Das blutige Geschäft in der Max-Stromeyer-Straße

Am Panzergeschäft mit Saudi-Arabien, derzeit in der Republik heftig umstritten, verdienen auch Unternehmen aus der Bodensee-Region: Tognum aus Friedrichshafen, gerade von EADS an Daimler transferiert, liefert die Motoren für die Leopard-Panzer, ATM aus Konstanz die Computer. Doch was in den Chefetagen als Geschäft des Jahres gefeiert wird, bleibt der Öffentlichkeit gegenüber ein Staatsgeheimnis: Eine mühsame Recherche im Rüstungsgeschäft am Bodensee.

Während die Tognum-Pressestelle in Friedrichshafen beteuert, es sei noch gar kein Auftrag für die Panzer-Motoren nach Saudi-Arabien eingegangen, gleichzeitig jedoch darauf verweist, der Rüstungsanteil der Tognum-Produktion sei ohnehin von dereinst 50 Prozent auf derzeit 15 Prozent geschrumpft, schließlich aber dennoch kleinlaut zugibt, dass der Leopard-Panzer „natürlich mit Motoren aus unserem Haus“ betrieben werde, gibt man sich bei ATM in der Konstanzer Max-Stromeyer-Straße seltsam zugeknöpft.

ATM ComputerSysteme GmbH ist seit wenigen Jahren ein Unternehmen der Krauss-Maffei Wegmann Gruppe (KMW). Dieser Konzern baut den Leopardpanzer, das nach Stückzahl erfolgreichste Rüstungsprodukt Deutschlands, das in fast allen NATO-Armeen und darüber hinaus weltweit eingesetzt wird. ATM ist spezialisiert auf die Computer-Technik für solche Panzer – nur logisch, dass sich KMW dieses Konstanzer Unternehmen vor fünf Jahren einverleibte.

Eigentlich produzieren die ATM-Experten nur die Schutzhülle für die hardware: Dadurch werden die Computer, die sonst auch in Büros oder zuhause verwendet werden, stoß- und schüttelfest, auch wasserdicht. Das Konstanzer Unternehmen, das auch Panzerhaubitzen, Raktenwerfer und Kriegsschiffe ausrüstet, verweigert sämtliche Angaben – auch über Umsatz und Gewinn zum Beispiel, selbst die Mitarbeiterzahl bleibt geheim.

Aus Konstanz kommt der Bordcomputer Centurion für den Leopard 2, der in einer speziellen, für den Straßenkampf ausgerüsteten Version nach Saudi-Arabien geliefert werden soll. Doch anders als

Der Deal mit den Saudis

Bundeskanzlerin Merkel und Außenminister Westerwelle inszenieren sich gerne als Unterstützer der arabischen Demokratiebewegung. Doch hinter den Kulissen hätscheln sie die Diktatoren: Letzte Woche erlaubte der Bundessicherheitsrat die Lieferung von 200 deutschen Leopard-Kampfpanzern an das saudische Regime. Dem Gremium gehören auch Merkel und Westerwelle an. Das despotische Königshaus unterdrückt brutal die eigene Bevölkerung und half erst vor wenigen Wochen, mit Panzern die Demokratiebewegung in Bahrain blutig niederzuschlagen. Laut Hersteller sind die Leopard-Panzer auch noch optimiert auf „asymmetrische Kriegsführung und die Bekämpfung von Einzelpersonen“. Schon nächstes Jahr könnten also Panzer „made in Germany“ in den Straßen Riads gegen Demonstranten eingesetzt werden. Im Internet beschreibt das Auswärtige Amt die Lage in Saudi-Arabien so: „Todes- und Körperstrafen werden verhängt und vollstreckt. Die Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit sind stark eingeschränkt. Parteien sind verboten. Politische Aktivisten und Menschenrechtler werden drangsaliert, inhaftiert oder gehen ins Ausland.“ Trotzdem will Westerwelle Leopard-2-Panzer des Typs „2A7+“ aus der Münchener Rüstungsschmiede Krauss-Maffei Wegmann nach Saudi-Arabien liefern lassen – ausgerüstet mit Motoren aus Friedrichshafen und Computern aus Konstanz.

auf ihrer homepage atm-computer-de, wo Militärs unverblümt mit Detail-Informationen umworben werden, bleibt das Unternehmen bei persönlicher Nachfrage schmallippig.

Eine Pressestelle gibt es bei dem Unternehmen nicht (?), ATM-Geschäftsführer Friedhelm Lachenmaier war nicht zu sprechen, sein Stellvertreter Sczesney, gerade von einer Asien-Geschäftsreise (!) zurück, war nur zu der Aussage zu bewegen: „Derartige Informationen tragen wir nicht in die Öffentlichkeit“. Nach mindestens zehn Gesprächen mit anderen ATM-Mitarbeitern wurde immerhin deutlich: ATM ist mit im Boot des Saudi-Deals, man hofft in der Max-Stromeyer-Straße auf ein fettes Geschäft. Ein blutiges Geschäft.

Autor: hpk