines Grundstückes selbst bestimmen kann, gegen ihre aufgestellten Grundsätze handelt. Mir stellt sich auch die Frage, wie all die Mühe und der betriebene Aufwand für das Handlungsprogramm Wirtschaft zu rechtfertigen sind, wenn im Einzelfall doch nach völlig anderen Kriterien und Ausnahmen entschieden wird.
Peter Magulski
@ Angelika Bernecker
„Unterstützt wird er durch die Mehrheit der Fraktionen in sämtlichen Farben …“. Nicht ganz – Holger Reile und ich haben geschlossen gegen den Beschlussantrag der Verwaltung und die Gemeinderatsmehrheit gestimmt. Darin sind wir nicht ungeübt 😉
Das Asisi-Projekt wäre eine Neuheit für Konstanz. Und neue Ideen haben es schwer in Konstanz. Kaum bekannt, melden sich sofort Gegner, die sich vehement dagegen wenden. Das war so bei der Fähre nach Meersburg, auch bei der Gründung der Uni und natürlich erst recht bei der Imperia. Jetzt also Asisi. Das liebe ich an Konstanz: Das Beharrliche.
Wie im Großen, so im Kleinen – das Trump-Syndrom ist weit verbreitet …
Was bringt dieses Asisi-Projekt der Stadt?
Die ursprüngliche Version war, dass es die Stadt nichts kostet. Jetzt muss sie, neben (unbeträchtlichen) Zuschüssen dafür ein Grundstück kaufen, 445 000 Euro, nicht der Rede wert, ein Durchlaufposten, laut Herrn Welsch. Auch interessant. Pachtzahlungen für 15 Jahre im Voraus wurden versprochen, und schon stimmt der Stadtrat zu. Am Ende geht es ums Geld und um Denkmäler, verpackt in eine entsprechende Marketingkampagne. Von der Notwändigkeit eines „Kontrapunktes zu den gewaltigen Brückenbauwerken“ erfährt man mit Erstaunen.
Die Schänzlebrücke ist kein Ort zum Verweilen. Wie kann man so ein Vorhaben an einem solchen Standort verwirklichen wollen? Sollen die Autofahrer dieses Bild im vorbeifahren betrachten?
Hat die Stadt keine dringlicheren Probleme, als Touristen anzulocken, für die sie keinen Platz hat? Mir scheint doch. Anstatt sich Denkmäler zusetzen, sollten die „Volksvertreter“ sich um die Wohnsituation kümmern und an anderer Stelle in die Höhe bauen.
Nach wie vor maßt sich der Gemeinderat an, im Sinne des Gemeinwohls und der Mehrheit die unsinnigsten Entscheidungen zu treffen. Auch zu diesem Projekt lese ich lese ich keinen einzigen befürwortenden Kommentar, wenn auch aus unterschiedlichen Gründen. In Gesprächen zum diesem Thema überwiegt die Ablehnung. Was sagt das über den Durchschnitt? Das Hofblatt der SV suggeriert brav die weitere Versiegelung einer Fläche durch diese Touristenattraktion als „Erlebnis“ für die Konstanzer.
