Das „Fahrradparadies“ auf dem Prüfstand
Bis einschließlich morgen können KonstanzerInnen im Internet ihre Meinung zu den geplanten Fahrradanlehnbügelstandorten im Paradies kundtun und darauf Einfluss zu nehmen versuchen. Aber es geht noch mehr: Die Stadtverwaltung bezeichnete Konstanz vor ein paar Tagen als „Fahrradparadies“. Ob die RadlerInnen das auch so, sehen, wird sich weisen, denn derzeit können sie beim ADFC-Fahrradklima-Test 2022 ihre Meinung über die Fahrradtauglichkeit ihrer Kommune kundtun.
Die Stadtverwaltung liebt es vollmundig, und so lädt sie denn mit den markigen Worten „Fahrradparadies Konstanz: Jetzt beim ADFC-Fahrradklima-Test 2022 abstimmen!“ zur Teilnahme am größten bundesweiten Fahrradwettbewerb ein, der in der Regel alle zwei Jahre stattfindet. Dabei erhebt sie sich schnell mal von der hundsgewöhnlichen Radstadt zum Fahrradparadies, und das sicher nicht mit Recht, denn zu viel wäre noch zu tun, um das Paradies auf Erden zu verwirklichen: Man denke nur an die holprige Spindel am Bärengraben, auf der mensch die Künste eines geübten Rodeo-Reiters entfalten muss, um mit dem Rad nicht auf der Nase zu landen, oder daran, dass es in den Wohnquartieren noch immer an wetter- und diebstahlgeschützen Abstellmöglichkeiten für die geliebten Drahtesel fehlt (mehr dazu weiter unten).
Paradiesisches Feedback
Bei den letzten Fahrradklima-Abstimmungen, an denen sich jeweils mehrere hunderttausend BundesbürgerInnen beteiligten, schnitt Konstanz jeweils ausgezeichnet ab. Im Jahr 2020 etwa nahmen 453 KonstanzerInnen am Test teil und gaben der Stadt eine Durchschnittsnote von 3,2. Damit landete das heutige Fahrradparadies auf dem dritten Rang der insgesamt 110 bewerteten Kommunen der Größenklasse 50.000-100.000 BewohnerInnen.
[the_ad id=“87862″]Gelobt wurden damals eher „weiche“ Kriterien wie das altersübergreifende Radfahren von Alt und Jung, die gute Erreichbarkeit des Stadtzentrums und die Öffnung von Einbahnstraßen in Gegenrichtung für RadlerInnen. Gerade in der Kategorie öffentliche Fahrräder lag Konstanz weit über dem Schnitt vergleichbarer Kommunen, und auch der Winterdienst erhielt eine überdurchschnittliche Note. Schlechte Bewertungen hingegen gab es in Konstanz für zu schmale Radwege, mangelnde Fahrradmitnahme im öffentlichen Verkehr, die schlechte Führung an Baustellen sowie die Häufigkeit der Fahrraddiebstähle. Alles sattsam bekannte Probleme also, die allerdings auch in anderen Kommunen weitgehend ungelöst sind.
Der Test 2022, der zehnte seiner Art, läuft noch bis zum 30. November. Während der veranstaltende ADFC diese Initiative als „eine der größten Befragungen zum Radfahrklima weltweit“ bewirbt, nennt ihn die sichtlich enthusiastische Konstanzer Stadtverwaltung gar „die größte Befragung zum Radfahrklima weltweit“. Wie groß oder klein auch immer, die Ergebnisse werden jedenfalls im Frühjahr 2023 vorgestellt.
Die Teilnahme ist anonym per Internet möglich und soll den Verantwortlichen wichtige Hinweise geben, was sich in ihrer Stadt verbessern lässt und wie die bisherigen Maßnahmen beim radelnden Volk ankommen. Angesichts der relativ hohen TeilnehmerInnenzahlen dürften die Ergebnisse zumindest in den größeren Kommunen Stimmungstrends durchaus verlässlich widerspiegeln.
Die Fragen lassen sich in etwa 10 Minuten beantworten, machen Sie dabei aus Ihrem Herzen bloß keine Mördergrube! Hier können Sie am Test teilnehmen.
Bürgerbeteiligung im Paradies
Die Planung für 200 Fahrradabstellbügel für 400 Fahrräder im Paradies ist abgeschlossen und steht seit einiger Zeit im Internet. Noch bis einschließlich morgen können KonstanzerInnen die Tauglichkeit der vorgesehenen 18 Standorte bewerten.
Die Stadt schreibt dazu: „Die neuen Radabstellanlagen dienen sowohl zur Erhöhung des Komforts der RadfahrerInnen, als auch zum hindernisfreien Zu-Fuß-Gehen. Aus diesem Grund sind die Standorte so geplant, dass zur Gewährleistung der Barrierefreiheit eine Gehwegbreite von 2,0 m gewährleistet und Fußverkehrs-Querungsstellen mit einem abgesenkten Bordstein freigehalten werden. Die Radabstellanlagen sind möglichst nah an den Stellen geplant, wo der höchste Bedarf ermittelt wurde. Kfz-Stellplätze sind vom Projekt nicht betroffen. Die Planungen sind mit den Rettungsdiensten und Entsorgungsbetrieben abgestimmt.“
Wer will, kann auf einer Karte einzelne Standorte anklicken und ein Foto des geplanten Standortes aufrufen (dazu dient der Button „Anzeigen“). Außerdem lassen sich die einzelnen Standorte bewerten und gegebenenfalls auch kommentieren. Mit Fragen wenden Sie sich bitte an Frau Polina Vorobyeva: polina.vorobyeva@konstanz.de, 07531 900-2759.
Hier finden Sie die Übersichtkarte mit Kommentarfunktion.
Text: MM/red., Bild: O. Pugliese
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