Das Mediensterben geht weiter. Zum Beispiel stattweb.de

stattWeb.de streicht die Segel. Und mit der Webzeitung aus Freiburg wird auch die „StattZeitung für Südbaden“, die Print-Ausgabe also, eingestellt. stattWeb berichtete mehr als zehn Jahre lang “über die andere Seite der Region“ und blieb ihrem linken, im Zweifel alternativen Anspruch stets treu. Und „brach damit das Berichts-Monopol der großen Ortszeitungen“. Doch der Preis war wohl zu hoch.

Wie den Freiburger Kollegen geht es derzeit vielen Medienschaffenden, allein 6000 Journalisten verloren nach Gewerkschaftsangaben 2009 in Deutschland ihren Arbeitsplatz. Zeitungen und Zeitschriften werden eingestellt; in den USA noch weitaus mehr als hierzulande. Selbst journalistische Flaggschiffe wie „Los Angeles Times“, „New York Times“ und „Washington Post“ planen ernsthaft, ihre Zeitungsausgaben zugunsten eines Internetauftritts einzusparen.

Nichts Neues auf dem Medienmarkt

Neue Produkte kommen kaum auf den Markt – mit „Cicero“ startete 2004 die einzige politische Print-Publikation in Deutschland während der letzten zehn Jahren (und die gehört dem Schweizer Ringier-Verlag). Überhaupt Schweiz: „Der Bund“, das Traditionsblatt der Hauptstadt Bern, steht nach fast 160 Jahren vor dem Aus, die „Neue Zürcher Zeitung“ hat den Abbau von 24 Stellen angekündigt und die „Basler Zeitung“ will ein Fünftel der Belegschaft reduzieren.Selbst im benachbarten Thurgau gibt es nur noch eine Zeitung (s. Seemoz v. 19.4.).

Kaum besser ist die Lage in Deutschland. Noch werden zwar Zeitungen kaum eingestampft, doch schonungsloser Arbeitsplatz-Abbau wie bei der „Frankfurter Rundschau“ oder der Süddeutschen Zeitung“ sind ebenso an der Tagesordnung wie die Zusammenlegung von Redaktionen. So wird seit Wochen schon über eine Rationalisierung, wie immer die auch aussehen mag, beim „Südkurier“ innerhalb des Holtzbrinck-Verlages spekuliert (Seemoz berichtete mehrfach).

Und das Mediensterben macht vor reinen Internetpublikationen nicht halt: Mit dem Aus für die „Netzeitung“ und „zoomer.de“ gab es zwei prominente Opfer innerhalb der letzten 12 Monate unter den überregionalen, deutschen Webzeitungen; regionale Portale wurden in Hamburg und München eingestellt. Und nun stattweb.de

Kaum mehr Zeit für Reflektion

In ihrem „Abgesang“ sprechen die stattWeb-Macher selbstkritisch auch von hausgemachten Fehlern. So scheiterte der Versuch, sich über die Region bis nach Stuttgart oder Karlsruhe auszudehnen, es gab technische und gestalterische Probleme, die stattweb nicht in den Griff bekam, und es gab organisatorische Handicaps: Zu wenige, gute Mitarbeiter und zu wenig finanzielle Unterstützung; irgendwann hat auch die Selbstausbeutung ihre Grenzen. Schwierigkeiten, von denen auch wir „Seemoz“-Leute ein trauriges Lied singen können.

Und es gab personellen Aderlass bei stattWeb: Durch Tod oder Krankheit verlor das Redaktionsteam einige seiner besten Köpfe; vor allem das Ausscheiden von Fritz Güde war auch für uns Außenstehende ein herber Verlust.

Bleibt das Mediensterben, das längst auch die Internetpublikationen erreicht hat. Die immer schnellere, manchmal oberflächliche und selten auch verantwortungslose Rundum-Info durch Blogs, Twitter und YouTube, aber auch den Print-Boulevard, läßt ehrlichen Journalisten kaum noch Zeit für reflektierende Nachbetrachtung. Oder, wie es die stattWeb-Macher in ihrer Abschiedserklärung zerknirscht formulieren: “StattWeb war in der Gegend und allmählich über Baden hinaus als Ort für Ankündigungen und für Handlungsaufforderungen sehr beliebt. Als einer der nachträglichen Berichterstattung über das Stattgefundene leider viel weniger“.

Seemoz, mittlerweile eine von mindestens drei Internetpublikationen im Bodenseeraum, sollte aus dieser Entwicklung lernen. Und unsere geneigten Leserinnen und Leser auch.

Autor: Hans-Peter Koch