Ist das unsere Zukunft?:
„Aufgrund der unübersichtlichen Massen an Touristen, Kofferraumkunden, Studierenden und weiteren Neubürgern, bleibt der Stadtkern heute für Konstanzer erneut geschlossen. Wir bitten diese bei einem Anfall von Heimweh die Ausstellung in der „Konservendose“ (KD) im Stadtviertel Schänzle Nord zu besuchen, der Eintritt für Einheimische ist heute ermäßigt. Gehen Sie zu Fuß und setzen Sie Ihre Atemschutzmasken auf, wie immer sind sämtliche Zugangsstraßen verstopft, die Feinstaubwerte erhöht.““
Wie Frau Schäfer bin auch ich der Meinung, dass unsere Stadt vom gegenwärtigen Chaos direkt in den Kollaps getrieben wird. Es fehlt seit langem an notwendiger Weitsicht und Klugheit der Verantwortlichen aus SV und Rat, es fehlt ein sinnvolles nachhaltiges Gesamtkonzept, welches unserer Stadt und uns Bürgern in Zeiten des Klimawandels gerecht wird. Wir bleiben auf der Strecke, Kernaufgaben werden vernachlässigt, während unverantwortlich dumm und wirklichkeitsfremd alles getan wird, um unsere Stadt in sämtlichen Bereichen auf Kosten unserer Lebensqualität rein wirtschaftlich zu vermarkten. Das Ziel des „Trump“ von Konstanz, Herr über das „beste Konstanz, das es je gab“: grenzenloses rasantes Wachstum. Unterstützt wird er durch die Mehrheit der Fraktionen in sämtlichen Farben, die wie dieser längst den Kontakt zur Realität verloren haben und dadurch nicht nur unsere Gegenwart sondern die Zukunft der nächsten Generationen zerstören. Denn bei all den Programmen, Konzepten, Gestaltungsplänen, bei all den Projekten vergessen sie eines: der Klimawandel ist kein Märchen, er ist eine unumstößliche Tatsache.
Obwohl wir aufgrund des Geschenks einer einzigartigen Lage in Natur, an Rhein und See/Trinkwasserspeicher, alle Chancen hätten, durch sinnvolles Gestalten und Wirtschaften gemeinsam eine intakte Umwelt und dadurch ein lebenswertes Leben zu bewahren, wird gedankenlos und unwiederbringlich kaputt gemacht: sie verkaufen, verramschen, verbauen und versauen unsere Zukunft.
Hat der Autor schon mal ein Assisi-Panorama besucht und wissen die Kommentatoren über den positiven nachgewiesenen Effekt für Tourismus Bescheid. Fahren Sie nach Dresden oder Leipzig und informieren Sie sich mal.
Sinnvoll ist so ein 360 Grad Foto doch nur, wenn das Gebäude dafür schon vorhanden, leerstehend und brachliegend ist – wie z.B. in Leipzig.
Was in einer so tollen Stadt wie Konstanz eher fehlt, ist ein Zoo wie in Zürich oder Stuttgart – perfekt geeignet wäre dafür doch das Mainauwaldgelände, den Kletterwald und die vorhandene Gastronomie könnte man ja schön integrieren, und eine Busanbindung gibt es ja auch schon. Aber an solch ein Projekt wagt sich ja keiner in Konstanz, dann lieber eine Blechbüchse in die Landschaft stellen, da kann der BUND kaum meckern.
Irgendwann wird es in dieser Stadt voller Touristenattraktionen so voll und unerträglich werden, dass immer weniger Menschen sich das noch antun wollen. Hoffen wir dass es schnell geht mit dem Kollaps, ein Assisi in der Dose kann da nur hilfreich sein! Und wen interessiert eigentlich Assisi am Bodensee? Absurd.
Sehr treffender Kommentar, Herr Krause!
Hinzu kommt noch, dass die Stadtspitze der Öffentlichkeit, nun ja, ein falsches Versprechen gegeben hat. Sie hatte immer erklärt, der Stadt Konstanz würden durch das Projekt keine Kosten entstehen, da der „private Investor Wolfgang Scheidtweiler alles aus eigener Tasche zahlen wolle“ (so Baubürgermeister Langensteiner-Schönborn zum Beispiel am 16. 08. 2016 im Südkurier). Aber: eine Projektstudie, die im November 2017 im Beirat für Architektur und Stadtgestaltung der Stadt Konstanz von Frau Hutton und Herrn Sauerbruch vorgestellt wurde, kostete schon mal 5950 €. So die Auskunft auf eine Anfrage der LLK. Weitere Kosten, so beteuerte man dann auf der Gemeinderatssitzung, würden nicht entstehen.
