Das Konstanzer Verkehrswendebündnis legt los

Verkehrswende, ja klar, sollen die mal machen, aber hurtig. Doch ganz so einfach ist es nicht: Was heißt das eigentlich, und wie soll der Verkehr der Zukunft in Konstanz konkret aussehen? Was muss geschehen, damit Menschen aufs Auto verzichten? Wie kann der ÖPNV attraktiver werden? Ant­worten auf solche Fragen will ein partei­über­greifendes Bündnis erarbeiten, das sich natürlich auch als wachsames Auge versteht, das der Verwaltung nicht nur Anregungen gibt, sondern auch auf die Finger (sc)haut.

Nach längerer Planung und vorbereitenden Treffen der Gründungsmitglieder fand am 1. Oktober im „Costa del Sol“ die Gründungsversammlung des Verkehrswendebündnisses statt. Bei dieser bestens besuchten Versammlung wurde die Gründungserklärung mit einer sehr großen Mehrheit der Abstimmenden angenommen. Damit ist die Richtung klar, in der dieses Bündnis wirksam zu werden gedenkt.

Es gilt natürlich, dicke Bretter zu bohren und einige grundsätzliche Fragen zu beantworten: Wie können konkrete Konsequenzen aus den bei den Klima-Demos vorgetragenen Forderungen gezogen werden? Nicht nur „die Konzerne baggern in der Ferne“ das Klima kaputt, sondern vor praktisch jeder Haustür stehen CO2-Schleudern. Das Paradies und Petershausen sind zugeparkt, in der Bodanstraße herrscht täglich der Verkehrskollaps, und bei der Bahn stehen für 2020 vielmonatige Sperrungen an.

Das Verkehrswendebündnis Konstanz hingegen will die Trendwende, und das heißt: Bis 2025 ein Fünftel weniger Autoverkehr in Konstanz durch einen Qualitätssprung beim Ausbau der Infrastruktur für Fahrradverkehr, Fußgänger und ÖPNV. Das heißt natürlich auch: Schluss mit der Bevorzugung vor allem des PKW-Verkehrs in Konstanz. Zusätzlich soll durch Restriktionen und Gebühren für alle spürbar werden, dass der PKW – auch angesichts von Flächenverbrauch und Klimanotstand – die unpraktischere und teurere Alternative der Mobilität ist.

Vier Gemeinderatsfraktionen und eine Reihe von Verbänden haben sich schon im März grundsätzlich zu diesem Ziel bekannt – nun geht es um die Herkulesaufgabe, aus dem Bekenntnis praktische Konsequenzen zu ziehen. Natürlich sind auch alle engagierten BürgerInnen herzlich eingeladen, an der Formulierung von Forderungen und konkreten Maßnahmen mitzuwirken.

Es haben sich zunächst zwei Arbeitsgruppen gegründet, die detaillierte Konzepte und Forderungen erarbeiten: AG ÖPNV und Bahn sowie Radverkehr und Fußgänger.

Die ersten Ergebnisse sollen Mitte November im Plenum vorgestellt werden. Termin und Ort werden noch bekanntgegeben.

Gründungserklärung

Seit 40 Jahren gibt es auch in Konstanz eine Debatte über die ökologischen Folgen des Autoverkehrs. Parallel zu dieser Diskussion und die über langfristige Alternativen ist der Autoverkehr weiter angewachsen, ersticken ganze Stadtteile sowohl im fahrenden als auch im parkenden Autoverkehr. Darüber hinaus ist die früher existierende ökologische Alternative der zweistündlichen direkten Interregio-Verbindungen von Konstanz nach Frankfurt, Hamburg und direkt nach Berlin längst abgeschafft.

Die Klimadebatte schafft den Druck zum Handeln. Das vorrangige Ziel des Konstanzer Verkehrswendebündnisses ist die Trendwende mit Fokus auf Konstanz:

Mindestens 20% weniger Autoverkehr (in gefahrenen Kilometern und bei der Zahl der angemeldeten PKWs in Konstanz) durch einen Qualitätssprung im Umweltverbund und durch Beschränkungen des Autoverkehrs! Und zwar bis 2025! [Ein Umweltverbund ist die Zusammenfassung der umweltfreundlichen Alternativen zum motorisierten Individualverkehr (MIV): Fuß- und Radverkehr sowie ÖPNV wie Bus und Bahn.]

Das Konstanzer Verkehrswendebündnis will dieses Zwischenziel erreichen:

  • Durch ein Programm der Verbesserung sprich Verdichtung, Erweiterung und Verbilligung des Busverkehrs sowie die Verbesserung der Fahrradinfrastruktur und des Fußverkehrs zu Lasten des motorisierten Verkehrs.
  • Durch ein Konzept der schrittweisen Reduzierung des Autoverkehrs. Der öffentliche Raum soll in Zukunft vorrangig für Menschen und nicht für Autos da sein.
  • Durch die Beteiligung an bundesweiten Verkehrswende-Initiativen. Wir brauchen mehr Mittel von Land und Bund für die Verbilligung und Verbesserung des ÖPNV hier, dazu veränderte Rahmenbedingungen (wie Gesetze, Verordnungen u.ä.) und vor allem eine grundlegend veränderte Bahnpolitik.
  • Durch gemeinsame Initiativen im Gemeinderat, Veranstaltungen und Aktionen in der Konstanzer Öffentlichkeit und zusammen mit Nachbargemeinden, auch grenzüberschreitend.

Die Ausrufung des Klima-Notstands ist für uns keine leere Floskel, sondern eine Verpflichtung zur Vorreiterfunktion gerade auch im Verkehr! Dafür steht dieses Bündnis.

Interessierte erreichen das Bündnis unter Verkehrswende-Konstanz@web.de.

Pit Teichmann (Verkehrswendebündnis Konstanz)/red (Foto: Symbolbild © Stadt Konstanz)