Nun kauft die Stadt das Baugrundstück vom Bund für 445.500 € (zzgl. der üblichen Erwerbsnebenkosten), das „im Wege eines Erbbaurechts an eine noch zu gründende Gesellschaft, an der neben der Parkhotel Halm GmbH und der Ruppaner-Brauerei Gebrüder Ruppaner OHG u. a. auch die Pforzheim GmbH & Co. KG (Eigentümerin und Betreiberin des 360°-Gasometer Pforzheim, Asisi-Panorama)“ vergeben werden soll.
Und auch diese Kosten,wie hoch auch immer sie am Ende ausfallen mögen, werden meines Erachtens nicht das Ende der Fahnenstange sein.
Die Stadt wird jeden Tag von einer sehr großen Zahl an (Einkaufs)Touristen besucht, die viel Geld in den Kassen der Gastronomie, des Gastgewerbes und des Einzelhandels bzw. der großen Einzelhandelsketten zurücklassen. Ich kann nicht erkennen, dass für das Wohlergehen der Stadt eine Steigerung der Tourristenzahlen erforderlich ist, im Gegenteil. Die Situation in der (Innen)Stadt ist an vielen Tagen bereits durch einen große Enge gekennzeichnet, die Verkehrssituation ist mehr als angespannt und der Anstieg der Gewerbemieten führt zu einer spürbaren Veränderung bzw. Verdrängung des bisherigen Gewerbes und anderer Angebote – denken wir nur an das Scala-Kino und die Ausbreitung großer Einzelhandelsketten. Auch ist zu fragen, ob die bisher entstandenen Arbeitsplätze die ökonomische Situation der Bürger und der Stadt nachhaltig verbessern. Die Stadt sollte sich darum bemühen, verstärkt Arbeitsplätz aus dem Bereich der Industrie und des Dienstleistungssektors außerhalb des Gastgewerbes nach Konstanz zu holen. Damit könnte eine bessere Durchmischung der Einkommensstruktur der Stadt erreicht werden, die auch dann noch trägt, wenn die Zahl der Einkaufstouristen zurückgeht, wenn der Schweizer Franken irgendwann wieder fallen wird.
Der geplante Bau eines Turmes mit einem „Rund-Bild“ trägt nichts zu einer Ausdifferenzierung der ökonomischen Struktur der Stadt bei.
Die architektonische Gestallt und die Wirkung dieses Bauwerks auf das Stadtbild erscheint mir zudem zweifelhaft.
Ich möchte diesen Turm nicht.
Nachdem ich den Podcast der „Beratung“ im Gemeinderat über diesen Interimsbau (Konservendose ist gut. Die kann jedoch schneller recycelt werden!!) gesehen habe: unsägliche Borniertheit, Halbwissen, Redundanz.
Wenige Gemeinderäte äußern sich qualifiziert oder bemühen sich die Bürger und Bürgerinnen miteinzubeziehen und wollen sich besser ins Bild setzen.
Die Verwaltungsspitze zieht die Abstimmung durch und betätigt sich quasi als „Blechbüchsenarmee“.
Unsere Stadt verträgt die Ignoranz sogg. Verantwortlichen nicht: Noch mehr Verkehr und noch mehr Billigtourismus!
Fastfood-Kultur läuft übrigens nur auf eins hinaus: Diarhöö!
Und wieder wird der Platz für ne echte Konzerthalle, die die Stadt dringend braucht, zugebaut.
wer in Konstanz bauen möchte, muß sein Bauvorhaben üblicherweise
dem Gestaltungsausschuss präsentieren, der dann darüber befindet,
ob der geplante Bau ins Konstanzer Bild passt. Ob dies für einen vierzig Meter hohen Blechtopf zutrifft, wage ich zu bezweifeln. Allerdings paßt es zum Zeitgeist der Fastfood-Kultur, die Stadt lieber in einer
Konservendose zu präsentieren, als dem Besucher einen Spaziergang
durch die Niederburg zuzumuten, wo er das alte Konstanz live und
kostenlos erleben könnte.